Zwei Drittel der Kommunen haben weiterhin großen Unterstützungsbedarf


Die Corona-Krise offenbart die Defizite der Digitalausstattung der
Schulen. Zwar hat die Mehrheit der Schulträger bereits in Endgeräte, W-LAN
und Präsentationstechnik investiert. Hemmnisse für die Digitalisierung
sind jedoch vor allem die mangelnde Finanzausstattung und fehlendes
Fachpersonal.
Berlin. Die Corona-Krise hat die Defizite bei der Digitalisierung der
Schulen in Deutschland offengelegt, aber durchaus auch Chancen erkennen
lassen. Selbst wenn der größte Druck mit der nun vielerorts vorgenommenen
Rückkehr zum Präsenzunterricht etwas nachlassen dürfte, werden die
kommunalen Schulträger mit der Digitalisierung ihrer Schulen auch in
Zukunft gefordert sein – und zwar in finanzieller als auch in personeller
Hinsicht. Wie eine aktuelle Sonderbefragung des Deutschen Instituts für
Urbanistik im Rahmen des für KfW-Research durchgeführten KfW-
Kommunalpanels 2021 zeigt, nennen sieben von zehn Kommunen einen großen
Bedarf an Investitionen in Digitalisierungsmaßnahmen in Schulgebäuden. Nur
vier Prozent der Kommunen gehen dabei davon aus, dass dieser
Investitionsbedarf einmaliger Natur ist und in Zukunft wieder abnehmen
wird, 96 % erwarten hingegen einen dauerhaften Bedarf. Zudem stimmen 93 %
der Aussage zu, dass die Ausgaben in Zukunft sogar steigen werden.
Investitionen in die Digitalisierung bilden damit zusammen mit baulichen
Maßnahmen an den Schulgebäuden (ebenfalls 72 %) die Bereiche im
Schulsektor, in dem die Kommunen den höchsten Investitionsbedarf sehen.
Viele Digitalisierungsmaßnahmen haben Schulträger zu Beginn des neuen
Schuljahrs 2021/22 bereits initiiert oder umgesetzt: Ganz vorn liegt dabei
die Beschaffung von Endgeräten, wie z.B. Tabletts und Notebooks (78 %),
gefolgt von der Installation von W-LAN (73 %) und der Anschaffung von
Präsentationstechnik wie Beamer, White- oder Smartboards (67 %). Der
größte Handlungsbedarf besteht aktuell bei Lernplattformen und
Cloudlösungen, um den digitalen Unterricht zu erleichtern. Hier sind
bisher 46 % der Kommunen aktiv geworden, rund 38 % haben weitere Maßnahmen
geplant und rund 17 % sehen den Bedarf, haben jedoch noch nicht mit der
Planung begonnen.
Die Finanzierung digitaler Maßnahmen für Schulen wird Kommunen nicht nur
angesichts der Einnahmeausfälle aufgrund der Corona-Krise fordern: So geht
jede dritte Kommune (34 %) davon aus, dass die Prioritäten in ihrem
Haushalt zugunsten der Schuldigitalisierung verschoben werden müssen. Aus
Sicht der vom Difu befragten Kämmereien dürfte dies vor allem zulasten
anderer Infrastrukturbereiche (34 %) sowie freiwilliger Aufgaben wie
Kultur- und Sportangebote (32 %) gehen. „Angesichts dieser finanziellen
Zwickmühle verwundert es nicht, dass neun von zehn Kommunen die Ansicht
vertreten, dass Investitionen in die Schuldigitalisierung nur über
zusätzliche Fördermittel oder Zuweisungen finanziert werden können“, sagt
Christian Raffer, Projektleiter am Deutschen Institut für Urbanistik.
Neben der Finanzierung sind vor allem die begrenzten personellen
Kapazitäten ein wesentliches Hindernis für eine schnelle Digitalisierung.
Der Mangel an qualifiziertem Personal für die Verwaltung wird in der
Befragung von 74 % der Kommunen als einer der zentralen Gründe genannt,
der sich hemmend bei der Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen in den
Schulen auswirkt. Die personellen Kapazitäten sind dabei nicht nur bei der
Beschaffung, sondern auch bei der Wartung der IT-Ausstattung ein wichtiger
Aspekt für die Schulträger. In 67 % der antwortenden Kommunen wird dies
durch kommunales IT-Fachpersonal, in 57 % der Städte und Gemeinden durch
externe Dienstleister erledigt. Allerdings werden noch immer in 49 % der
Kommunen die IT-Anlagen auch durch einzelne Lehrer*innen betreut. „Hier
zeigen sich die eigentlichen Herausforderungen, die sich über Jahre hinweg
aufgebaut haben. Denn Lehrer*innen sollten eigentlich hochwertigen
Unterricht leisten und digitale Kompetenzen vermitteln anstatt sich um
technische Fragen der Hard- und Software, der Vernetzung und
leistungsstarker Internetverbindungen kümmern zu müssen“, betont Dr.
Henrik Scheller, Teamleiter Wirtschaft und Finanzen am Difu. „Eine
erfolgreiche Schuldigitalisierung erfordert entsprechende Strategien und
eine beständige Fortbildung der Lehrkräfte“, so Henrik Scheller.
Hintergrund
Als Schulträger sind die Kommunen für die bauliche Ausstattung der meisten
der rund 40.000 allgemein- und berufsbildenden Schulen in Deutschland
zuständig. Auf den Bereich Schulen entfällt laut KfW-Kommunalpanel 2021
mit 11 Mrd. EUR auch der größte Anteil der geplanten kommunalen
Investitionen. Doch diese Mittel sind noch nicht ausreichend, die bereits
vorhandene Infrastruktur zu erhalten, denn auf die Schulen entfällt mit
46,5 Mrd. EUR bzw. 31% zugleich der größte Anteil des wahrgenommenen
kommunalen Investitionsrückstands von insgesamt 149 Mrd. EUR.
Zur Datengrundlage
Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) hat im Auftrag der KfW 550
Kommunen angeschrieben, die sich zuvor an mindestens einer der beiden
letzten Hauptbefragungen für das KfW-Kommunalpanel beteiligt und darin
ihre Bereitschaft für Nachbefragungen signalisiert hatten. Zielsetzung der
Zusatzbefragung war es zu erfahren, inwieweit die Corona-Krise zu einem
Digitalisierungsschub an den Schulen beiträgt. Im Vordergrund stehen die
Digitalisierungsmaßnahmen der Kommunen und die Frage, welche
Einflussfaktoren sich als hemmend oder förderlich erweisen. An der
Umfrage, die sich an die Kämmereien richtete, haben sich im Mai 2021
insgesamt 266 Städte, Gemeinden und Landkreise beteiligt (Rücklaufquote:
48 %). Die Ergebnisse sind damit zwar nicht bundesweit repräsentativ,
vermitteln jedoch einen belastbaren Eindruck der kommunalen Wahrnehmung.
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Der Text ist selbstverständlich frei zur Weiternutzung - über ein
Belegexemplar bzw. einen Beleglink an die Difu-Pressestelle würden wir uns
sehr freuen.
Kurzinfo: Deutsches Institut für Urbanistik
Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) ist als größtes
Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum die Forschungs-,
Fortbildungs- und Informationseinrichtung für Städte, Kommunalverbände und
Planungsgemeinschaften. Ob Stadt- und Regionalentwicklung, kommunale
Wirtschaft, Städtebau, soziale Themen, Umwelt, Verkehr, Kultur, Recht,
Verwaltungsthemen oder Kommunalfinanzen: Das 1973 gegründete unabhängige
Berliner Institut - mit einem weiteren Standort in Köln (Bereich Umwelt) -
bearbeitet ein umfangreiches Themenspektrum und beschäftigt sich auf
wissenschaftlicher Ebene praxisnah mit allen Aufgaben, die Kommunen heute
und in Zukunft zu bewältigen haben. Der Verein für Kommunalwissenschaften
e.V. ist alleiniger Gesellschafter des in der Form einer gemeinnützigen
GmbH geführten Forschungsinstituts.