Gründung der ersten Internationalen Mathematischen Union vor 100 Jahren


Die Internationale Mathematische Union (IMU) gedenkt vom 27. bis 29.
September 2021 in Straßburg der Gründung ihrer ersten Form vor 100 Jahren.
Die aufgrund der Pandemie um ein Jahr verschobene Feier erinnert an die
Gründung der ersten IMU und deren spezifische Umstände.
Die IMU-Gründung in ihrer ersten Form erfolgte während des Mathematiker-
Kongresses, der vom 22. bis zum 30. September 1920 stattfand –
symbolträchtig in der nunmehr wieder französischen Hauptstadt des Elsass.
Die Gründung war nicht internationalistisch, sondern politisiert:
Wissenschaft war der Politik untergeordnet worden, denn die Siegermächte
des Ersten Weltkriegs schlossen die Wissenschaftler der besiegten Staaten
von internationaler Kooperation aus. Deutschland und Österreich durften
nicht Gründungsmitglieder werden, deutsche und österreichische
Mathematiker durften nicht an den solcherart beschränkten Internationalen
Mathematiker-Kongressen (ICMs) 1920 und 1924 teilnehmen. Die immer
stärkere Kritik an dieser Politisierung der Wissenschaft führte zur
Einladung auch deutscher und österreichischer Mathematiker zum ICM 1928 in
Bologna. Da sich das Gründungskonzept als kontraproduktiv für
wissenschaftliche Kooperation erwiesen hatte, wurde die erste IMU 1932
aufgelöst. In Auswertung dieser schmerzlichen Erfahrungen wurde 1952 unter
Ausschluss politischer Kriterien eine nunmehr wirklich Internationale
Mathematische Union neu gegründet, die IMU in ihrer heutigen Form.
Die 1952 definierten Ziele der IMU, der Dachorganisation aller
mathematischen Fachgesellschaften, gelten bis heute: internationale
Zusammenarbeit fördern, insbesondere in Entwicklungsländern, Hilfe beim
Aufbau mathematischer Infrastruktur, Vergabe von Preisen in der Mathematik
u.v.m. Die Nichtregierungsorganisation IMU ist Mitglied des International
Council for Science (ICSU) und beteiligt sich seit 1962 an der
Organisation des Internationalen Mathematiker-Kongresses (ICM). Die
Deutsche Mathematiker-Vereinigung vertritt Deutschland innerhalb der IMU.
„Wir sind uns der für Deutschland schwierigen Aspekte der IMU-Gründung
durchaus bewusst, werten die Existenz der IMU aber als Erfolg für die
Mathematik als gelebten Beitrag zur Völkerverständigung“, sagt Ilka
Agricola, Professorin für Mathematik an der Universität Marburg und
Präsidentin der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. „Diesen
Gemeinschaftsgedanken feiern wir in Straßburg, zumal Deutschland bei der
IMU in den letzten Jahren sehr intensiv und eingebettet in eine wirklich
international aufgestellte Community am Erfolg mitgewirkt hat. Diesen Weg
wollen wir gemeinsam weiter beschreiten.“
Seit Januar 2011 hat das Sekretariat der IMU seinen ständigen Sitz in
Berlin. Unter der Aufsicht des IMU-Exekutivkomitees führt das Sekretariat
die laufenden Geschäfte der IMU und leistet Unterstützung bei zahlreichen
IMU-Aktivitäten: Es übernimmt z.B. Verwaltungsarbeiten für die
International Commission on Mathematical Instruction (ICMI) und die
Commission for Developing Countries (CDC). Das IMU-Sekretariat beherbergt
auch das IMU-Archiv.
Die IMU feiert ihre erste Gründung vor 100 Jahren vom 27. bis 29.
September 2021 in Straßburg mit einem Feuerwerk mathematischer Vorträge,
gehalten von internationalen Koryphäen auf dem Gebiet der Mathematik. Die
Veranstaltung steht unter der Schirmherrschaft des Präsidenten der
Französischen Republik, Emmanuel Macron.
https://imucentennial.math.uni