Die stille Revolution in der Verwaltung


Auch wenn jeder weiß, wie wichtig sie sind: Wer hat schon Lust darauf,
sich mit Formalien zu beschäftigen? Die Digitalisierung bietet hier enorme
Chancen, den Nutzerinnen und Nutzern das Leben zu erleichtern. Wie
bürokratische Prozesse revolutioniert werden, zeigt das Beispiel der
Studierendenverwaltung der Hochschule Coburg.
Acht Semester im Bachelor Architektur, sieben bei Zukunftstechnologien
oder Versicherungswirtschaft: Für junge Menschen eine wundervolle Zeit, in
der sie Wissen sammeln, im Praktikum üben, Freunde treffen und mit dem
Abschluss dann einen Einstieg in erfolgreiche Karrieren haben. Das ist das
reale Leben der Studierenden. Gleichzeitig existiert jedes
Studierendenleben auch in der Welt der Dokumente, Daten und Fakten.
Bescheinigungen. Bescheide. Es braucht Krankenversicherungsnachweise,
Praktikumsnachweise, Zeugnisse. Urlaubsanträge, Anträge auf Anrechnung
fremder Leistungen, Noten, Prüfungen, Genehmigungen undundund. Wieviel
Papier sich in so einem Studierendenleben wohl ansammelt? Zwei, drei, vier
Ordner voll? Horst Hauguth lacht. „Mit den Unterlagen, die für die Lehre
zur Verfügung gestellt werden: eher ein ganzer Schrank voll!“ Zumindest
früher.
Online-Dienste statt Papierberge
Heute sei‘s etwa ein Terabyte Daten, berichtet der Informatiker aus dem
IT-Zentrum (ITZ) der Hochschule Coburg. Er ist hier für das Team des
Campus-Managementsystems PRIMUSS zuständig, das außer Coburg noch zehn
weitere Hochschulen für die Studierendenverwaltung nutzen. Für alle stellt
das Coburger PRIMUSS-Kernteam die Online-Module bereit – immer in enger
Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen . „Die Papier-Akten haben in den
vergangenen Jahren rapide abgenommen“, sagt Daniela Kreissl-Jakob, die das
Studienbüro der Hochschule leitet. Bewerbung, Zulassung und Einschreibung
laufen elektronisch, alle Dokumente können online hochgeladen, alle
Bescheide heruntergeladen werden. Dafür reicht ein Smartphone.
Während des digitalen Einschreibungsprozesses werden die Studierenden
automatisch Nutzerinnen und Nutzer in den Plattformen der Hochschule
mycampus und Moodle. Hier bekommen sie online beispielsweise
Lehrmaterialien zum Lesen oder können an Video-Vorlesungen teilnehmen.
„Verwaltung und Lehre hängen eng zusammen“, erklärt Frank Heublein vom
Referat für Digitalisierung. Diese Abteilung hat Vizepräsidentin Prof. Dr.
Jutta Michel vor zwei Jahren initialisiert, damit das Zusammenspiel in der
elektronischen Welt funktioniert. „Für die Studierenden ist die
Digitalisierung ein wichtiges Kriterium. Deshalb ist das für uns ein
strategisch wichtiges Thema“, betont Michel. Das Referat ist ein
Bindeglied. „Ob Fakultäten, Studien- oder Prüfungsbüro,
Praktikumsbeauftragte oder IT“, sagt Frank Heublein, „wir arbeiten alle
zusammen an dieser Geschichte, nur so können wir es packen.
Digitalisierung ist ein Teamsport.“
Die kleine Krankenkassen-Revolution
Die Struktur der Prozesse wird nicht durch einzelne Fachabteilungen und
ihre Grenzen vorgegeben, sondern durch den „studentlife cycle“, also das
Studierendenleben vom ersten Kontakt mit der Hochschule bis zum Ende des
Studiums. Dabei wird auch die Digitalisierung mit externen Partnern
vorangetrieben. Die Hochschule Coburg gehört deutschlandweit
beispielsweise zu den ersten fünf Unis und Hochschulen, die mit den
Krankenkassen elektronische Nachweise austauschen. Kein Papier mehr.
Daniela Kreissl-Jakob aus dem Studienbüro benutzt ganz oft das Wort
„kein“: keine Scanner, kein großer Aufwand, kein Lärm. Die Prozesse sollen
einfach und schnell funktionieren. Smart eben. Es ist eine stille
Revolution.
Hochschul-Kanzler Dr. Matthias J. Kaiser ist überzeugt: „Dass unsere
Services so weit digitalisiert und automatisiert sind, hat uns auch
geholfen, mit unseren Studierenden gut durch die Corona-Zeit zu kommen.“
Er ist stolz auf die Kolleginnen und Kollegen, die da in kurzer Zeit
„etwas Herausragendes“ geschafft haben, wie er sagt: „Dass man von der
ganzen Welt aus in Coburg andocken kann, dass man sich bei uns
einschreiben kann, ohne persönlich aufzutauchen – da gehören wir im
Hochschulbereich absolut zu den Vorreitern.“ Die Digitalisierung
entschlackt Verwaltungsprozesse, die juristisch fürs Examen zwar sehr
wichtig sind – aber eben auch sehr lästig. „Es bedeutet Freiheit, wenn man
das von überall aus ganz einfach erledigen kann.“