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Neues "Zentrum für Entwicklungsstörungen" am Dresdner Uniklinikum verbessert Chancen für erfolgreichen Schulbesuch

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(v.r.n.l.) Klinikdirektor Veit Rößner, Gilbert Häfner, Präsident des Rotary Clubs Dresden-Goldener Reiter; CSW-Geschäftsführer Peter Leuwer und Förderschullehrerin Jannine Ufer.  Holger Ostermeyer  Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
(v.r.n.l.) Klinikdirektor Veit Rößner, Gilbert Häfner, Präsident des Rotary Clubs Dresden-Goldener Reiter; CSW-Geschäftsführer Peter Leuwer und Förderschullehrerin Jannine Ufer. Holger Ostermeyer Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

In enger Zusammenarbeit mit dem Christlichen Sozialwerk hat die Klinik für
Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des
Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden ein neues tagesklinisches
Angebot aufgebaut. Im Mittelpunkt stehen Patientinnen und Patienten, die
aufgrund einer geistigen oder tiefgreifenden Entwicklungsstörung
verschiedenste Probleme haben. Das neue Zentrum für Entwicklungsstörungen
nimmt sich den Mädchen und Jungen an, deren Handicaps es ihnen massiv
erschweren, den Alltag altersentsprechend zu bewältigen. Brennpunkt ist
hier zumeist der Schulbesuch, der bei den Betroffenen aufgrund von
Verhaltensproblemen häufig zur Disposition steht.

Das Konzept des Zentrums basiert auf der schulisch-therapeutischen
Zusammenarbeit der Klink mit der St. Franziskusschule – einem vom
Christlichen Sozialwerk (CSW) getragenen Schulzentrum zur Förderung des
Lernens. Die dafür eingesetzten pädagogischen Fachkräfte werden in der
Startphase durch eine Spende des Rotary Clubs Dresden-Goldener Reiter
mitfinanziert. Deshalb überreicht der amtierende Präsident Gilbert Häfner
dem CSW-Geschäftsführer Peter Leuwer 10.230 Euro.

Besonders Kindern und Jugendlichen, die aufgrund einer psychischen
Erkrankung in Kombination mit geistigen oder anderweitigen tiefgreifenden
Entwicklungsstörungen verhaltensauffällig sind und zudem mit großen
Lernschwierigkeiten zu kämpfen haben, fehlt es an qualifizierten Angeboten
zur Integration in den Schulalltag. An diesem Punkt setzt das neue Zentrum
für Entwicklungsstörungen an. Im Rahmen einer auf etwa zwölf Wochen
angelegten tagesklinischen Behandlung werden die Probleme dieser Kinder
und Jugendlichen umfassend diagnostiziert und im schulischen Setting eine
Behandlung mit dem Ziel einer besseren Alltagsbewältigung initiiert. Dies
erfolgt in Teamarbeit mit den pädagogischen Kräften des CSW und den auf
Psycho- und Verhaltenstherapie spezialisierten Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und
-psychotherapie des Dresdner Uniklinikums. „Nicht nur aus der Sicht der
betroffenen Kinder und Jugendlichen sowie deren Familien ist die in dem
Zentrum etablierte Zusammenarbeit mit dem CSW eine Win-Win-Situation“,
sagt Prof. Veit Rößner, Direktor der Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie: „Um nachhaltige Lösungen zu finden, reicht es in diesen
oft sehr komplexen Fällen nicht aus, ‚nur‘ therapeutisch oder ‚nur‘
pädagogisch zu agieren. Erst in dem jetzt etablierten Setting, in dem
Pädagogen und Therapeuten gemeinsam mit den Betroffenen in alltäglichen
Situationen agieren, lässt sich die Basis für nachhaltige Erfolge
schaffen.“

„Mit dem neuen Zentrum gelingt es, auch diesen oft sehr
verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen einen Weg zu einem
erfolgreichen Schulbesuch zu ebnen“, sagt CSW-Geschäftsführer Peter
Leuwer: „Die Pädagoginnen und Pädagogen unserer St. Franziskusschule
kennen die Problematik aus erster Hand und können so ihre Expertise in die
neue Tagesklinik einbringen, die sich in unserer unmittelbaren
Nachbarschaft befindet. Das Zentrum ist in Sachsen einmalig, da bisher an
keinem Standort die Rahmenbedingungen für eine kinder- und
jugendpsychiatrische Behandlung so pädagogisch angepasst wurden, dass auch
Kinder und Jugendliche mit geistiger oder tiefgreifender
Entwicklungsstörung von tagesklinischer Behandlung profitieren können.“

Um die Kinder und Jugendlichen optimal versorgen zu können, werden
schulisch-therapeutische Maßnahmen individuell erprobt und zugleich die
Diagnostik weiter vorangetrieben. Ziel des dreimonatigen tagesklinischen
Angebotes ist es, die Betroffenen wieder in ihr gewohntes schulisches
Umfeld zu integrieren. Deshalb werden die während des Aufenthalts
entwickelten Maßnahmen in der Stammschule selbst erprobt. Hierfür ist im
Wochenplan jeweils der Mittwoch vorgesehen. Parallel erfolgt eine
individuelle schulisch-therapeutische Beratung. Dabei eruiert das Team des
Zentrums, ob die aktuelle Schulform für die Betroffenen geeignet ist und
unterstützt gegebenenfalls die Suche nach Alternativen.

Die Einrichtung nimmt unter engmaschiger Einbeziehung der Eltern Kinder
und Jugendliche ab etwa dem sechsten bis zum 17. Lebensjahr auf, die durch
problematisches Verhalten vor allem in der Schule oder in anderen
Alltagsbezügen auffallen. Aufnahmekriterium ist eine geistige und
tiefgreifende Entwicklungsstörung oder eine vergleichbare schwere
Beeinträchtigung der altersentsprechenden Alltagsausübung. Zur Therapie
vorgeschlagen werden die Kinder und Jugendlichen in der Regel durch Ärzte
oder Psychotherapeuten, wobei der tagesklinische Aufenthalt in dem neuen
Zentrum durch die Krankenkassen finanziert wird. Jeder Behandlungstag muss
unter dem Gesichtspunkt der Krankenbehandlung begründet werden. Derzeit
ist der Bedarf so hoch, dass das Zentrum voll ausgelastet ist.

Der tagesklinische Aufenthalt beginnt mit einer individuell angelegten,
zwei bis vierwöchigen schulisch-therapeutischen Diagnostikphase. Davon
profitieren die Kinder und Jugendlichen deren geistige beziehungsweise
tiefgreifende Entwicklungsstörung häufig mit einer fehlenden verbalen
Ausdrucksmöglichkeit verbunden ist. Deshalb greifen die psychiatrisch-
psychologischen Standardverfahren zur Diagnostik nicht. In diesem Rahmen
wird ein mehrdimensionales Verständnis des Falls erarbeitet. Im
Mittelpunkt steht die Betrachtung des Kindes beziehungsweise des
Jugendlichen bezüglich seiner körperlichen, psychischen und erlernten
Verhaltensmerkmale sowie die Beziehungen in seinem unmittelbaren Umfeld.
Hinzu kommt die Analyse konkreter Bedingungen hinsichtlich sensorischer,
sozialer, kommunikativer und alltagspraktischer Anforderungen. Daran
schließt sich die Behandlung mit individuellen Wochenzielen an, mit denen
es gelingen soll, sich den Hauptzielen anzunähern. Das Vorgehen folgt
pädagogischen und therapeutischen Strategien, die unter dem Aspekt der
Gleichzeitig- und Gleichsinnigkeit in den Behandlungsalltag integriert
werden. Ziel ist es, die Kinder und Jugendlichen dazu anzuleiten, die
erlernten für sie günstigen Verhaltensstrategien in ihr konkretes
Lebensumfeld zu übernehmen.

Die Spende erhält das Christliche Sozialwerk als Betreiber der in das neue
Zentrum integrierten Klinikschule zur Mitfinanzierung einer Lehrerstelle,
für die es leider noch immer keine Regelfinanzierung durch das Landesamt
für Schule und Bildung gibt. Das CSW hat im Rahmen des Zentrums für
Entwicklungsstörungen unter anderem die Aufgabe übernommen, die
Patientinnen und Patienten zu beschulen. Diese Klinikschule ist Teil der
1991 gegründeten St. Franziskusschule, eine Ersatzschule in freier
Trägerschaft der CSW gGmbh Dresden. Aktuell gibt es am Sitz des Zentrums
an der Dornblüthstraße acht tagesklinische Behandlungsplätze. Geplant sind
vier weitere Behandlungsplätze für Klein- und Vorschulkinder. Bei diesen
Betroffenen stehen die Entwicklungsstörung sowie die sich daraus
ergebenden Schwierigkeiten in der Eltern-Kind-Interaktion im Mittelpunkt.
Hier werden die Eltern direkt in die Therapie einbezogen.