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Forschende der ETH Zürich und der Universität Basel haben eine Impfung
entwickelt, die Tiere vor krankmachenden Salmonellen schützt. Diese
Bakterien entziehen sich oft der Wirkung von Impfungen, indem sie ihren
Schutzmantel genetisch verändern. Den Wissenschaftlern ist es gelungen,
diesen Prozess zu manipulieren und damit die Bakterien in eine Falle zu
locken.

Impfstoffe gegen Bakterien zu entwickeln, ist in vielen Fällen um einiges
schwieriger als solche gegen Viren. Wie praktisch alle Krankheitserreger
können sich Bakterien genetisch verändern, um so der Wirksamkeit der
Impfstoffe zu entkommen. Bei vielen Erregern führen solche genetische
Anpassungen unter dem Druck einer Impfung dazu, dass ihre Virulenz
abnimmt. Die Erreger entkommen dann zwar einer Impfwirkung, jedoch zum
Preis, dass sie sich weniger gut übertragen oder geringere Schäden
verursachen. Manche Krankheitserreger, und dazu gehören auch viele
Bakterien, sind hingegen ausgesprochen gut darin, sich so zu verändern,
dass sie gleichzeitig der Wirkung einer Impfung entkommen (Immunevasion)
und dennoch hochinfektiös bleiben.
Für Wissenschaftler, welche Impfstoffe entwickeln, ist diese Immunevasion
seit Jahrzehnten ein grundsätzliches Problem. Möchten sie Impfstoffe gegen
krankmachende Bakterien entwickeln, merken sie oft schnell, dass diese
wirkungslos werden.

Immunevasion nutzen

Forschende der ETH Zürich und der Universität Basel nutzten nun allerdings
genau diesen Mechanismus, um dennoch mit einer Impfung gegen Bakterien
vorzugehen. So ist es ihnen gelungen, einen Impfstoff gegen Salmonellen zu
entwickeln, der die Darmbakterien zwar nicht zum Verschwinden bringt, sie
jedoch weniger schädlich macht.
«Wir konnten so zeigen, dass Immunevasion nicht bloss eine grosse
Herausforderung der Impfstoffentwicklung ist, sondern dass man sie gezielt
zum Vorteil von Tieren und Menschen einsetzen kann», erklärt ETH-
Professorin Emma Slack. «Man kann damit die Evolution von krankmachenden
Mikroorganismen in eine bestimmte Richtung – in unserem Fall in eine
Sackgasse – lenken.» Slack hat die Studie, an der viele Forschende aus
unterschiedlichen Gruppen der ETH Zürich und weiterer Institutionen
mitgearbeitet haben, zusammen mit ETH-Professor Wolf-Dietrich Hardt sowie
Médéric Diard, Professor am Biozentrum der Universität Basel, geleitet.

Kombinationsimpfstoff führt zum Ziel

In ihrer Studie impften die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Mäuse
mit einer Reihe von leicht unterschiedlichen Vakzinen gegen Salmonella
typhimurium, und sie beobachteten, wie sich die Salmonellen im Darm der
Tiere genetisch veränderten, um der Impfwirkung zu entkommen. So konnten
die Forschenden das ganze Spektrum an möglichen Immunevasions-Mutationen
bei Salmonella typhimurium ermitteln. Schliesslich stellten die
Forschenden einen Kombinationsimpfstoff her aus vier Salmonellen-Stämmen,
welcher das ganze Spektrum an genetischen Ausweichmöglichkeiten der
Bakterien abdeckte.

Als Immunevasions-Reaktion auf diesen Kombinationsimpfstoff entwickelten
sich überraschenderweise Salmonellen, bei denen ein wichtiges
Oberflächenmolekül verkümmert war. Diese Bakterien waren zwar immer noch
in der Lage, sich im Darm der Tiere zu vermehren, doch sie konnten nur
noch schlecht in Körpergewebe eindringen und Krankheiten verursachen. Der
Grund dafür ist, dass das Oberflächenmolekül Teil eines Schutzmantels der
Bakterien ist, der sie vor Abwehrreaktionen der Wirtstiere schützt sowie
vor Viren, welche die Bakterien häufig befallen und abtöten. In Tests in
Mäusen konnten die Wissenschaftler zeigen, dass ihr neuer Impfstoff
Salmonellenerkrankungen wirksamer verhindert als existierende und für den
Einsatz in Schweinen und Hühnern zugelassene Impfstoffe.

Die Wissenschaftler planen nun, nach demselben Prinzip Impfstoffe gegen
andere Mikroorganismen zu entwickeln – zum Beispiel gegen Antibiotika-
resistente Bakterienstämme. Ausserdem ist es denkbar, den Ansatz
biotechnologisch zu nutzen, um Mikroorganismen mithilfe des erzeugten
Selektionsdrucks durch Impfung gezielt zu verändern.