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Transparente Arzt-Patienten-Kommunikation

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„OpenNotes“-Pflicht in den USA – Uniambulanz ist Vorreiter in Deutschland

Das Recht, als Patientin oder Patient Zugang zu den eigenen
Gesundheitsinformationen zu erhalten, ist in Deutschland seit Februar 2013
im Grundgesetz verankert. Theoretisch liegt damit eine gute Grundlage vor,
um der sogenannten OpenNotes-Bewegung aus den USA zu folgen, die absolute
Transparenz im Austausch zwischen Ärzten und Patienten schaffen möchte.
Während die „offene Akte“ nun seit April 2021 in den USA verpflichtend
ist, leistet in Deutschland die Wittener Universitätsambulanz für
Integrative Gesundheitsversorgung und Naturheilkunde Pionierarbeit.

Offene Notizen: Patienten haben Einsicht in ihre Akte
„Open Notes“ heißt so viel wie „offene Notizen“. Gemeint sind die
ärztlichen Notizen und Aufzeichnungen, die für Patienten „offen“, also
jederzeit zugänglich, sein sollen. Das Konzept stammt aus den USA, wo es
an der Harvard Medical School in Boston entwickelt und 2010 zunächst im
Rahmen einer großen Studie in der Praxis eingeführt wurde. Ziel ist, das
Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt zu verbessern und die
Kommunikation transparenter zu gestalten. Letztes Jahr hatten bereits über
50 Millionen US-Amerikanerinnen und -Amerikaner digitalen Zugriff auf ihre
Akten.

Seit dem 1. April 2021 ist nun die Bereitstellung von Open Notes in den
USA für fast alle medizinischen Bereiche verpflichtend. „Das ist ein
echter Meilenstein, eine sehr positive Entwicklung“, freut sich Prof. Dr.
Tobias Esch, Leiter des Instituts für Integrative Gesundheitsversorgung
und Gesundheitsförderung an der Universität Witten/Herdecke. Bis 2015 war
der Arzt, Neurowissenschaftler und Gesundheitsforscher selbst in Boston im
OpenNotes-Team tätig und brachte das Thema von dort nach Witten mit. „In
Deutschland sind wir von einem derartigen Standard bisher noch weit
entfernt. Allerdings: Es entsteht auch hier ein zunehmendes Bewusstsein
für die Relevanz einer guten und transparenten Kommunikation in der
Medizin.“

Wittener Uniambulanz ist Vorreiter in Deutschland
Die von Esch gegründete Universitätsambulanz für Integrative
Gesundheitsversorgung und Naturheilkunde ist die erste und bislang einzige
Einrichtung in Deutschland, die der OpenNotes-Bewegung folgt. Über ein
Online-Gesundheitsportal, das über die Webseite der Ambulanz zugänglich
ist, können Patientinnen und Patienten datengeschützt jederzeit und von
überall aus, wo sie einen Internetzugang haben, auf ihre persönliche
Patientenakte mit allen Unterlagen zugreifen: Laborwerte,
Medikamentenpläne, Ultraschall-, Röntgen- oder MRT-Bilder inkl. Kommentare
und Befunde, Audio- oder Videoaufzeichnungen sind hier hinterlegt.
Außerdem werden alle Einträge und Notizen, die das Behandlungsteam der
Uniambulanz im Zuge der medizinischen Betreuung macht, zur Verfügung
gestellt – hundertprozentige Transparenz ist der Anspruch und das Ziel.

„Wir glauben fest daran, dass OpenNotes und eine Integrative
Gesundheitsversorgung, die den Patienten in den Fokus rückt, die Zukunft
der Primärversorgung in Deutschland ist“, so Tobias Esch über das Konzept
der Uniambulanz. „Wir haben noch einen langen Weg vor uns – aber: Das
Wittener Modell erregt große Aufmerksamkeit, sowohl in der Fachwelt als
auch in Politik und Bevölkerung, regional, bundesweit und sogar
international.“ So berichtet aktuell auch das British Medical Journal, die
weltweit führende Fachzeitschrift in der Allgemeinmedizin, über das
„Wittener Modell“.

Weitere Informationen:
-       www.opennotes.org
-       www.uniambulanz-witten.de
-       https://blogs.bmj.com/bmj/2021/04/01/tobias-esch-integrating-
opennotes-and-promoting-self-management-in-primary-care-in-germany-the-
witten-model/

-       https://www.bertelsmann-
stiftung.de/fileadmin/files/user_upload/SG_Akteneinsicht_final.pdf