Zum Hauptinhalt springen

Radikalisierungsprävention muslimischer Schülerinnen und Schüler - Lehrkräfte müssen Handlungsfähigkeit wiedererlangen

Konfrontative Religionsausübung an Schulen ist ein ernstzunehmendes Thema. Schulen benötigen langfristige Konzepte und professionelle Fachkräfte“, fordert Dr. Michael Kiefer vom Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück.  Jens Raddatz  Universität Osnabrück
Konfrontative Religionsausübung an Schulen ist ein ernstzunehmendes Thema. Schulen benötigen langfristige Konzepte und professionelle Fachkräfte“, fordert Dr. Michael Kiefer vom Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück. Jens Raddatz Universität Osnabrück
Pin It
Konfrontative Religionsausübung an Schulen ist ein ernstzunehmendes Thema. Schulen benötigen langfristige Konzepte und professionelle Fachkräfte“, fordert Dr. Michael Kiefer vom Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück.  Jens Raddatz  Universität Osnabrück
Konfrontative Religionsausübung an Schulen ist ein ernstzunehmendes Thema. Schulen benötigen langfristige Konzepte und professionelle Fachkräfte“, fordert Dr. Michael Kiefer vom Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück. Jens Raddatz Universität Osnabrück

Konfrontative Religionsausübung an Schulen ist ein
ernstzunehmendes Thema. „Um effektive Radikalisierungsprävention betreiben
zu können, benötigen Schulen langfristige Konzepte und professionelle
Fachkräfte“, fordert Dr. Michael Kiefer vom Institut für Islamische
Theologie der Universität Osnabrück. Die Problemlagen und
Handlungsempfehlungen beschreibt er in einem Positionspapier der Konrad-
Adenauer-Stiftung, welches jetzt veröffentlicht wurde
(https://vt.uos.de/5vaj0)

Der Mord an dem französischen Lehrer Samuel Paty Mitte Oktober 2020 hat
die Diskussion um konfrontative Religionsausübungen von muslimischen
Schülerinnen und Schülern auch in Deutschland wieder entfacht. In Berlin
drohte ein elfjähriger Schüler einer Lehrerin mit der Enthauptung.
„Islamistische Haltungen und Vorfälle mit muslimischen Schülerinnen und
Schülern stellen mit Sicherheit nicht an allen Schulorten ein Problem dar.
Aber es gibt zum Teil gravierende Probleme“, erklärt Kiefer, der an der
Universität Osnabrück eine Vertretungsprofessur für Soziale Arbeit
innehat. Oft wirkten hier jugendspezifische Aspekte, einschneidende
Lebensereignisse, Gruppeninteraktionen und islamistische Agitation
zusammen.

„Im Regelfall liegen komplexe zirkuläre Kausalitäten vor“, berichtet
Kiefer. „Für die präventive und auch intervenierende Praxis bedeutet dies,
dass mit unspezifischen und generalisierenden Maßnahmen und Programmen
keine hohe Wirksamkeit erzielt werden kann. Vielmehr sind passgenaue
Formate gefragt.“

Der Aufstieg des sogenannten Islamischen Staates und die Ausreisen junger
Menschen nach Syrien und Irak zeigten überaus deutlich, dass in allen
gesellschaftlichen Handlungsfeldern eine umfassende und professionelle
Radikalisierungsprävention erforderlich ist. Die Schule sei dafür aber ein
äußerst wichtiger Ort, weil hier alle jungen Menschen zwischen dem
sechsten und achtzehnten Lebensjahr erreicht werden.

Dabei wird dem islamischen Religionsunterricht eine präventive Wirkung
zugesprochen. „Junge Menschen, die in gewaltaffine islamistische Milieus
abrutschen, verfügen häufig nur über geringe Kenntnisse der islamischen
Religion, auch wenn sie diese für Propagandazwecke instrumentalisieren“,
berichtet Kiefer. Belegt werde dies unter anderem durch eine Studie des
Forschungsnetzwerks Radikalisierung und Prävention (FNRP) an den
Universitäten Osnabrück und Bielefeld, in der die WhatsApp-Kommunikation
einer jugendlichen Attentätergruppe untersucht wurde.

Im schulischen Kontext sei das Handlungskonzept „Neue Autorität“ von Haim
Omer gefragt, erläutert der Sozialexperte. „Zentrales Ziel muss sein,
Erziehende darin zu unterstützen, ihre Handlungsfähigkeit und Wirksamkeit
wiederzuerlangen.“ Die Handlungsmaxime lautet: „Wir geben dir nicht nach,
und wir geben dich auch nicht auf!“

Das Fazit des Osnabrücker Wissenschaftlers: Schulen benötigen gut
abgestimmte und langfristige Präventionskonzepte, die von professionellen
Fachkräften durchgeführt werden. Dafür bedarf es ausreichender personeller
Ressourcen in der Schulsozialarbeit und im Kollegium. Die großen
Bundesprogramme wie zum Beispiel „Demokratie Leben!“ behandelten den
Bereich der Radikalisierungsprävention weitgehend als einen Sonderbereich,
in dem hochspezialisierte Träger an Einzelprojekten arbeiten. Kiefer:
„Diese Fokussierung auf ausgewählte Leuchtturmprojekte ist in der Breite
wenig zielführend. Notwendig ist vielmehr eine Stärkung der
Regelstrukturen.“