Zum Hauptinhalt springen

Transparenz in der digitalen Arbeitswelt: Datenschutz und neue Innovationskulturen zusammen denken

Pin It

Die Diskussion um Datenschutz und Datensouveränität nimmt aktuell an
Komplexität und Brisanz zu. In Wirtschaft und Politik zeichnet sich
angesichts der wachsenden Transparenz ein Gestaltungsdilemma ab: Wie
können wir Daten schützen, deren Missbrauch verhindern und zugleich offene
Innovationskulturen fördern? Eine Frage von strategischer Bedeutung – auch
mit Blick auf die digitale Arbeitswelt. Die Partner des Forschungsverbunds
„Inverse Transparenz“ führen beide Ziele in einem neuen Gestaltungsansatz
zusammen und entwickeln auf dieser Basis Konzepte, die zu einem wirksamen
Beschäftigtendatenschutz beitragen können, der auf Vertrauen und
Empowerment baut.

In der digitalen Arbeitswelt wird Arbeit in neuer Qualität transparent.
Immer mehr Daten fallen automatisch als Nebenprodukt des Arbeitsprozesses
an und machen sichtbar, wie und woran wir arbeiten. Am Übergang zur
Informationsökonomie gewinnt diese Entwicklung eine besondere Brisanz.
Parallel zur Wertschöpfung entstehen gigantische Datenmengen – nicht
selten unbemerkt und hinter dem Rücken der Akteure. Diese Transparenz ist
zweischneidig. Sie bildet die Grundlage und ist unerlässlich für moderne
Formen der Wertschöpfung und Innovation. Aber sie kann auch die Basis
schaffen für eine neue Kultur der Überwachung und Beherrschung.

„In dieser Gemengelage droht der Datenschutz zum Zankapfel zu werden
zwischen denen, die mehr Datensparsamkeit und Einschränkungen in der
Datenverarbeitung fordern, und denen, die mit Blick auf die
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft für Lockerungen plädieren“,
erläuterte Prof. Dr. Andreas Boes, Vorstandsmitglied des Instituts für
Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF) München und Direktor am
Bayerischen Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt), einem
Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, zum Auftakt des
ersten Wissenschafts-Praxis-Dialogs des interdisziplinären
Projektverbundes „Transparenz in der digitalen Arbeitswelt: Zwischen
gläsernem Mitarbeiter und neuen Chancen für Empowerment“ am bidt in
München.

Im Rahmen des Projektes, eines Spin-off des bidt, analysieren Experten und
Expertinnen nicht nur die Folgen der neuen datenbasierten Transparenz. Sie
arbeiten auch an einem neuen Gestaltungsansatz und praktikablen Lösungen,
die auf eine Win-win-Situation zwischen Datenschutz, Wertschöpfungs- und
Innovationsinteressen abzielen. Zu wissen, welche personenbezogenen Daten
für welchen Zweck erhoben bzw. aggregiert werden und wie sie verwendet
werden, ist hierfür die Voraussetzung. An dieser Stelle setzt das Konzept
der inversen Transparenz an: Sie macht die Verwendung der Daten für die
Betroffenen sichtbar. „Wir wollen eine lebendige Vertrauenskultur
schaffen, in der Datenschutz und Innovationen zusammen gedacht werden“,
sagte Boes. Ein neues Tool, das in der Softwareentwicklung erprobt werden
soll, schafft hierfür die technische Grundlage.

„Wir entwickeln ein Tool, das die Verwendung von Daten fälschungssicher
protokollieren kann und sie wie auf einem Dashboard sichtbar macht“,
erläuterte Prof. Dr. Alexander Pretschner, Inhaber des Lehrstuhls für
Software und Systems Engineering an der TU München (TUM) und Vorsitzender
des bidt-Direktoriums. Damit schaffen die Informatiker eine Grundlage für
die gewünschte Vertrauenskultur. „Aus technischer Perspektive können wir
festlegen, wer wann wie lange und unter welchen Umständen auf die Daten
zugreifen darf – aber diese Regeln müssen natürlich von Menschen
festgelegt werden.“

Eine weitere wichtige Forschungsfrage ist, wie diese Daten für moderne
Führungs- und Steuerungskonzepte genutzt werden können und wie
Führungskräfte die Potenziale inverser Transparenz im positiven Sinn in
der Praxis heben können. „Denn klar ist: Daten für noch mehr
Mikromanagement zu nutzen wäre kontraproduktiv“, zeigte sich Prof. Dr.
Thomas Hess, Leiter des Instituts für Wirtschaftsinformatik und Neue
Medien der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Direktor am
bidt, überzeugt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden hierdurch zum
einen nicht stärker motiviert und zum anderen ein solches System nicht
akzeptieren und versuchen, es zu umgehen.

Erfolgsentscheidend für den Aufbau und die nachhaltige Verankerung einer
neuen Vertrauenskultur in der digitalen Arbeitswelt ist es deswegen auch,
die Beschäftigten und ihre Interessenvertretung an deren Gestaltung zu
beteiligen, sie zu einem souveränen Umgang mit Daten zu befähigen und
Regeln und Rechte der Datennutzung kollektiv abzusichern.

Das Verbundprojekt startet nach einem Jahr gemeinsamer erfolgreicher
Forschungsarbeit jetzt gemeinsam mit der Software AG in die praktische
Umsetzung. Hier kommen bereits Instrumente zum Einsatz, die Transparenz
herstellen über die Daten, die bei der Entwicklungsarbeit anfallen. „Wir
haben uns als Unternehmen schon lange eine vertrauensvolle
Innovationskultur auf die Fahnen geschrieben“, betonte Christian
Gengenbach, Vice President Research & Development der Software AG. „Nun
geht es darum, noch genauer zu analysieren, mit welchen Daten wir es zu
tun haben und wofür wir sie perspektivisch nutzen können.“

Weitere Informationen zum Hintergrund der Forschungen und Einschätzungen
der Projektbeteiligten zum Thema „Inverse Transparenz“ bietet Ihnen der
Blogbeitrag „Transparenz in der digitalen Arbeitswelt: Datenschutz und
Innovationskultur zusammen denken“ (https://idguzda.de/blog/transparenz-
in-der-digitalen-arbeitswelt/
) und das aktuelle Interview mit Prof. Dr.
Andreas Boes, Prof. Dr. Thomas Hess und Prof. Dr. Alexander Pretschner
„Digitale Transparenz im Job: Das Spiel mit den Daten“
(https://www.bidt.digital/digitaletransparenz/).

Das Projekt „Inverse Transparenz“

Das Projekt „Inverse Transparenz. Beteiligungsorientierte Ansätze für
Datensouveränität in der digitalen Arbeitswelt gestalten“ (Laufzeit:
1.11.2018 bis 31.10.2021) wird im Rahmen der Ausschreibung „Privatheit und
informationelle Selbstbestimmung in der digitalen Arbeitswelt“ durch das
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. An dem
interdisziplinären Konsortium beteiligen sich unter Federführung des
Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF München) die
Technische Universität München (TUM), die Ludwig-Maximilians-Universität
München (LMU) und die Software AG

Die weltoffene Leuchtanstadt Luzern am Vierwaldstättersee freut sich auf Ihren Besuch

Die Region Sempachersee im Herzen der Schweiz freut sich auf hren Besuch