Nachdem die Band Young Fathers Anfang Juni wegen der Unterstützung der 2005 gegründeten palästinensischen Kampagne „Boykott, Divestment and Sanction“ (BDS) vom Kulturfestival ausgeladen wurde, erklärte die Intendantin Carp, dass sich die Ruhrtriennale “in aller Form” von der BDS Bewegung distanziert. Dieser Distanzierung folgte Ende Juni die Wiedereinladung der Band. Als die Young Fathers darauf mit einer Absage reagierten war der BDS Bewegung ein in Deutschland beispielloser PR Erfolg sicher. Doch damit nicht genug. Vor dem Kulturausschuss des Landtages verlautbarte Carp Sympathien für die Boykottbewegung. Aus der Distanzierung von BDS wurde Affirmierung. Zum Podium „Freedom of Speech/Freiheit der Künste“, das die Veranstaltung mit den Young Fathers ersetzt sind bekennende BDS Unterstützer eingeladen.
Zeit sich eingehender mit BDS zu befassen.
Die Kampagne „Boykott, Divestment and Sanction“ (BDS), ruft zu umfassendem akademischem, kulturellem und wirtschaftlichen Boykott Israels auf. Anfang 2017 wurde die britische Band Radiohead in einer öffentlichen Kampagne gedrängt eine Show in Tel Aviv abzusagen. In einem Brief, der u.a. von Pink-Floyd-Musiker Roger Waters und dem südafrikanischen Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu unterzeichnet wurde heißt es „Bitte tut das, was Künstler auch während des Systems der Apartheid in Südafrika gemacht haben: Bleibt dort weg, bis die Apartheid vorbei ist.“ Der gegen Israel erhobene Vorwurf der Apartheid ist die lingua franca anti-israelischer Aktivisten. Bereits 2001 beschloss die UN Weltkonferenz im südafrikanischen Durban dass Israel ein rassistischer Apartheidsstaat sei.
Einspruch gegen diese Gleichsetzung kam von Nkululeko Nkosi von der Initiative „Africans for Peace“: „Bitte stehlt uns also nicht das Wort Apartheid! Für Schwarze SüdafrikanerInnen bedeutete Apartheid mehr als nur systematische Diskriminierung unserer Bevölkerungsgruppe. Es war ein Projekt, das zum Ziel hatte, einer spezifischen »Rasse« ihre Geschichte, Kultur, Würde und Menschlichkeit zu entreißen..“
Tatsächlich gibt es kein Urteil des internationalen Gerichtshofs das Israel Apartheid vorwirft und wie weit es mit der Apartheid in Israel ist lässt sich zu jeder Zeit in jedem Krankenhaus bestaunen, wo Juden, Muslime und Christen zusammen arbeiten und jüdische, muslimische und christliche Patienten gleichsam behandelt werden.
Für Roger Waters kein Grund bei seinen Bühnenshows auf ein aufblasbares Schwein bemalt mit Davidsternen und Hakenkreuzen zu verzichten.
Auch wenn Waters Tom Yorke nicht dazu bringen konnte sich dem kulturellen Boykott anzuschließen, darf er Absagen von Stevie Wonder, Carlos Santana und Lauryn Hill als Erfolge verbuchen.
Etappensiege hat BDS auch im Kampf für einen umfassenden Wirtschaftsboykott des jüdischen Staates errungen. So beschloss die EU Kommission im November 2015 auf Druck von BDS die Kennzeichnung für israelische Erzeugnisse aus dem Westjordanland und Ost-Jerusalem sowie von den Golanhöhen. Umgehend nahm das renommierte Kaufhaus des Westens in Berlin israelische Weine aus dem Sortiment. Auch aufgrund ihrer augenscheinlichen Verwandtschaft zum Boykotttag dominierte die Affäre an drei Tagen in Folge die Titelseite der auflagenstärksten israelischen Tageszeitung Yedioth Achronot.
Besondere Aufmerksamkeit wurde der Berichterstattung im Elternheim Pinkhas Rozen in Ramat Gan zu Teil. Dort lebt Gertrud Klimowski, geb. Jakobsohn, die zu den letzten Zeugen des Boykotttages der Nazis gehört. Als die 10-jährige Gertrud Anfang April 1933 von der Schule nach Hause kam, sah sie gepackte Koffer und ihre Familie zur Abreise drängen. Es war der Boykotttag, an dem auch das Warenhaus Schocken in Nürnberg angegriffen wurde nebst der Verleumdung über vergiftete Wurst. Ihr Vater, der in der 13. Niederlassung der Warenhauskette des jüdischen Kaufmanns Salman Schocken eine leitende Position begleitete, sah sich genötigt, mit seiner Familie die Villa nahe des Tiergartens in Nürnberg zu verlassen und ins entfernte Hamburg zu fliehen, wo die antisemitischen Auswüchse noch hinter denen in der Nazi Hochburg Nürnberg zurückstanden. Nach zwei Jahren in Hamburg und zwei weiteren in Freiberg emigrierte die Familie 1937 nach Palästina.
Bis vor einigen Jahren war Gertrud überzeugt davon, dass die Deutschen sich geändert hätten. Als Tuvia Tenenbom im September 2013 im Heim über den Antisemitismus in Deutschland sprach, wollte sie ihm nicht glauben. Als sich im Sommer 2014 der Judenhass offen auf den Straßen Europas zeigte begann sie ihre Meinung über Deutschland zu hinterfragen. 2015 musste sie sich eingestehen, dass sie sich hinsichtlich der Läuterung Deutschlands Illusionen gemacht habe. Bitter fragte sie ob die Kennzeichnung der israelischen Waren mit einem gelben Stern erfolgen sollte.
Als im Juni 2017 BDS Aktivisten bei einem Podiumsgespräch in der Humboldt-Universität gegen eine Knesset-Abgeordnete und eine Überlebende des Holocaust pöbelten, konnte dies auch nicht mehr überraschen.
Eines der ausformulierten Ziele der BDS Bewegung ist die Forderung nach einem Rückkehrrecht für alle palästinensischen Flüchtlinge. Eine Forderung, die in die Praxis umgesetzt, eine demographische Aushöhlung des jüdischen Staates und dessen Ende bedeuten würde.
Zu Ehren des 10jährigen Bestehens von BDS lies der Gründer Omar Barghoutti im Juli 2015 in einem Interview auf Mondoweiss verlautbaren, dass es das ultimative Ziel von BDS sei, Israel zu einem Pariah Staat zu machen. Ahmed Moor, ein führender BDS Aktivist schrieb im April 2010, dass BDS das Ende des jüdischen Staates meint und dass das Ende der Besatzung nichts wert sei, wenn es nicht das Ende des jüdischen Staates selbst bedeute. 2012 schrieb BDS Aktivist Professor As-ad AbuKhalil auf Alakhbar: „Gerechtigkeit und Freiheit für die Palästinenser sind mit der Existenz des Staates Israel unvereinbar.“
Bei einer Veranstaltung mit Ben-Dror Yemini und Tuvia Tenenbom über die Delegitimation Israels im Oktober 2014 sagte der israelische Journalist Ben-Dror Yemini, das er selbstverständlich zu den Menschen gehöre, die sich Frieden wünschten. Er sehe auch die absolute Notwendigkeit einer Zwei-Staaten-Lösung, da die Beibehaltung des Status quo zu einem bi-nationalen Staat führe, der Israel als jüdischen und demokratischen Staat gefährdet. Er sehe aber nicht, so Dror-Yemini, wie die Zwei-Staaten-Lösung realisierbar sei.
Als Ariel Sharon 2004 den Gazastreifen räumen ließ, glaubte noch eine Mehrheit der Israelis, „Land für Frieden“ tauschen zu können. Einer der politischen Weggefährten Sharons war Yoel Hason, der heute für das Parteienbündnis „Zionistisches Lager“ auf der Oppositionsbank sitzt. Er halte eine Zwei-Staaten-Lösung für richtig, sagt Hason in seinem Arbeitszimmer im Parlamentsgebäude. Die Israelis hätten mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie bereit seien, Land für Frieden zu tauschen. Der Weg sei im Grunde vorgezeichnet, sagt er. Der einseitige Druck auf Israel aber bestärkt die sich Palästinenser sich Verhandlungen zu verweigern. Und die Israelis, so warnt er, fühlten sich in der Ansicht bestärkt, dass alle Welt gegen sie sei. So sei kein Friede zu machen.
Des Weiteren, so gibt er zu bedenken,seien die ersten Geschädigten einer Politik gegen die Produktion in den besetzten Gebieten die Palästinenser. Fährt man aus Jerusalem heraus, wird schnell klar, was er meint.
In den Siedlungen und Industrieparks jenseits der “grünen Linie” sind fast 30.000 Palästinenser beschäftigt. Sie arbeiten dort mit Juden zusammen und haben ein Auskommen, das weit über dem palästinensischen Durchschnitt liegt.
Im Industriepark Mishor Adumim der Siedlung Ma’ale Adumim geht es betriebsam zu. In den 300 Firmen und Geschäften arbeiten Israelis und Palästinenser, deren Verdienst mehr als doppelt so hoch ist, wie das Durchschnittseinkommen in den Palästinensergebieten. Ramy Levy beschäftigt in seinem XXL Supermarkt in Mishor Adumim israelische und palästinensische Arbeiter. Viele seiner Kunden sind, zu geäußerten Unmut der palästinensischen Autonomiebehörde, Palästinenser.
So auch im Rami Levi Supermarkt an der Gush Ezion Kreuzung, wo drei palästinensische Mitarbeiter des Supermarktes aus Beit Ummar, Jabah und Surif den Wein einräumen und die Anschläge verurteilen, die sich an der Kreuzung ereignet haben. Das Geld, das sie verdienen, wird in ihren Großfamilien dringend benötigt.
Um zu erfahren, was passiert, wenn israelische Arbeitgeber sich hinter die „grüne Linie“ zurückziehen, empfiehlt sich eine Fahrt in den Negev. Seit Ende 2014 befindet sich die Hauptproduktionsstätte von SodaStream, dem weltweit führenden Produzenten von Sprudelgeräten, in der Beduinenstadt Rahat. Mit dem Umzug nach Rahat übernimmt SodaStream ein Stück Mitverantwortung für die Entwicklung der ärmsten Stadt Israels. Die Firmenleitung steht in Kontakt zum Bürgermeister und kooperiert punktuell mit NGOs. Es gibt eine Produktionslinie an der nur Frauen arbeiten.
Zuvor befand sich die Hauptproduktionsstätte von SodaStream in Mishmar Adumim. Dort waren 500 Palästinenser, 350 israelische Araber und 350 Juden zu den gleichen Bedingungen beschäftigt.
Alan Dershowitz hat in der College Zeitung von Harvard „The Harvard Crimson“ am 19. Dezember 2014 geschrieben: “Ich habe die SodaStream-Fabrik besucht und mit vielen seiner palästinensisch-arabischen Angestellten gesprochen, die gerne für ein Unternehmen arbeiten, das ihnen hohe Löhne zahlt und hervorragende Arbeitsbedingungen bietet.“
In einer Anhörung vor dem Kongress (House of Representatives Committee on Oversight and Government Reform), erklärt der CEO von SodaStream, Daniel Birnbaum, am 28. Juli 2015, dass die Firma 2007 in den Fokus von BDS kam. Zu der Zeit war SodaStream ein Unternehmen mit 90 Millionen Dollar Umsatz.
BDS stützte seine immer aggressiver werdende Kampagne gegen SodaStream auf den Vorwurf, dass die Firma von der Besatzung profitiere.
BDS, so sagte Birnbaum vor dem Kongress aus, benutze die Taktik des politischen Krieges gegen Israel und bediene sich der Verleumdung Israels als Apartheidsstaat.
„In vielen Fällen werden unsere Produkte beschädigt oder mit Aufklebern grotesker Bilder verunstaltet, die SodaStream Kriegsverbrechen wie ethnischer Säuberung beschuldigen“, berichtete der Vorstandsvorsitzende. Im Anhang des Protokolls der Aussage finden sich dokumentierte Beispiele aus verschiedenen Geschäften in verschiedenen Ländern.
Hervorzuheben sind dabei die gewaltsamen Proteste der BDS-Bewegung auf den Laden „EcoStream“ in Brighton, der sich in Firmenbesitz befand. Er musste 2014 nach zwei Jahren, in denen es jede Woche zwei Proteste gab, geschlossen werden.
Besonderer Widerstand sei SodaSteam außerdem in den skandinavischen Ländern begegnet. Dort wurde die Einfuhr von SodaStream an die Bedingung geknüpft nicht in Ma’ale Adumim zu produzieren. Ohne die Auslagerung der Produktion (u.a. nach China (!)), so schätzte Birnbaum, hätte die Firma 150 zusätzliche palästinensische Arbeiter anstellen können, deren Auskommen 1500 Palästinenser versorgt hätte.
Im Februar 2016 erklärte Birnbaum der Yedioth Achronot: „Wir waren der größte Arbeitgeber für Palästinenser in den Gebieten […] Sie erhielten dieselben Löhne, dieselben Arbeitsbedingungen und dieselben Zusatzleistungen wie die anderen Arbeiter, einschließlich Krankenversicherung für Arbeiter und ihre Familien. Wir sorgten für fast 6.000 Menschen – die Arbeiter und ihre Familien.“
In Deutschland wurde die Verlogenheit der BDS Bewegung am 17. Mai 2017 augenscheinlich, als Sara Zoabi eine Rede beim Israeltag auf dem Stuttgarter Schlossplatz hielt. Zahlreiche BDS Aktivisten kamen um die Rede der israelischen Araberin zu stören. Als Sara sich von der Bühne herunter auf Arabisch an die Protestierenden wandte, brauchte es zwei Polizeiketten, diese davon abzuhalten ihr an die Kehle zu gehen. Anhand der Reaktionen der arabischen BDS Aktivisten hätte man nicht erahnen können, was Sara auf Arabisch gesagt hat. Tatsächlich rief sie dazu auf, Brücken zu bauen und die Hetze einzustellen. Sie warf BDS vor sich gleichgültig gegenüber den Palästinensern zu zeigen und rechnete vor, welche Konsequenzen es für diese hätte, wenn die israelischen Firmen in den Siedlungen schließen würden. „Verräterin“ schallte es ihr entgegen und dass sie ihre Ehre an die Juden verkaufe. Vieles von der großen Verlogenheit von BDS wurde im Kleinen augenscheinlich.