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Luzerner Sinfonieorchester Michael Sanderling conducts Dvořák, KKL Luzern, 23. Mai 2025, besucht von Léonard Wüst

Michael Sanderling Chefdirigent
Michael Sanderling Chefdirigent
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Das Luzerner Sinfonieorchester unter der Leitung von Chefdirigent Michael Sanderling Foto Philipp Schmidli

Michael Sanderling conducts Dvořák – Luzerner Sinfonieorchester

Luzerner Sinfonieorchester Foto Philipp Schmidli

Lukáš Vondráček Solist am Klavier

 

Besetzung und Programm
Luzerner Sinfonieorchester
Dirigent Michael Sanderling
Solist am Piano Lukáš Vondráček

Antonín Dvořák (1841 ‒ 1904)
Concerto for Piano and Orchestra in G minor, Op. 33 | 34
Antonín Dvořák
Symphony No. 9 in E minor, Op. 95, ‘From the New World’

Antonín Dvořák (1841 ‒ 1904) Konzert g-Moll für Klavier und Orchester , Op. 33 | 34

Der tschechische Pianist Lukáš Vondráček machte spätestens als unangefochtener Gewinner des Brüsseler Königin-Elisabeth-Wettbewerbs 2016 international auf sich aufmerksam. Das Wettbewerbsfinale bestritt er mit Rachmaninows 3. Klavierkonzert.

Ich hatte das Vergnügen im November 2007 den damals grad mal 21jährigen Lukáš Vondráček bei seinem Debüt mit der tschechischen Philharmonie im Prager Rudolfinum zu erleben. Schon damals die, bemerkenswert für einen so jungen Pianisten, ausgeprägte Sensibilität. Wo andere in diesem Alter möglichst spektakulär in die Tasten hauen und meinen, Technik sei ( fast) alles, streichelte er die Tasten beinahe, was ja eine ausgefeilte Technik keinesfalls ausschließt.

Ein dramatisches Juwel der Romantik

Chefdirigent Michael Sanderling und Solist Lukáš Vondráček Foto Philipp Schmidli
Chefdirigent Michael Sanderling und Solist Lukáš Vondráček Foto Philipp Schmidli

Antonín Dvořáks Konzert für Klavier und Orchester in g-Moll, Op. 33/34, ein eher selten gespieltes Werk – ein wahres Kleinod der spätromantischen Konzertliteratur. Das Luzerner Sinfonieorchester unter Michael Sanderlings Leitung wagte sich an dieses herausfordernde Werk und präsentierte es mit großem Ernst und feinem Gespür für dessen dramatische Struktur.

Dirigent mit Gefühl für Balance

Michael Sanderling gelang es, das oft dichte Orchestergewebe transparent zu halten. Er ließ Dvořáks melodische Einfälle atmen, ohne sie zu überfrachten. Besonders eindrucksvoll: die Balance zwischen Orchester und Klavier. Trotz der komplexen Partitur blieb der Solist stets klar vernehmbar – eine Meisterleistung der klanglichen Abstimmung.

Lukáš Vondráček: Ein Virtuose mit Tiefgang

Lukáš Vondráček Solist am Piano Foto Operaplus cz

Der tschechische Pianist Lukáš Vondráček war der ideale Solist für dieses Konzert. Mit technischer Brillanz und zugleich poetischer Tiefe durchmaß er die oft sperrigen Passagen des Werks. Besonders im ersten Satz zeigte er einen eindrucksvollen Spannungsbogen, der zwischen düsterer Dramatik und lyrischer Zartheit oszillierte.

Ein seltenes Werk mit Charakter

Dvořáks Klavierkonzert, übrigens sein einziges Klavierkonzert, ist weniger gefällig als seine anderen Konzerte – es verlangt Hörbereitschaft und bietet dafür große emotionale Tiefe. Der zweite Satz, ein Andante sostenuto, war ein Moment der Ruhe und Innerlichkeit, den Vondráček mit nuancenreichem Anschlag erfüllte. Das Publikum schien förmlich den Atem anzuhalten.

Fulminantes Finale mit folkloristischem Flair

Lukáš Vondráček Solist am Piano Foto Operaplus cz
Lukáš Vondráček Solist am Piano Foto Operaplus cz

Im dritten Satz entfaltete sich Dvořáks volksmusikalisches Erbe in voller Kraft. Tänzerische Rhythmen, gepaart mit virtuosen Klavierkaskaden, gipfelten in einem kraftvollen Finale. Vondráček spielte mit ansteckender Spielfreude, während das Orchester rhythmisch pulsierte und den Schluss in ein strahlendes Licht setzte und damit das Auditorium zu einer langanhaltenden Applauskaskade animierte.

Lukáš Vondráček: Poetische Zugabe

Das Publikum ließ solange nicht locker mit Applaus, bis Lukáš Vondráček noch eine kurze Zugabe gewährte. Dabei war sein Spiel wie ein leiser Epilog zur vorherigen konzertanten Wucht – innig, zurückgenommen, beinahe meditativ. Ein Moment stiller Virtuosität.

Dvořáks Sinfonie Nr. 9 in e-Moll Eine Reise zwischen den Welten

Michael Sanderling Chefdirigent
Michael Sanderling Chefdirigent

Ein Monument der Romantik im Herzstück der Moderne.
Im Konzertsaal des KKL Luzern, einem architektonischen und akustischen Meisterwerk, präsentierte im zweiten Konzertteil das Luzerner Sinfonieorchester unter der Leitung von Michael Sanderling Antonín Dvořáks Sinfonie Nr. 9 in e-Moll, „Aus der Neuen Welt“. Die Interpretation verband musikalisches Erbe mit der eindrucksvollen Klangarchitektur des Konzertsaals – ein Dialog zwischen Alt und Neu, zwischen Europa und Amerika.

Klangliche Weite und präzise Linienführung


Schon mit den ersten Takten des Adagio – Allegro molto wurde klar: Dieses Orchester kennt die Kraft differenzierter Dynamik. Sanderling baute Spannung auf mit fein modellierten Phrasen, ließ aber nie die strukturelle Klarheit vermissen. Die Streicher wirkten seidig und transparent, während die Hörner samtweich in den Saal klangen – getragen von einer kontrollierten, aber nie übertriebenen Dramatik.

Ein Dirigent mit Gespür für erzählerische Bögen

 

Das Luzerner Sinfonieorchester unter der Leitung von Chefdirigent Michael Sanderling Foto Philipp Schmidli
Das Luzerner Sinfonieorchester unter der Leitung von Chefdirigent Michael Sanderling Foto Philipp Schmidli

Michael Sanderling zeigte sich als Dirigent mit erzählerischer Tiefe. Jeder Satz erhielt sein eigenes dramaturgisches Gewicht. Besonders im zweiten Satz, dem berühmten Largo, entfaltete sich die Melodie der Englischhorn-Soloeinlage wie ein meditatives Gebet. Sanderling ließ viel Raum für Atmung, ohne den Fluss zu verlieren – ein kluges Gleichgewicht zwischen Spannung und Ruhe.

Amerikanische Sehnsucht, europäisch gelesen

Dvořáks Neunte gilt als Ausdruck seiner Eindrücke aus den USA. Doch Sanderlings Lesart rückte den Fokus auf die emotionale Tiefe der Musik, weniger auf folkloristische Oberflächen. Auch wenn rhythmische Elemente an Spirituals und Native American Songs erinnern mögen, so trat unter Sanderlings Leitung eher eine universelle Sehnsucht zutage – das Heimweh eines Kosmopoliten, musikalisch formvollendet verdichtet.

Das Luzerner Sinfonieorchester – klanglich exzellent aufgestellt


Das Luzerner Sinfonieorchester brillierte auf ganzer Linie. Die Holzbläser zeigten eine herausragende Balance zwischen solistischer Präsenz und kammermusikalischem Zusammenspiel. Besonders das Zusammenspiel von Flöte und Oboe im Scherzo wirkte tänzerisch leicht, aber niemals beliebig. Die Blechbläser beeindruckten durch kraftvolle, doch stets kultivierte Klanggebung, selbst in den ekstatischen Passagen des Finalsatzes.

Ein Finalsatz voller Energie und architektonischer Klarheit

Der vierte Satz, Allegro con fuoco, geriet unter Sanderlings Leitung zu einem orchestralen Triumph. Die dramatischen Gegensätze wurden präzise ausgearbeitet, ohne ins Theatralische abzugleiten. Die Energie war gebündelt, zielgerichtet – fast schon architektonisch gedacht. Der Schlussakkord vereinte das ganze Klangspektrum in einer gewaltigen, doch kontrollierten Entladung.

Ein Saal, der zur Musik spricht

KKL Luzern Konzertsaal
KKL Luzern Konzertsaal

Nicht zu unterschätzen bleibt die Rolle des Konzertsaals: Der KKL Konzertsaal trug entscheidend zur Tiefe des Hörerlebnisses bei. Die Akustik des Saals erlaubte eine glasklare Durchzeichnung aller Stimmen und schenkte selbst leisen Passagen Gewicht. In der Kombination mit der fokussierten Leitung Sanderlings und dem fein austarierten Spiel des Orchesters entstand ein Gesamtkunstwerk von seltener Kohärenz.

Sanderling mit klarer Vision

Michael Sanderling überzeugte mit einer präzisen, doch nie starren Lesart. Er gestaltete die Übergänge mit großer Sorgfalt und hielt die Klangbalance stets im Griff. Die berühmten Themen des ersten Satzes wirkten bei ihm nicht überhöht, sondern eingebettet in einen organischen Verlauf – klug und dramatisch aufgebaut.

Ein Orchester mit Farben und Kraft

Das Luzerner Sinfonieorchester zeigte sich in Bestform: farbenreich, diszipliniert und klanglich fein austariert. Besonders die Holzbläser setzten markante Akzente, während die Streicher warme Tiefe entwickelten. Die Blechbläser agierten strahlend, aber nie dominant – ein ausgewogenes Klangbild, das Raum für emotionale Dichte ließ.

Adagio – ein Moment der Zeitlosigkeit

Der zweite Satz, das berühmte Largo, wurde zum Herzstück des Abends. Die Englischhorn-Melodie erklang mit rührender Schlichtheit, von Sanderling behutsam entfaltet. Hier erreichte das Orchester eine tiefe emotionale Resonanz, getragen von atmendem Spiel und einer fast kammermusikalischen Klarheit – ein Innehalten mitten in der Weite.

Finale mit dramatischer Stringenz

Im letzten Satz verdichtete sich die Spannung. Sanderling hielt das dramatische Geschehen straff und entwickelte einen packenden Spannungsbogen bis zum triumphalen Schluss. Die Themen des ersten Satzes kehrten wieder – nicht als Rückblick, sondern als krönende Synthese. Die Musiker*innen spielten voller einfühlsamer Hingabe.

Fazit: Ein musikalischer Brückenschlag über Zeiten und Räume

Der Abend war mehr als eine Interpretation des Klassikers Antonín Dvořáks– er war eine Einladung zur Reflexion über Identität, Sehnsucht und kulturellen Austausch. Dvořáks Klavierkonzert und die 9.Sinfonie wurde unter der sensiblen und zugleich kraftvollen Leitung Michael Sanderlings zu einem lebendigen Zeugnis musikalischer Weltläufigkeit. Ein bewegendes Erlebnis, das noch lange nachhallt – getragen von der Exzellenz eines Orchesters, das international mitspielen kann. Das Publikum würdigte denn auch diese Glanzleistung mit einem langanhaltendem stürmischen Schlussapplaus, garniert mit etlichen Bravorufen.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Philipp Schmidli  www.sinfonieorchester.ch

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Michael Sanderling Dirigent des Luzerner Sinfonieorchester

Michael Sanderling Chefdirigent des Luzerner Sinfonieorchesters

 

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