Expertinnen und Experten fordern Beibehaltung der Mindestmengen
Kliniken müssen mindestens 25 extrem unreif geborene Kinder jährlich
behandeln, um sie versorgen zu dürfen. | Gegen die Mindestmengen-Regelung
des Gemeinsamen Bundesausschusses klagen drei Bundesländer. |
Kinderärztinnen und -ärzte sowie Geburtshelfende am Uniklinikum warnen vor
Gefahren für Frühgeborene.
Kinder, die extrem unreif und mit einem Körpergewicht unter 1.250 Gramm
geboren werden, benötigen im Krankenhaus eine Versorgung auf fachlich
hohem Niveau und mit entsprechender technischer Ausstattung.
Untersuchungen zeigen, dass es einen engen Zusammenhang zwischen der
Mortalität Frühgeborener und der Anzahl der versorgten Kinder gibt. Seit
Januar 2024 gilt die sogenannte Mindestmengenregelung des Gemeinsamen
Bundesausschusses (GBA). Demnach müssen Kinderkliniken jährlich mindestens
25 frühgeborene Kinder mit einem geringen Geburtsgewicht behandeln, um
diese besonders vulnerablen Neugeborenen versorgen zu dürfen. „Die
Versorgung frühgeborener Kinder und ihrer Familien von einem
interdisziplinären und erfahrenen Team ist für ihr gesundes Heranwachsen
unerlässlich“, sagt Prof. Uwe Platzbecker, Medizinischer Vorstand am
Uniklinikum Dresden. „Deshalb ist die Konzentration und Zentralisierung
von Expertise wichtig, um eine langfristig bessere Versorgung
sicherzustellen.“
Zehn Prozent aller Kinder in Deutschland kommen zu früh, also vor der 37.
Schwangerschaftswoche, auf die Welt. Ein Prozent der Schwangerschaften
endet sogar bereits vor der 32. Woche – die Medizin spricht dann von
extrem zu früh Geborenen. Diese Kinder wiegen häufig unter 1.250 Gramm und
benötigen eine besondere medizinische Versorgung. Um das zu gewährleisten,
hatte der GBA im vergangenen Jahr die Mindestmengen-Regelung beschlossen.
Drei Bundesländer klagen gegen Mindestmengen-Regelung
Die Bundesländer Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt
haben jetzt beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen diese Regelung
eingereicht. Das Gericht soll entscheiden, ob eine Festlegung von
Mindestmengen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss in die Hoheit der
Bundesländer eingreift. „Mit der Klage werden alle bisherigen Bemühungen
zur Verbesserung der Versorgungsqualität frühgeborener Kinder infrage
gestellt“, betont Prof. Mario Rüdiger, Direktor des Zentrums für feto-
neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum Dresden und Präsident der
Deutschen Gesellschaft für Perinatalmedizin (DGPM). Das erneute
Hinauszögern der dringend notwendigen Strukturanpassungen stelle eine
Gefahr für diese Kinder dar, nicht nur in den klagenden Bundesländern.
„Eine Maximalversorgung, die in rund 50 Einrichtungen zentralisiert ist
und gleichzeitig sicherstellt, dass Geburten mit niedrigem Risiko in
Anwesenheit einer Kinderärztin oder eines Kinderarztes wohnortnah erfolgen
können, würde deutschlandweit eine sichere Geburt und optimale Versorgung
extrem unreifer Kinder gewährleisten. Wir müssen heute beginnen,
Strukturen aufzubauen, die die Herausforderungen von Morgen im Blick
haben“, so Prof. Rüdiger weiter.
Expertise bei der Versorgung von Schwangeren, Früh- und kranken
Neugeborenen
Im Uniklinikum wurden im vergangenen Jahr (2024) 385 Frühgeborene
versorgt, davon wurden 98 Kinder mit einem Geburtsgewicht unter 1.500
Gramm geboren. Zahlenmäßig ist das Uniklinikum Dresden damit das größte
Perinatalzentrum in Sachsen – neben Dresden werden Frühgeborene auch in
Leipzig und Chemnitz behandelt. Die große Erfahrung ermöglicht es, dass
auch Kinder, die bei Geburt weniger als 500 Gramm wiegen, gesund
überleben. Sachsen hat die niedrigste Säuglingssterblichkeit in
Deutschland.
In Ostsachsen erfolgt die Versorgung von Schwangeren und Neugeborenen in
enger Kooperation mit allen Partnern in der Region – koordiniert im
deutschlandweit einzigen Zentrum für feto/neonatale Gesundheit. Diese
Versorgungsstruktur ist beispielgebend für ganz Deutschland. Sie
garantiert Müttern und Vätern die Sicherheit einer optimalen ärztlichen
wie pflegerischen Versorgung, vor, während und nach der Geburt, unabhängig
davon, ob es sich um eine Risiko- oder Mehrlingsschwangerschaft handelt
oder um eine ganz normal verlaufende Schwangerschaft.
Weitere Informationen
www.ukdd.de/fetoneoZentrum
