Keuchhusten - unterschätzt und gefährlich
Stiftung Kindergesundheit: Die starke Zunahme von Infektionen bedroht vor
allem Babys und ihre FamilienangehörigenSo hoch waren die Zahlen seit zehn Jahren noch nie: Mit 25 271 Fällen
wurden im letzten Jahr mehr als doppelt so viele Keuchhusten-Erkrankungen
in Deutschland gemeldet wie im Jahr 2014. Am häufigsten betroffen waren
Säuglinge in Alter von unter einem Jahr. Dabei haben gerade Babys und
Kleinkinder das bei Weitem größte Risiko eines schweren oder sogar
tödlichen Verlaufs der Krankheit, berichtet die Stiftung Kindergesundheit
in ihrer aktuellen Stellungnahme.
In den Jahren zuvor waren aufgrund der Infektionsschutzmaßnahmen während
der Corona-Pandemie auch die Infektionszahlen an Keuchhusten (medizinisch:
Pertussis) stark rückläufig. Aktuell ist jedoch erneut eine massive
Zunahme zu verzeichnen: Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts Berlin
wurde 2024 die bisher höchste jährliche Fallzahl seit Einführung der
bundesweiten Meldepflicht für Keuchhusten gemeldet. In jenem Jahr starben
sechs Menschen an der Krankheit.
Auch Erwachsene werden angesteckt
Zwar gilt Keuchhusten als eine typische Kinderkrankheit, doch seit einigen
Jahren verlagert sie sich immer mehr ins Jugendlichen- und
Erwachsenenalter. Etwa 60 Prozent der Keuchhustenfälle treten heute bei
Erwachsenen auf. So lag das Durchschnittsalter im Jahr 1995 noch bei 15,1
Jahren und stieg bis zum Jahr 2008 schon auf 41,7 Jahre an.
Nach Hochrechnungen müssen in Deutschland mindestens 1.100 Erwachsene pro
Jahr wegen Keuchhusten stationär behandelt werden.
So können auch Mütter und Väter, ja sogar Großeltern mit ihren Keimen ihre
Kinder oder Enkel anstecken und in höchste Lebensgefahr bringen. Nahezu
jeder Kontakt zu einer erkrankten Person führt zu einer Ansteckung.
Bei Erwachsenen zeigt sich Keuchhusten oft mit dem alleinigen Symptom
„lang anhaltender Husten“ und dauert im Mittel 48 Tage, als Maximum aber
auch mal 72 Wochen! (RKI 2009: Epidemiologische Bulletin Nr. 31). Ein
hoher Anteil der Pertussis-Erkrankungen indes verläuft eher milde und wird
deshalb nicht erkannt.
Die Bakterien der Krankheit verbreiten sich beim Husten, Niesen oder
Sprechen über winzige Tröpfchen aus Mund und Nase und können bis zu einen
Meter in der Luft weiterverbreitet und schließlich eingeatmet werden.
Babys haben oft noch keinen „Nestschutz“
Von einer „harmlosen“ Kinderkrankheit kann dabei nicht die Rede sein,
betont die Stiftung Kindergesundheit: Etwa jedes zweite keuchhustenkranke
Kind muß in einem Krankenhaus stationär behandelt und überwacht werden.
Das Besondere ist bei dieser hoch ansteckenden Infektionskrankheit laut
Stiftung Kindergesundheit: Neugeborene Kinder sind nicht durch den so
genannten Nestschutz, also durch die Antikörper ihrer Mütter vor
Keuchhusten geschützt. Junge Babys sind deshalb besonders gefährdet, sich
bei ihren erkrankten Geschwistern oder bei anderen Personen anzustecken.
Der Husten fängt ganz harmlos an
Die Symptome des Keuchhustens setzen häufig in der Nacht ein und sind
zunächst ganz harmlos: Ein bis zwei Wochen nach der Ansteckung beginnt die
Krankheit mit einem zunächst ganz normal klingenden Husten, der sich
allerdings mit den üblichen Hustenmitteln nicht bessern lässt. Allmählich
wird der Husten immer stärker und heftiger und nimmt dann anfallähnliche
Formen an.
Nach diesem Stadium kommt es dann zu den eigentlichen Keuchhustenanfällen:
Ganze Serien kurzer, harter Hustenstöße folgen hintereinander, dabei
entsteht zunehmend Atemnot. Das Kind läuft rot, manchmal auch blau an und
zieht die Luft mühsam, von einem lauten, krähenden „Hi“ begleitet, durch
die verkrampfte Stimmritze ein. Meist folgt gleich der nächste Anfall. Die
Anfälle werden oft erst durch Erbrechen beendet.
Die krampfartigen Hustenstöße können sehr quälend sein und treten bei
vielen Kindern häufiger nachts als tagsüber auf. Sie führen oft zum
Herauswürgen von zähem, glasigem Schleim und zum anschließenden Erbrechen.
Heimtückisch und extrem langwierig
Die Krankheit ist ein tückisches, extrem langwieriges Leiden: Ihr
Rückbildungsstadium setzt erst nach drei bis sechs Wochen ein. Bei manchem
Kind kann in diesem Stadium jeder unbedeutende Reiz schon zu einem neuen
Hustenanfall führen, viele Kinder entwickeln sogar einen regelrechten
„Keuchhusten-Tic“.
Das Problem dabei: Die an Keuchhusten erkrankten Jugendlichen und
Erwachsenen sind sich meist nicht bewusst, dass ihr hartnäckiger,
trockener Husten ein ansteckender Keuchhusten sein könnte. Bei ihnen
fehlen nämlich häufig die typischen Pertussis-Symptome wie die Attacken
eines bellenden Hustens oder das laute, krächzend-juchzende „Einziehen“
beim Atmen, das zu neuen Hustenstößen führen kann.
Eltern sollten wissen: Keuchhusten lässt sich durch Impfungen verhindern,
betont die Stiftung Kindergesundheit. Die ständige Impfkommission STIKO
beim Robert-Koch-Institut empfiehlt eine Grundimmunisierung gegen
Pertussis im Alter von zwei, vier und elf Monaten.
Schwangere sollten unabhängig von ihrem Impfstatus im dritten Trimenon der
Schwangerschaft geimpft werden, um ihr Kind frühzeitig vor Keuchhusten zu
schützen. Für enge Kontaktpersonen von Babys - also für Eltern, Großeltern
und für das medizinische Personal - wird eine Auffrischimpfung alle zehn
Jahre empfohlen.