Nebenwirkungsmanagement bei Krebs: S3-Leitlinie Supportive Therapie aktualisiert
Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie zur Supportiven
Therapie bei onkologischen Patient*innen aktualisiert. Neu hinzugekommen
sind unter anderem Behandlungsempfehlungen zum Nebenwirkungsmanagement der
Immuntherapie, der Kardio- und zentralen Neurotoxizität sowie zur
Behandlung von Nebenwirkungen bei Bestrahlung des Urogenitaltraktes.
Die
S3-Leitlinie entstand unter Federführung der Deutschen Krebsgesellschaft,
vertreten durch die Arbeitsgemeinschaft „Supportive Maßnahmen in der
Onkologie“, der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie sowie der
Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie.
Die Supportive Therapie ist ein zentraler Baustein in der Krebsbehandlung:
Sie trägt dazu bei Therapienebenwirkungen, wie etwa Hautausschläge,
kardiologische Komplikationen und Magen-Darmprobleme, zu reduzieren und
die Lebensqualität onkologischer Patient*innen während und nach der
Behandlung zu verbessern. Aufgrund der stark veränderten
Therapielandschaft – unter anderem durch den Einsatz von Immuncheckpoint-
Inhibitoren, die spezifische Nebenwirkungen hervorrufen können – ist ein
engmaschiges Nebenwirkungsmanagement aller an der Behandlung beteiligten
Expert*innen unerlässlich. Entsprechend wurde die S3-Leitlinie Supportive
Therapie aktualisiert und um neue Themenkomplexe ergänzt.
Nebenwirkungsmanagement von Immuncheckpoint-Inhibitoren
Immuncheckpoint-Inhibitoren werden in der Krebstherapie mittlerweile bei
vielen Tumorentitäten in der kurativen und palliativen Therapie
eingesetzt. Sie können durch autoimmun-bedingte Entzündung verschiedener
Gewebe oder Organe zu immunvermittelten Nebenwirkungen führen. Das
Nebenwirkungsmanagement ist dabei komplex. „Um das Risiko schwerwiegender
Komplikationen zu minimieren, ist es entscheidend,
patient*innenindividuelle und therapiebezogene Risiken zu kennen, zu
bewerten und eine risikoadaptierte Therapie dieser Nebenwirkungen mit
entsprechendem Monitoring zu etablieren. Deshalb haben wir in der
Leitlinie ein entsprechendes Kapitel zu Immuncheckpoint-Inhibitoren neu
aufgenommen,“ sagt Professorin Karin Jordan vom Klinikum Ernst von
Bergmann. Gemeinsam mit Dr. Franziska Jahn vom Universitätsklinikum
Halle/Saale hat sie die S3-Leitlinie Supportive Therapie koordiniert.
Kardiotoxizität
Tumortherapien können zudem dem kardiovaskulären System langfristig
schaden und so den Therapieverlauf und die Lebensqualität der
Patient*innen teilweise auch nach Ende der Krebstherapie beeinflussen.
Entsprechend wurde die Leitlinie thematisch erweitert. Sie enthält nun
einen detaillierten Überblick über die Risiken verschiedener
Tumortherapeutika, individuelle Risikofaktoren der Patient*innen und
darauf basierende Diagnose-, Monitoring- und Therapieempfehlungen. „Das
Risiko zur Kardiotoxizität hängt sowohl von den Arzneimitteln als auch von
den Vorerkrankungen der Betroffenen ab. Es ist wichtig vulnerable
Patient*innen frühzeitig zu identifizieren und Behandlungsstrategien zu
entwickeln,“ sagt Jahn und ergänzt: „Die Leitlinie gibt zudem Hinweise zur
kardiologischen Nachsorge nach Behandlungsabschluss. Auch das ist ein
wichtiges Thema, denn einige Patient*innen können auch nach erfolgreicher
Therapie an Langzeit-Nebenwirkungen leiden“.
Haut- und Neurotoxizität
Auch Hautreaktionen können eine Nebenwirkung im Rahmen der Krebstherapie
sein. Krebsbetroffene empfinden diese oftmals als stigmatisierend und
berichten von einer deutlichen Beeinträchtigung. Während in der ersten
Fassung der Leitlinie medikamententypische Nebenwirkungen an der Haut, wie
ein Akne ähnlicher Hautausschlag und das Hand-Fuss-Syndrom, dargestellt
wurden, geht das Leitlinienupdate nun auch auf Arzneimittelexantheme (AME)
ein. „In den schweren Varianten, wie dem toxischen Exanthem unter
Chemotherapie oder der toxischen dermalen Nekrolyse, muss das Arzneimittel
unmittelbar abgesetzt werden. Bei leichteren Formen kann auch eine
Pausierung des Medikamentes möglich sein. Wichtig ist auch hier das frühe
Erkennen und eine gute Zusammenarbeit mit Hautärzt*innen,“ sagt Jordan.
Ergänzt wurde die Leitlinie zudem um das Thema Zentrale Neurotoxizität.
Neurotoxische Effekte am zentralen Nervensystem können zu einer Schädigung
der Hirnnerven führen. Betroffene berichten etwa von Hörverlust und
Tinnitus (Ototoxizität) sowie Bewusstseins- und Sehstörungen. „Das
Erscheinungsbild ähnelt häufig anderen schweren Erkrankungen, wie einer
Hirnhautentzündung. Auch wenn die Datenlage zur Zentralen Neurotoxizität
noch begrenzt ist und es oftmals keine wirksame medikamentöse Prophylaxe
gibt, ist es wichtig diese Nebenwirkungen zu erkennen und richtig
einzuschätzen, um die Patient*innenversorgung bestmöglich zu
gewährleisten,“ so Jahn.
Nebenwirkungen Strahlentherapie: Urogenitaltrakt
Bei Bestrahlungen der Blase, der Prostata, des Rektums, der Gebärmutter
und der Eierstöcke kann es unter anderem zu Inkontinenz, erektiler und
sexueller Beeinträchtigungen kommen. Themen, die Krebserkrankte oft stark
beschäftigen. In der S3-Leitlinie sind evidenzbasierte Empfehlungen zur
Prophylaxe und Therapie neu aufgenommen, um auch hier Beschwerden zu
lindern.
Die S3-Leitlinie ist auf dieser Webseite abrufbar: https://www
.leitlinienprogramm-onkologie.
Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert.
Weitere Informationen unter: https://www.leitlinienprogramm
onkologie.de/app
Das Leitlinienprogramm Onkologie
Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für
Leistungserbringer sowie Patientinnen und Patienten zur angemessenen
Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein
wesentliches Instrument zur Förderung von Qualität und Transparenz
medizinischer Versorgung dar. Die Arbeitsgemeinschaft der
Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche
Krebsgesellschaft e. V. und die Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im
Februar 2008 gestarteten Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt,
gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung sowie den Einsatz
wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie
zu fördern und zu unterstützen. Mittlerweile umfasst das
Leitlinienprogramm 36 S3-Leitlinien, die zu einem großen Teil auch als
laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen. Mehr unter: https://www
.leitlinienprogramm-onkologie.
Deutsche Krebsgesellschaft e. V.
Die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) – eine Nachfolgeorganisation
des 1900 gegründeten „Comité für Krebssammelforschung“ – ist die größte
wissenschaftlich-onkologische Fachgesellschaft im deutschsprachigen Raum.
Die über 8.300 Einzelmitglieder in 25 Arbeitsgemeinschaften, die 16
Landeskrebsgesellschaften und 33 Fördermitglieder sind in der Erforschung
und Behandlung von Krebserkrankungen tätig. Die DKG engagiert sich für
eine Krebsversorgung auf Basis von evidenzbasierter Medizin,
Interdisziplinarität und konsequenten Qualitätsstandards, ist
Mitinitiatorin des Nationalen Krebsplans und Partnerin der „Nationalen
Dekade gegen Krebs“. Mehr: https://www.krebsgesellschaft.
Die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e. V. (DEGRO)
Die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e. V. (DEGRO) wurde als die
wissenschaftliche Gesellschaft der in der Radioonkologie tätigen Ärzte,
Medizinphysiker und Strahlenbiologen Deutschlands 1995 gegründet. Seitdem
fördert die Gesellschaft die wissenschaftlichen Bereiche der
Strahlenphysik, der Strahlenbiologie und der Klinischen Forschung
insbesondere im Bereich der Onkologie, um eine immer weiter verbesserte
und damit zukunftsfähige wissenschaftliche Grundlage der Radioonkologie
sicherstellen zu können. Die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis, die
ethischen Normen sowie gesetzliche Regelungen bilden hierbei die Basis.
Mehr: https://www.degro.org/
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V.
(DGHO)
Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V.
(DGHO) besteht seit 85 Jahren und hat heute mehr als 4.000 Mitglieder, die
in der Erforschung und Behandlung hämatologischer und onkologischer
Erkrankungen tätig sind. Mit ihrem Engagement in der Aus-, Fort- und
Weiterbildung, dem Onkopedia-Projekt, mit der Wissensdatenbank und der
Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungsseminaren sowie mit ihrem
gesundheitspolitischen Engagement fördert die Fachgesellschaft die
hochwertige Versorgung von Patient*innen im Fachgebiet. In mehr als 30
Themen-zentrierten Arbeitskreisen engagieren sich die Mitglieder für die
Weiterentwicklung der Hämatologie und der Medizinischen Onkologie.
Informationen unter: https://www.dgho.de/