Herzinfarkt bei jungen Frauen: Oft steckt Riss im Herzgefäß dahinter

Keine Risikofaktoren – und dennoch plötzlich ein Herzinfarkt? Bei einer
kleinen Gruppe von typischerweise relativ jungen Frauen kann das
passieren. Sie erleiden einen Riss in der Wand des Herzkranzgefäßes: eine
spontane Koronar-Dissektion (SCAD).
Betroffen sind vor allem junge Frauen ohne Risikofaktoren für Herz-
Kreislauf-Erkrankungen: Gut ein Drittel aller Herzinfarkte bei Frauen
unter 50 ist die Folge eines plötzlichen Risses in der Wand eines
Herzkranzgefäßes und nicht – wie meistens – verursacht durch
atherosklerotische Ablagerungen aus Blutfetten, Blutgerinnseln und Kalk
(Plaques) in den Gefäßen. Das in der Fachsprache spontane Koronargefäß-
Dissektion (SCAD) genannte Phänomen tritt zwar selten auf, ist jedoch
lebensbedrohlich. Und zwar spalten sich einzelne Wandschichten eines
Herzkranzgefäßes plötzlich auf oder es platzt ein kleines Gefäß in der
Blutgefäßwand. Es sammelt sich Blut an, es entsteht ein Bluterguss, der
das Gefäß verengt und einen normalen Blutfluss verhindert. Wird das Gefäß
vollständig blockiert, wird das Herz nicht mehr ausreichend mit Blut und
Sauerstoff versorgt. Es kommt zu einem Herzinfarkt. Beim Herzinfarkt zählt
jede Minute, deshalb muss sofort unter der Notrufnummer 112 der
Rettungsdienst alarmiert werden. Je schneller der Herzinfarkt behandelt
wird, desto höher sind die Chancen, keine schwerwiegenden Folgen
davonzutragen oder nicht daran zu sterben (Infos:
https://herzstiftung.de/herzin
Leitsymptom sind starke Schmerzen im Brustkorb
„Typischerweise trifft es relativ junge Frauen, die keine Herz-Kreislauf-
Risikofaktoren haben“, erklärt der Kardiologe und Pharmakologe Prof. Dr.
Thomas Meinertz, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat und Chefredakteur
der Deutschen Herzstiftung in HERZ heute. Die Gefahr: „Dadurch, dass die
Wand des Blutgefäßes plaquefrei und glatt ist, breitet sich der Riss
besonders weit aus“, fügt der Herzspezialist hinzu. Das auffälligste
Symptom unter dem die betroffenen Frauen leiden, sind die anhaltenden
starken Schmerzen im Brustkorb. „Ein Riss im Herzen“ lautet denn auch der
Titel eines Experten-Beitrags von Prof. Meinertz in der aktuellen Ausgabe
der Herzstiftungs-Zeitschrift HERZ heute 1/2025, in dem es ausführlich um
das Ereignis der spontanen Koronargefäß-Dissektion geht die Diagnose,
Ursachen und Auslösern sowie Behandlung der gravierenden Folgen. Ein
Probeexemplar kann kostenfrei bei der Herzstiftung unter Tel. 069
955128-400 oder unter https://herzstiftung.de/bestel
werden.
Eine Mischung mehrerer Faktoren kann eine SCAD auslösen
„Meistens ist bei den betroffenen Frauen ein Mix aus Veranlagung sowie
starker körperlicher und/oder emotionaler Belastung für eine spontanen
Koronargefäß-Dissektion verantwortlich“, betont Prof. Meinertz. Ursächlich
können beispielsweise ein fehlerhafter Aufbau der Gefäßwand sein, eine
Gefäßinnenwandschwäche durch hormonelle Einflüsse etwa bei einer
Schwangerschaft, bei Unfruchtbarkeitsbehandlungen, Pillen-Einnahme oder
einer Hormontherapie nach den Wechseljahren. Auch ein erblich bedingtes
Bindegewebsleiden oder chronisch-entzündliche Erkrankungen können zugrunde
liegen. Kommen Faktoren wie psychischer Stress, extreme körperliche
Belastung und/oder Drogenmissbrauch dazu, können diese einen Riss im
Herzkranzgefäß auslösen.
Mit welchen Symptomen sich eine SCAD ankündigt
Je nachdem wie ausgeprägt die Durchblutungsstörung im Herzkranzgefäß
(Ischämie) ist, erleiden rund 30 Prozent der Betroffenen einen
Herzinfarkt. Neben den Brustschmerzen, die in den Kiefer, die Arme,
Schultern oder den Rücken ausstrahlen können, haben sie ein Druck- oder
Engegefühl, oft Übelkeit und Erbrechen, Schweißausbrüche und
Atembeschwerden. Bei den übrigen 70 Prozent ist ein Akutes Koronarsyndrom
(ACS) die Folge, bei dem sich lokal ein Blutgerinnsel (Thrombus) bildet,
welches das Gefäß massiv verengt oder gar verschließt. „Dabei können
lebensbedrohliche Rhythmusstörungen in der Herzkammer auftreten, bei
weniger als einem Prozent der Fälle kommt es zum plötzlichen Herztod“,
betont der emeritierte Direktor des Universitären Herzzentrums Hamburg am
UKE.
Gefäßriss erkennen: Welche Diagnoseverfahren kommen zum Einsatz?
Ob ein Herzinfarkt oder ein Akutes Koronarsyndrom vorliegt, lässt sich im
Elektrokardiogramm (EKG) durch spezielle Veränderungen erkennen. Eine
Blutuntersuchung zeigt, ob das Eiweiß Troponin erhöht ist, ein Zeichen
dafür, dass Herzmuskelzellen absterben. Um die Diagnose zu sichern, wird
eine Koronarangiografie vorgenommen, das ist eine Röntgenuntersuchung des
Innenraums der Herzkranzgefäße (Infos unter https://herzstiftung.de/herz-
ct). Oftmals ist zusätzlich ein Ultraschall innerhalb des Gefäßes nötig
oder eine sogenannte optische Kohärenztomografie (OTC), um mittels
Infrarotlicht die koronare Gefäßwand mit hoher Auflösung darzustellen.
Relativ gute langfristige Prognose – aber Risiko für Rückfall beachten
Für die Behandlung werden in der Regel zunächst Medikamente wie Heparin
und Acetylsalicylsäure (ASS) gegeben, um die Blutgerinnung zu hemmen. Im
Falle eines Herzinfarktes muss außerdem sofort eine Perkutane
Koronarintervention (PCI) erfolgen; bei einem ACS sollte dies innerhalb
von 24 Stunden geschehen. Dabei wird ein dünner Schlauch (Katheter) über
einen Zugang an der Leiste über die Blutgefäße bis zu den Herzkranzgefäßen
geschoben, die Verengung (Stenose) erweitert und mittels einer
Gefäßstützte (Stent) offengehalten. Ist das nicht möglich, kann eine
Bypass-Operation notwendig sein, in der die Stenose mit Adern oder Venen
aus dem Körper überbrückt werden. Die gesunden Gefäße werden vor den
Engstellen auf die Herzkranzgefäße aufgenäht, so dass das Blut ungehindert
zum Herzen fließen kann (Infos: https://herzstiftung.de/korona
herzkrankheit).
Manchmal hat sich beim Kathetereingriff die Engstelle auch schon von
alleine geöffnet. „Ist der Riss im Herzkranzgefäß nur minimal und wird das
Herz ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt, bevorzugen die
behandelnden Ärzte eine konservative Therapie“, erklärt der Hamburger
Kardiologe. Das heißt, die Patientinnen werden über etwa fünf Tage im
Krankenhaus beobachtet. In dieser Zeit kann auch der Riss ausheilen. Eine
anschließende Rehabilitationsbehandlung hilft den Frauen wieder körperlich
auf die Beine und das Geschehen psychisch zu verarbeiten. Danach sind
regelmäßige Kontrolluntersuchungen des Herzens ratsam, da in den nächsten
zehn Jahren ein erhöhtes Risiko für ein Rezidiv (Rückfall) von bis zu 30
Prozent besteht. Grund sind insbesondere fortbestehende Risikofaktoren wie
Bluthochdruck, Bindegewebsstörung oder genetische Vorbelastung. „Die
Prognose einer spontanen Koronargefäß-Dissektion ist relativ gut. Mehr als
95 Prozent der Betroffenen überleben langfristig. Wegen des Rezidivrisikos
sind allerdings regelmäßige Kontrollen des Herzens durch einen Kardiologen
wichtig“, resümiert Prof. Meinertz.
(weg)
Herzstiftungs-Zeitschrift HERZ heute
Mehr Informationen rund um das Thema der spontanen Koronar-Dissektion
(SCAD) bietet die Herzstiftung in der Ausgabe 1/2025 ihrer Zeitschrift
HERZ heute mit dem Titel „Der große kleine Unterschied – Warum eine
geschlechtersensible Herzmedizin wichtig ist“. Ein Probe-Exemplar dieser
Ausgabe kann kostenfrei unter Tel. 069 955128-400 oder unter
https://herzstiftung.de/bestel