Weltmalariatag: 125 Jahre Forschung zu einer oft tödlichen Krankheit
Malaria gehört nach wie vor zu den
gefährlichsten Infektionskrankheiten der Welt: Nach dem jüngsten
Weltmalaria-Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkrankten 2023
über 260 Millionen Menschen, mehr als eine halbe Million starben – die
meisten davon Kinder unter fünf Jahren in Afrika.
Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) widmet sich der
Malariaforschung seit seiner Gründung vor 125 Jahren. Am Vorabend des
Weltmalariatags lud das Institut zu einer öffentlichen Infoveranstaltung
ein – mit Einblicken in die Geschichte und Gegenwart der Forschung:
• Prof. Dr. Rolf Horstmann, ehemaliger Vorstandsvorsitzender des
BNITM, berichtete von genetischen Schutzmechanismen gegen schwere
Malariaverläufe bei Kindern in Ghana.
• Dr. Nicole Gilberger, Biologin am Institut, blickte zurück auf
mehr als ein Jahrhundert Forschung – vom Medikament Chinin bis zur Giemsa-
Färbung.
• Dr. Tobias Spielmann, Zellbiologe und Parasitologe, erklärte, wie
sein Team dem Malaria-Erreger auf molekularer Ebene auf die Schliche kommt
– insbesondere dort, wo das Nobelpreis-gekrönte Medikamente Artemisinin
nicht mehr wirkt.
Eine Krankheit mit Geschichte – und aktuellen Herausforderungen
Bereits um 1900 waren Malariaerkrankungen ein zentrales Thema am damaligen
„Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten“ – insbesondere bei
Seeleuten, die aus Übersee nach Hamburg kamen. Die Diagnoseverfahren
wurden am BNITM maßgeblich weiterentwickelt: Die heute weltweit verwendete
Giemsa-Färbung zur Darstellung des Erregers im Blut stammt aus einem Labor
des Instituts.
Seitdem hat die Forschung viel erreicht – vom klinischen Alltag bis zur
Hochtechnologie. Heute untersuchen BNITM-Forschende unter anderem, wie
Malariaparasiten sich genetisch anpassen, wie sie sich in menschlichen
Blutzellen verstecken – und wie neue Therapien gezielt wirken können.
Prof. Dr. Jürgen May, Vorstandsvorsitzender des BNITM: „Malaria ist nicht
nur eine Krankheit der Vergangenheit – sie bleibt eine Herausforderung für
die globale Gesundheit. Trotz großer Fortschritte sterben jedes Jahr
hunderttausende Menschen daran. Als Forschungsinstitut tragen wir
Verantwortung, neue Wege zur Bekämpfung zu finden. Doch dafür braucht es
Verlässlichkeit: Die Rückschläge während der Corona-Pandemie und aktuelle
Budgetkürzungen – etwa in den USA – zeigen, wie gefährlich politische
Kurzsichtigkeit ist. Globale Gesundheitsforschung braucht stabile
Finanzierung, gerade in Krisenzeiten.“
Malariaforschung heute: international und interdisziplinär
Am BNITM arbeiten Forschende aus vielen Disziplinen eng mit Partnern in
Afrika, Asien und Südamerika zusammen. Aktuelle Schwerpunkte sind:
• Resistenzforschung
Warum wirkt Artemisinin nicht mehr überall?
• Immunologie und Wirt-Parasit-Interaktionen
Wie reagiert das Immunsystem – und wie gelingt es dem Parasiten, es zu
umgehen oder zu täuschen?
• Zellbiologie und molekulare Parasitologie
Wie dringt der Parasit in menschliche Zellen ein? Wo gibt es Ansatzpunkte,
ihn dabei gezielt zu stören?
• Bildgebung und Diagnostik
Wie lässt sich die Infektion sichtbar machen – und was verraten uns
einzelne Zellen über den Krankheitsverlauf?
• Klinische Studien und Medikamententests
Wie effektiv sind neue Therapien, und wie lässt sich ihre Wirksamkeit
unter realen Bedingungen messen?
Über das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM)
Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) ist Deutschlands
größte Einrichtung für Forschung, Versorgung und Lehre auf dem Gebiet
tropentypischer und neu auftretender Infektionskrankheiten. Seit jeher
werden BNITM-Forschungsschwerpunkte unter dem Aspekt der Globalen
Gesundheit/One Health betrachtet sowie unter dem Aspekt der Translation –
des Transfers von Grundlagenforschung in die Anwendung. Dieser
Forschungsansatz spiegelt sich auch in den fünf Sektionen des Instituts
wider: Pathogen (Erreger) -> Interface (Immunologie, Wirt/Erreger) ->
Patient (Klinik) -> Population (Epidemiologie) -> Implementation
(erfolgreiche Etablierung des Wissens).
Aktuelle thematische Schwerpunkte bilden Malaria, hämorrhagische
Fieberviren, vernachlässigte Tropenerkrankungen (NTDs), Immunologie,
Epidemiologie und die Klinik tropischer Infektionen sowie die Mechanismen
der Übertragung von Viren durch Stechmücken. Für den Umgang mit
hochpathogenen Viren und infizierten Insekten verfügt das Institut über
Laboratorien der höchsten biologischen Sicherheitsstufe (BSL4) und ein
Sicherheits-Insektarium (BSL3). Die mobilen Laboratorien des BNITM stehen
für die globale Ausbruchsbekämpfung hochpathogener oder hochinfektiöser
Viren bereit.
Das BNITM ist Nationales Referenzzentrum für den Nachweis aller tropischen
Infektionserreger, Konsiliarlabor für Bornaviren, WHO-Kooperationszentrum
für Arboviren und hämorrhagische Fieberviren, WHO-Kooperationszentrum für
Verhaltensforschung zur Förderung Globaler Gesundheit und ein Institut in
der Leibniz-Gemeinschaft.
Gemeinsam mit dem ghanaischen Gesundheitsministerium und der Universität
von Kumasi betreibt das BNITM ein modernes Forschungs- und
Ausbildungszentrum im westafrikanischen Regenwald, das auch externen
Arbeitsgruppen zur Verfügung steht. Darüber hinaus pflegt das Institut
zahlreiche weitere Kooperationen in Afrika, Asien und Lateinamerika.