Gesundheitswesen im Umbruch: Kardiologische Versorgung von Herzpatienten sicherstellen
Wie lässt sich in Krisen- und Umbruchszeiten eine vernünftige
kardiologische
Versorgung bei geänderten Rahmenbedingungen in Deutschland sicherstellen?
Auf
Einladung der Deutschen Herzstiftung und des Bundesverbands
Niedergelassener
Kardiologen (BNK) diskutierten in Berlin Entscheider im Gesundheitswesen
über die ambulante und stationäre Versorgung herzkranker Menschen
Deutschlands Gesundheitssystem befindet sich in einer Phase des massiven
Umbruchs, die auch die ambulante und stationäre kardiologische Versorgung
in Deutschland vor enorme Herausforderungen stellt. Sparzwänge im
Gesundheitswesen, eine alternde Bevölkerung, chronischer Fachkräftemangel
in der Medizin und Versäumnisse in Bürokratieabbau und Digitalisierung von
Verwaltungs- und Versorgungsstrukturen erschweren eine bedarfsgerechte
Verfügbarkeit kardiologischer Leistungen in Deutschland. Die
Krankheitskosten für die Versorgung von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-
Systems beliefen sich allein im Jahr 2020 auf 56,7 Mrd. Euro (davon akuter
Herzinfarkt: 2,81 Mrd. Euro, Bluthochdruck: 6,56 Mrd. Euro) (1). Zugleich
stehen umfassende strukturelle Veränderungen im Zuge der Krankenhausreform
bevor, die Ärztinnen und Ärzte ebenso wie Patientinnen und Patienten vor
völlig neue Herausforderungen stellen.
Führende Vertreterinnen und Vertreter aus dem Gesundheitswesen
diskutierten in einem Expertengespräch auf Einladung der Deutschen
Herzstiftung und des Bundesverbands Niedergelassener Kardiologen (BNK) in
Berlin, welche Anstrengungen nötig sind, um eine vernünftige
kardiologische Versorgung bei geänderten Rahmenbedingungen
sicherzustellen.*
Herzerkrankungen sind für die meisten Krankenhausaufnahmen verantwortlich.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen verzeichnen die höchste Sterblichkeit und die
höchste Last durch Hospitalisierungen in Deutschland, allein die koronare
Herzkrankheit (KHK) mit rund 538.300 Klinikeinlieferungen im Jahr 2022 in
Deutschland (2). Am Herzinfarkt verstarben 2023 über 43.800 Menschen (3).
Die Herzinfarktsterblichkeit ist – nicht nur im ländlichen Raum, sondern
auch in Ballungsräumen – weiterhin hoch. „Die aktuelle politische
Situation und die Krankenhausreform darf im Fall von Schließungen von
Kliniken oder Fachabteilungen auf keinen Fall zu Engpässen in der
kardiologischen Versorgung führen. Für Herzpatienten muss – besonders in
akuten Notsituationen – der Zugang zur kardiologischen Versorgung
sichergestellt sein“, betont der Vorstandsvorsitzende der Deutschen
Herzstiftung Prof. Dr. Thomas Voigtländer. „Die Krankenhausreform bietet
die einmalige Chance für eine zukunftsfähige und vor allem bedarfsgerechte
Umgestaltung der ambulanten und stationären Versorgung, die den
Bedürfnissen chronisch herzkranker Menschen gerecht wird“, fügt Dr.
Norbert Smetak, Vorsitzender des Bundesverbands Niedergelassener
Kardiologen (BNK), hinzu.
Die Expertinnen und Experten identifizierten unter anderem folgende
Kernbereiche für die Sicherstellung der kardiologischen Versorgung:
1. Prävention und Gesundheitskompetenz: Auch mit Zuständigkeiten auf
Bundes- und Länderebene (Gesundheits- bzw. Gesundheits-, Sozial- und
Kultusministerien) – in Kooperation mit Krankenkassen und
Gesundheitsorganisationen wie beispielsweise Deutsche Herzstiftung.
2. Stärkung der Patientensteuerung durch Einführung von verbindlichen
Überweisungsvorbehalten, auch z.B. durch hausarztzentrierte Versorgung,
mit dem Ziel der bedarfsgerechten Inanspruchnahme niedergelassener
Kardiologen.
3. Intensivieren der ambulanten Versorgung: Ambulantisierung operativer
und interventioneller Verfahren (Verbessern des Hybrid-DRG-
Abrechnungssystems) und sektorenverbindende Strukturen (Telemedizin,
Telemonitoring).
4. Stärkung der stationären Versorgung durch Schwerpunktbildung in den
kardiovaskulären Versorgungsbereichen: Zentrenbildung und kleinere
regionale Kliniken und ambulante Strukturen („Satelliten“) für
Versorgungssicherheit im ländlichen Raum; mehr digitale Strukturen für
mehr Versorgungseffizienz.
5. Weiterbildungsprogramme im stationären und ambulanten Setting für Ärzte
im ländlichen Raum als Voraussetzung für Kontinuität der stationären
Versorgung.
Insgesamt müsse sich Deutschlands Gesundheitswesen wesentlich mehr den
Anforderungen der Prävention stellen und die Versorgung sehr viel moderner
mit einer Stärkung der ambulanten und sektorenverbindenden Strukturen
gestalten.
(wi)
*Vertreter folgender Institutionen diskutierten über eine „Vernünftige
kardiologische Versorgung bei geänderten Rahmenbedingungen“
Leitung des Expertengesprächs:
Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Deutsche Herzstiftung e. V.
Dr. Norbert Smetak, Bundesverband Niedergelassener Kardiologen (BNK)
Weitere beteiligte Institutionen:
Arbeitsgemeinschaft Leitende Kardiologische Krankenhausärzte (ALKK)
AOK Baden-Württemberg
Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern
BKK Dachverband
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK)
Gemeinsamer Bundesausschuss – G-BA
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI)
Gäste:
Referentinnen des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der
Patientinnen u.
Patienten
Pathways Public Health, Berlin
Literatur
(1) Statistisches Bundesamt (Destatis), Pressemitteilung Nr. 316 vom 27.
Juli 2022:
https://www.destatis.de/DE/Pre
(2) Deutsche Herzstiftung (Hg.), Deutscher Herzbericht – Update 2024,
Frankfurt a. M. 2024
(3) Statistisches Bundesamt (Destatis)/Stand: 21.02.2025:
https://wwwgenesis.destatis.de