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Chirurginnen gelingt Erfolg für mehr Normalität von Schwangeren am Skalpell

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Deutschlands Chirurginnen haben mit dem Konsensuspapier zum Thema
„Operative Tätigkeiten in Schwangerschaft und Stillzeit“ einen Meilenstein
erreicht. Es bietet umfassende Informationen und Empfehlungen, um
schwangere Chirurginnen, aber auch Betriebs- und Arbeitsmediziner,
Führungskräfte und Behörden besser zu informieren und zu unterstützen, was
letztlich zu einer sichereren Arbeitsumgebung und besseren
Karriereperspektiven führt.

Denn immer noch wird durch Unsicherheit und Unwissenheit nach dem Motto
„Sicher ist sicher“ in vielen Kliniken im Falle einer Schwangerschaft ein
pauschales betriebliches Beschäftigungsverbot ausgesprochen. Und das,
obwohl die operative Tätigkeit von Schwangeren nach der Überarbeitung des
Mutterschutzgesetzes seit 2018 mit einer individuellen
Gefährdungsbeurteilung ausdrücklich erlaubt ist. „Bisher gibt es kein
vergleichbares Dokument, weder für andere Berufe noch für andere
medizinische Fachrichtungen. Die Arbeitsplatzgestaltung von Schwangeren
und Stillenden wird damit immer mehr an Sicherheit und vor allem
Normalität gewinnen“, sagt Professor Dr. Markus Scheibel,
stellvertretender Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und
Unfallchirurgie (DGOU).

Die 50-seitige Broschüre beinhaltet sogenannte Positivlisten, die
Operationen und Eingriffe aufführen, bei denen Schwangere unter Einhaltung
von Schutzmaßnahmen unbedenklich zum Skalpell greifen dürfen. Sie wurden
von den jeweiligen wissenschaftlichen Fachgesellschaften freigegeben und
liegen für folgende 14 chirurgischen Fächer vor: Dermatologie,
Gefäßchirurgie, Gynäkologie/Geburtshilfe, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde,
Herzchirurgie, Kinderchirurgie, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie,
Neurochirurgie, Ophthalmochirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie,
Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Thoraxchirurgie,
Urologie, Viszeralchirurgie.
Zuvor werden nicht nur grundlegende Sicherheitsaspekte am Arbeitsplatz
erläutert, sondern auch spezifische Empfehlungen zu klassischen
Risikothemen wie Infektionsgefahr, Strahlenschutz und Narkosegase gegeben.
„Das Konsensuspapier dient damit als praktische Hilfestellung und
Leitfaden für das Erstellen der im Mutterschutzgesetz geforderten
individuellen Gefährdungsbeurteilung“, sagt Dr. Maya Niethard, die als
Leiterin der DGOU-Initiative Operieren in der Schwangerschaft (OPidS) vor
zehn Jahren das Thema angestoßen hat. Diese Initiative trug zur
Reformierung des Mutterschutzgesetzes im Jahr 2018 bei.

Mit dem Konsensuspapier erfährt OPidS eine bedeutende Weiterentwicklung.
Dahinter steht ein interdisziplinäres Team von Expertinnen, die
verschiedene Aspekte beleuchtet haben: Hauptverantwortliche für das
Erstellen der Positivlisten war Dr. Andrea Kreuder (Gynäkologie und
Geburtshilfe), die zusammen mit den Autorinnen Dr. Maya Niethard
(Orthopädie und Unfallchirurgie), Prof. Dr. habil. Doreen Richardt
(Herzchirurgie und Gefäßchirurgie) und PD Dr. Barbara Puhahn-Schmeiser
(Neurochirurgie) die klinische Seite für alle beteiligten
Fachgesellschaften vertreten. Das arbeitsmedizinische Wissen brachte Prof.
Dr. Dr. Sabine Wicker ein. Ein äußerst wichtiger Bereich, da die
Betriebsmedizin sowohl den Arbeitgeber als auch die Beschäftigten bei der
Umsetzung des Mutterschutzgesetzes berät. An der Darstellung der
mutterschutzrechtlichen Basics hat Marianne Weg, Expertin des Deutschen
Juristinnenbundes für Fragen des Arbeits- und Mutterschutzes, mitgewirkt.
Zudem beteiligten sich für die Positivlisten jeder einzelnen
Fachgesellschaft eine Vielzahl von Autorinnen und Autoren.

Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) hat die Herausgeberschaft
für die Broschüre übernommen. Sie gibt die im Konsens erarbeiteten und
verabschiedeten Positivlisten den obersten Landesbehörden, die für
Arbeitsschutz und Mutterschutz verantwortlich sind, dem Ausschuss für
Mutterschutz (AfMu) vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend (BMFSFJ) sowie den zuständigen Berufsgenossenschaften weiter.
„Wir würden es begrüßen, wenn diese aus der Erfahrung sowie
wissenschaftlicher Evidenz vorliegenden Erkenntnisse nun schnell in der
Praxis ankommen und die Arbeitsplatzgestaltung von Schwangeren und
Stillenden als ganz normale betriebliche Aufgabe gelebt wird“, sagt DGCH-
Generalsekretär Prof. Dr. Thomas Schmitz-Rixen.

Die Ziele des Konsensuspapiers im Überblick:
•       Unsicherheiten und Fehlinformationen abbauen sowie Weiterbildungs-
und Karrieremöglichkeiten fördern, indem pragmatische
Handlungsempfehlungen gegeben werden.
•       Diskriminierung in der Chirurgie reduzieren.
•       Förderung von Frauen in der Chirurgie stärken.
•       Beschäftigung und Weiterbildung hochqualifizierter Chirurginnen
sicherstellen und so die Patientenversorgung auch langfristig
aufrechterhalten.

Download der Broschüre „Operative Tätigkeiten in Schwangerschaft und
Stillzeit“, 2024:
www.opids.de/aktuelles/presse/infomaterial

Mehr Informationen:
1) www.opids.de
2) Sendung: Benachteiligt und gemobbt - Schwangere Ärztinnen in Kliniken,
REPORT Mainz vom 05.03.2024 | ARD Mediathek
www.ardmediathek.de/video/report-mainz/report-mainz-vom-05-03-2024/das-
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