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Sie leiden unter Schlafstörungen, Migräne, Long-COVID oder Depression? Dann regelmäßig den Blutdruck prüfen!

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Am 24.06.2023 wurde die neue Bluthochdruckleitlinie der „European Society
of Hypertension“ (ESH) publiziert. Darin werden erstmals zehn neue
Begleiterkrankungen aufgeführt, die das kardiovaskuläre Risiko von
Menschen mit Bluthochdruck erhöhen. Die davon betroffenen Patientinnen und
Patienten sollten besonders auf ihre Blutdruckeinstellung achten. Ebenso
sollte bei Menschen mit diesen Begleiterkrankungen, darunter
Schlafstörungen, Migräne, Long-COVID, Depression, nicht alkoholischer
Lebererkrankung, COPD oder chronischen entzündlichen Erkrankungen,
regelmäßig ein Screening auf Bluthochdruck erfolgen.

Bekannt ist, dass Übergewicht und Diabetes mellitus häufig mit
Bluthochdruck einhergehen. Kommt alles drei zusammen, spricht man vom
sogenannten „metabolischen Syndrom“, das mit einem sehr hohen Risiko für
gefährliche Herz- und Gefäßerkrankungen einhergeht. Das ist der Grund,
warum bei Menschen mit Übergewicht oder mit Diabetes mellitus gezielt auf
den Blutdruck geschaut wird. Diese Patientinnen und Patienten werden auch
zur regelmäßigen Selbstmessung ermuntert.

Verschiedene Studien der letzten Jahre haben gezeigt, dass es aber noch
deutlich mehr Erkrankungen gibt, die häufig zusammen mit Bluthochdruck
auftreten und die Prognose der Betroffenen verschlechtern. Die neue
europäische Blutdruckleitlinie der ESH hat nun gleich zehn neue
Begleiterkrankungen in den Katalog aufgenommen. Menschen, die diese
aufweisen und gleichzeitig zu hohe Blutdruckwerte haben, sind stark
gefährdet, sog. kardiovaskuläre Erkrankungen wie einen Herzinfarkt oder
einen Schlaganfall zu erleiden. „Es ist daher extrem wichtig, dass wir
Ärztinnen und Ärzte auch bei Menschen mit diesen Krankheiten auf den
Blutdruck achten und bei Bedarf eine blutdrucksenkende Therapie
einleiten.“ Dieses Fazit zieht Prof. Markus van der Giet,
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga.

Um welche Erkrankungen handelt es sich dabei? Neu wurde die nicht
alkoholbedingte Lebererkrankung, auch „Fettleber“ genannt, in die Liste
der Komorbiditäten aufgenommen. Dieser Zusammenhang ist nicht
überraschend: Wer sich schlecht bzw. viel zu reichhaltig ernährt, so dass
die Leber verfettet, hat mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auch
Übergewicht und nicht selten in Folge einen Typ-2-Diabetes und/oder
Bluthochdruck und damit ein deutlich erhöhtes kardiovaskuläres Risiko.
Auch ein nicht-medikamentös einstellbarer Bluthochdruck ist auf der Liste
zu finden, denn er führt zu Folgeschäden an Herz, Gefäßen und Nieren.
Bluthochdruck erhöht aber auch das kardiovaskuläre Risiko bei Menschen mit
chronischer obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), Gicht oder chronischen
entzündlichen Erkrankungen wie beispielsweise rheumatoide Arthritis oder
Morbus Crohn.
Ebenfalls neu – und auch etwas überraschend – ist, dass die
kardiovaskuläre Risikoerhöhung auch bei dem Aufeinandertreffen von
Bluthochdruck mit Schlafstörungen, Depression, Migräne, erektiler
Dysfunktion oder chronischen Infektionen – als Beispiel wird in den
Leitlinien Long-COVID genannt – besteht. „Auch wenn man hier auf den
ersten Blick keinen pathophysiologischen Zusammenhang sieht, ist die
Datenlage so eindeutig, dass nun auch diese Erkrankungen als gefährliche
Begleiterkrankungen von Bluthochdruck in der Leitlinie gelistet werden“,
betont Prof. van der Giet.

Doch was heißt das für die Betroffenen? „Bei Menschen mit Bluthochdruck,
die an einer dieser Erkrankungen leiden, muss die Blutdruckeinstellung
sehr konsequent erfolgen. Die Betroffenen sollten über ihr erhöhtes
kardiovaskuläres Risiko informiert werden, damit sie die blutdrucksenkende
Therapie ernst nehmen und auch durch Lebensstilumstellungen aktiv dazu
beitragen, eine weitere Risikoreduktion zu erreichen“, so der
Vorstandsvorsitzende der Deutschen Hochdruckliga.

Der Experte hebt aber noch eine weitere Konsequenz hervor, die sich aus
dem Wissen über die neuen Komorbiditäten ergibt. „Menschen, die an diesen
Erkrankungen leiden, also z. B. an Long-COVID, Depression, Schlafstörungen
oder Migräne, sollten verstärkt auf ihre Blutdruckwerte achten. Denn viele
ahnen nichts von diesem Zusammenhang und merken nicht, dass sie zusätzlich
auch an Bluthochdruck leiden. Die rechtzeitige Diagnose ist umso
wichtiger, da Bluthochdruck gut behandelbar ist. Wird er frühzeitig
erkannt und behandelt, kann das kardiovaskuläre Risiko der Menschen mit
diesen Erkrankungen dadurch auf den Normalwert gesenkt werden.“ Granz
praktisch rät Prof. van der Giet allen Menschen, die unter
Schlafstörungen, Migräne, Long-COVID oder Depression, nicht alkoholischer
Lebererkrankung, COPD, Gicht, erektiler Dysfunktion  oder chronischen,
entzündlichen Erkrankungen zu einer regelmäßigen Überprüfung der
Blutdruckwerte. „Die neuen Leitlinien geben die klare Empfehlung, dass bei
allen Menschen ab dem 40. Lebensjahr sowie bei allen Risikopatientinnen
und -patienten, egal welchen Alters, regelmäßig ein Screening auf
Bluthochdruck erfolgen sollte. Es ist wichtig, dass auch die Menschen, die
unter den in der Leitlinie neu aufgeführten, risikoassoziierten
Krankheiten leiden, wissen, dass sie zu den Risikogruppen zählen.“

Die zehn neuen Komorbiditäten im Überblick
1.      Resistente Hypertonie
2.      Nicht alkoholbedingte Lebererkrankung
3.      COPD
4.      Chronisch entzündliche Erkrankungen
5.      Gicht
6.      Schlafstörungen
7.      Depression
8.      Migräne
9.      Erektile Dysfunktion
10.     Chronische Infektionen (z. B. Long-COVID)

Quelle: 2023 ESH Guidelines for the management of arterial hypertension.
The Task Force for the management of arterial hypertension of the European
Society of Hypertension Endorsed by the European Renal Association (ERA)
and the International Society of Hypertension (ISH). J Hypertens. 2023 Jun
21. doi: 10.1097/HJH.0000000000003480. Epub ahead of print. PMID:
37345492.
https://journals.lww.com/jhypertension/Fulltext/9900/2023_ESH_Guidelines_for_the_management_of_arterial.271.aspx