Nachhaltige Elektromobilität für Europa
Gemeinsam mit neun Partnern entwickelt die Hochschule Landshut ein
datenbasiertes Konzept, um die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität
auszubauen und die europäischen Verkehrs- und Stromnetze zu entlasten. Das
Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert das Vorhaben mit
insgesamt knapp 4,2 Millionen Euro.
Der Ausbau der Elektromobilität und der dafür notwendigen
Ladeinfrastruktur ist eines der Kernziele der Europäischen Union.
Schnelles Laden und Netzstabilität sind dabei die Hauptthemen. Die
Konzepte hierfür benötigen umfassende Daten, auf deren Grundlage sich die
Auswirkungen auf die Netzstabilität, die Nachhaltigkeit sowie das
Optimierungspotential beurteilen lassen. Da bisher allerdings kaum
Untersuchungen dazu durchgeführt wurden, ist die Datenlage sehr gering.
Hier setzt das neue Forschungsprojekt Open Mobility Electric
Infrastructure (OMEI) unter Leitung der Hochschule Landshut an. Das
Projektteam aus insgesamt zehn Institutionen und Unternehmen will eine
frei verfügbare Datengrundlage schaffen, um eine nachhaltige, regionale
Ladeinfrastruktur zu planen und Konzepte für eine intelligente Nutzung der
E-Fahrzeuge zu bewerten. Darauf aufbauend entwickelt das Konsortium zudem
optimale ökologische, ökonomische und technische Lösungen für
Ladeinfrastrukturen im europäischen Verkehrsnetz, die regionale
erneuerbare Energien mit nachhaltiger Energiespeicherung kombinieren. Das
Konsortium will damit ein datenbasiertes Konzept übertragbar auf Europa
schaffen, wie Elektromobilität nachhaltig und wirtschaftlich ausgebaut
werden kann. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert das
Vorhaben mit insgesamt knapp 4,2 Millionen Euro.
Belastung der europäischen Verkehrsnetze
„Der notwendige Ausbau der Elektro-Ladeinfrastruktur belastet die
europäischen Verkehrs- und Stromnetze enorm“, erläutert Projektleiter
Prof. Dr. Karl-Heinz Pettinger, Wissenschaftlicher Leiter am
Technologiezentrum Energie (TZE) der Hochschule Landshut, „um den
Leistungsbedarf zu decken, brauchen wir Schnellladesysteme an den
Hauptverkehrswegen in ganz Europa.“ Ein solcher Netzausbau sei allerdings
sehr ressourcenintensiv. Daher ist es wichtig, nachhaltige und
netzschonende Ladeinfrastrukturen zu schaffen und mehr regionale
erneuerbare Energien hierfür zu nutzen.
Intelligente Ladeinfrastruktur mithilfe von KI
Die Forschenden wollen deshalb im ersten Schritt Lade-, Anwender-,
Energie-, und Verkehrsdaten sammeln, um die Effekte einer intelligenten
Ladeinfrastruktur auf die Energiewende zu berechnen. Dazu errichtet das
Team an einer europäischen Hauptverkehrsader (z.B. entlang der Autobahn
A3) in zwei Modellregionen Demonstrationsanlagen, die eine
Schnellladesäule mit einem hybriden Energiespeicher kombinieren. Damit
könnten mehr regionale Energien für die Ladung von E-Autos genutzt werden,
wobei die Energiespeicher als Leistungspuffer dienen. Dies würde das
europäische Versorgungsnetz weniger belasten und Kosten beim Ausbau
überregionaler Ladeinfrastruktur einsparen. Zudem plant das Team eine
dritte Anlage für Endverbraucher, die bidirektional funktioniert, d.h. bei
der E-Autos sowohl geladen als auch entladen werden können. „Bei dieser
Vehicle-to-Home-Variante wollen wir das Potential der verfügbaren
Speicherkapazitäten der stehenden Fahrzeuge nutzen und somit netzbasierte
Lade- bzw. Entladeszenarien mithilfe von künstlicher Intelligenz
entwickeln“, so Prof. Pettinger. Ziel des Teams ist es, mithilfe dieser
beiden Ansätze am Ende ein gesamtheitliches Konzept für eine nachhaltige
Ladeinfrastruktur vorzulegen.
Thema in die Gesellschaft tragen
So erstellen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anhand der
gesammelten Daten Simulationsmodelle, um standortunabhängige und
wirtschaftliche Betriebsstrategien zu entwickeln und zu optimieren. Die
generierten Daten werden schließlich über offene Datenportale zugänglich
gemacht. Zudem will das Konsortium durch eine aktive Bürgerbeteiligung das
Thema in die Gesellschaft tragen, um eine Akzeptanz für nötige
Veränderungen zu erzeugen. Die Ergebnisse werden daher in einer Anwender-
App transparent veröffentlicht.
Enge Zusammenarbeit des Konsortiums unter Leitung des TZE
Um das Projekt wie geplant umsetzen zu können, arbeiten die Projektpartner
in engem Austausch zusammen: Während die Batteriehersteller JB, FENECON
sowie der Ladesäulenbetreiber MER für die Errichtung und den Betrieb der
Energiespeicher bzw. Schnellladesäulen zuständig sind, erarbeitet das TZE
gemeinsam mit HEITEC den Systemaufbau sowie die Betriebsstrategien der
Ladeinfrastruktur und der Energiespeicher. Darüber hinaus ist das TZE
gemeinsam mit der Universität Passau für die Simulationsmodelle
verantwortlich und testet die Vehicle-to-Home-Anwendungen. Dr. Gerl, der
wissenschaftliche Projektkoordinator für den Lehrstuhl für verteilte
Informationssysteme betont, dass „nur durch eine umfangreiche und
nachhaltig verfügbare Datenbasis es gelingen kann, KI-basierte
Systemsimulationen und Optimierungen für Elektroladeinfrastrukturen in
Europa zu entwickeln. Dies ist der Fokus unserer Teilprojekts“.
Das Unternehmen Technagon entwickelt mit Abstimmung der technischen
Anforderungen eine bidirektionale Wallbox für Vehicle to Home Anwendungen.
TZE, IL und Technagon validieren und testen diese Anwendung an den
jeweiligen Standorten und Testfahrzeugen. Auf Basis von Stromnetz- und
Smart Meter-Daten, gestellt durch EVG Perlesreut eG, werden diese
Betriebsstrategien auf V2G Anwendungen validiert und optimiert. Im
Konsortium wird abschließend ein Betriebskonzept für Fahrzeugspeicher
(V2G/V2H) erarbeitet.
Nachhaltige Energieversorgung für E-Mobilität
Am Ende soll das Projekt dazu beitragen, die Elektromobilität auszubauen,
Netzüberlastungen zu vermeiden und den Bürgern und Bürgerinnen die
nachhaltige Nutzung der elektrischen Antriebe zu ermöglichen. Prof. Kosch
und Prof. Sauer betonen zusammen die technologische Innovationskraft des
Projekts. „Die daten-basierte Optimierung der Elektroladeinfrastruktur
sowie die Realisierung von Vehicle-to-Home- und Vehicle-to-Grid- Konzepten
in Bayern ist ein wichtiger Meilenstein für das zukunftsfähige nachhaltige
Mobilitätssystem in Deutschland“, führt Prof. Kosch aus. Prof. Sauer
ergänzt, dass „der Einsatz von Methoden der KI zur Steigerung der
Energieeffizienz in der Vehicle-to-Home- Vernetzung ein sehr hohes
Potential besitzt, und die Projektergebnisse für das regionale Energie-
Ökosystem sehr relevant sein werden.“ „Uns ist wichtig, eine nachhaltige
Energieversorgung für die Elektromobilität sicherzustellen“, so Prof.
Pettinger, „damit senken wir die CO2-Bilanz jedes E-Fahrzeugs.“
Über das Projekt OMEI
Das Projekt Open Mobility Elektro-Infrastruktur (OMEI) läuft noch bis Ende
2024 und wird von der Hochschule Landshut in Kooperation mit neun Partnern
durchgeführt. Die Projektleitung liegt bei Prof. Dr. Karl-Heinz Pettinger,
dem wissenschaftlichen Leiter des Technologiezentrums Energie der
Hochschule Landshut. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr
fördert das Vorhaben mit fast 4,8 Millionen Euro.