Neue Fertigungs-Prozesskette macht Getriebe für Flugzeugtriebwerke leichter und langlebiger


Der Einsatz doppelschrägverzahnter Planetenradgetriebe macht
Flugzeugtriebwerke effizienter: Die Verzahnungen gewährleisten eine hohe
Lastaufnahme und eine beständige Laufruhe. Konventionelle
Fertigungsverfahren für Verzahnungen können bei diesen Zahnradgeometrien
nur mit großen Abstrichen beim Bauteilgewicht eingesetzt werden. Ein
Forschungsteam des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT in
Aachen hat nun in einem Konsortialprojekt eine neue Prozesskette
entwickelt, bei der doppelschrägverzahnte Zahnräder mittels 5-Achs-Fräsen
mit anschließendem 5-Achs-Schleifen gefertigt werden.
Diese Doppelschrägverzahnungen sind leichter und langlebiger als die
bisherigen und damit besser geeignet für den Einsatz in modernen
Flugzeugtriebwerken. Üblicherweise werden Doppelschrägverzahnungen durch
sogenanntes Walzfräsen und Wälzschleifen hergestellt. Die Fräs- und
Schleifwerkzeuge benötigen allerdings große Ein- und Auslaufzonen, die
ihrerseits breite Nuten zwischen den Radteilen erfordern. Das hat zur
Folge, dass Getriebe, die auf diese Weise gefertigt werden,
vergleichsweise schwer sind und große Abstände zwischen den einzelnen
Zähnen aufweisen – beides ist nachteilig für die Verwendung in
Flugzeugtriebwerken.
Erstmals kombinierte Prozesskette aus 5-Achs-Fräsen und 5-Achs-Schleifen
Im Forschungsprojekt »CompactGears4Turbo« hat das Fraunhofer IPT gemeinsam
mit fünf Industriepartnern neue Prozessketten zur Herstellung kompakter
und leichter Zahnräder mit schmalen Nuten für Luftfahrtgetriebe
entwickelt. Die Prozessketten reichen von der digitalen Modellierung der
Zahnräder (CAD) über die computerbasierte Prozessauslegung (CAM) bis zur
Fertigung und der anschließenden Qualitätsprüfung. Die Projektpartner
realisierten erstmals eine Prozesskette zur Fertigung der Zahnräder
mittels 5-Achs-Fräsen mit anschließendem 5-Achs-Schleifen. Das Schleifen
der Bauteiloberfläche ist für den Betrieb des Bauteils von großer
Bedeutung, da eine geringere Oberflächenrauheit die Reibung zwischen den
Zahnflanken im Getriebe vermindert.
Eine besondere Herausforderung war die Integration des Schleifens in die
Prozesskette, denn das 5-Achs-Schleifen von Verzahnungen war bis dahin so
gut wie unerforscht. Die beiden Verfahren – Fräsen und Schleifen – in
einer solchen Prozesskette zu kombinieren, war also Pionierarbeit.
Zunächst waren deshalb umfangreiche grundlegende Untersuchungen
erforderlich, um geeignete Prozessstrategien zu erarbeiten. Besonders die
Identifikation der passenden Werkzeuge für die 5-Achs-Schleifbearbeitung
der Zahnräder war eine große Aufgabe.
CAM-Planungssoftware für die 5-Achs-Bearbeitung von Zahnrädern
Bei den praktischen Untersuchungen stellte sich heraus, dass die 5-Achs-
Fräsbearbeitung die maximal erreichbare Formgenauigkeit der Zahnräder
vorgibt. Das anschließende 5-achsige Schleifen hat keinerlei positive
Auswirkungen auf die Makrogeometrie der Zahnräder, vielmehr wirkt es sich
eher nachteilig aus. Der Schleifprozess muss deshalb so ausgelegt werden,
dass sich die Zahnradgeometrie nur noch geringfügig verändert, die Rauheit
der Zahnradoberfläche dabei aber so weit wie möglich verringert.
Diese und weitere Erkenntnisse für die Auslegung der neuen Prozesskette
flossen als weiteres Projektergebnis in die Entwicklung eines CAM-
Planungssoftwarepakets für Siemens NX ein. Die Software dient zur
Prozessplanung und umfasst auch die Bahnplanung für das Fräsen und
Schleifen der komplexen Doppelschrägverzahnungen.
Zahnräder sind leichter und haben eine längere Lebensdauer
Testreihen mit mehreren gefertigten Zahnrädern ergaben, dass das
zusätzliche 5-Achs-Schleifen die Lebensdauer der Zahnräder deutlich
verbessert. Dies ist auf die verringerte Oberflächenrauheit
zurückzuführen. Die neue Prozesskette mitsamt der CAM-Planungssoftware
ermöglichen es, langlebigere Zahnräder für Planetengetriebe in
Luftfahrtanwendungen kompakter und leichter herzustellen. Das Fraunhofer
IPT plant, in Folgeprojekten seine Kompetenzen in diesem Bereich weiter zu
vertiefen.
Projektförderung
Das Forschungsprojekt »CompactGears4Turbo – Innovative Prozesskette zur
Herstellung von kompakten und leichten Zahnrädern für Luftfahrtgetriebe
mittels 5-Achs-Fräsen und 5-Achs-Schleifen« wurde mit Mitteln des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.