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Kiel Trade Indicator 03/2022: Welthandel im Abschwung

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Nach über einem Monat Krieg in der Ukraine treten die negativen Folgen für
den globalen Handel nun deutlich zutage. Laut jüngstem Datenupdate des
Kiel Trade Indicator belastet der Konflikt die Handelsdaten nahezu aller
Volkswirtschaften und auch deutlich den Welthandel insgesamt (Vergleich
zum Vormonat, preis- und saisonbereinigt). Russlands zunehmende Isolation
zeigt sich in einem abrupten Rückgang der an- und ablegenden
Containerschiffe in den dortigen Häfen. Weltweit nimmt die Anzahl der in
Staus befindlichen Schiffscontainer wieder zu.

"Die angespannte Lage in der Weltwirtschaft und zunehmende Schwankungen im
Containerschiffnetzwerk werden im Kiel Trade Indicator durch fast
ausschließlich negative Vorzeichen sichtbar. Reale Verwerfungen durch die
Invasion Russlands in der Ukraine und die Sanktionen des Westens sowie
eine hohe Unsicherheit der Firmen mit Beziehungen zu Russland werfen den
Märzhandel spürbar zurück“, sagt Vincent Stamer, Leiter Kiel Trade
Indicator.

Laut jüngstem Datenupdate des Kiel Trade Indicator für März dürfte der
Welthandel im Vergleich zum Vormonat deutlich um 2,8 Prozent zurückgehen
(preis- und saisonbereinigt). Der für Februar prognostizierte Einbruch
verschiebt sich in den März.

Für fast alle Volkswirtschaften sind die Vorzeichen des Kiel Trade
Indicator für den Märzhandel negativ. In Deutschland dürften die Exporte
im Vergleich zum Februar um 3,7 Prozent sinken, die Importe um 3,2
Prozent. Auch für die EU zeichnen sich Rückgänge bei Exporten (-5,6
Prozent) und Importen (-3,4 Prozent) ab. In den USA dürften die Exporte
mit -3,4 Prozent stärker fallen als die Importe mit -0,6 Prozent.

Für Russland weist der Kiel Trade Indicator einen weiter fallenden Handel
aus (Exporte: -5,0 Prozent; Importe: -9,7 Prozent). An den drei größten
Häfen Russlands, St. Petersburg, Wladiwostok und Novorossiysk, ist der
Containerfrachtverkehr bereits um die Hälfte eingebrochen.

„Die Sanktionen des Westens zeigen ganz offenbar Wirkung, und die
russische Bevölkerung sieht sich einem immer knapper werdenden
Warenangebot gegenüber. Europas Unternehmen und Reedereien schränken
offensichtlich den Transport über den Seeweg ein. Gleiches dürfte für den
Handel über den wichtigeren Straßenverkehr gelten, was den starken
Rückgang bei Russlands Importen erklärt“, so Stamer.

Die Ukraine ist praktisch vom internationalen Seehandel abgeschnitten. Den
wichtigsten Hafen des Landes, Odessa am Schwarzen Meer, hat seit
Kriegsausbruch kein großes Containerschiff mehr angelaufen.

Für China stehen die Signale auf Stagnation, mit schwarzer Null bei den
Importen (+0,9 Prozent) und roter Null bei den Exporten (-0,9 Prozent).
„Der Lockdown der Metropolregion Shanghai, wo vor allem Elektronikartikel
für den Export produziert werden, schlägt sich noch nicht klar in den
Handelszahlen für März nieder. Wohl auch, weil der Hafen dort weiterhin
betrieben wird“, so Stamer.

„Künftige Verwerfungen in Chinas Handel sind damit aber keineswegs vom
Tisch, auch weil die Omikron-Variante des Corona-Virus nach wie vor
grassiert. Besorgniserregend ist zudem der deutliche Anstieg der
weltweiten Containerschiffstaus, der auch auf Lockdowns in China
zurückgeführt werden kann.“

Derzeit stecken etwa 12 Prozent aller weltweit verschifften Waren fest –
im vergangenen Jahr lag der Wert nur in zwei Monaten höher.

Die nächsten Aktualisierungen des Kiel Trade Indicator erfolgen am 20.
April (ohne Medieninformation) und am 5. Mai (mit Medieninformation für
die Handelsdaten im April 2022).

Weitere Informationen zum Kiel Trade Indicator und die Prognosen für alle
75 Länder finden Sie auf www.ifw-kiel.de/tradeindicator (https://www.ifw-
kiel.de/de/themendossiers/internationaler-handel/kiel-trade-indicator/).

Über den Kiel Trade Indicator

Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) von
75 Ländern und Regionen weltweit sowie des Welthandels insgesamt. Im
Einzelnen umfassen die Schätzungen über 50 Länder sowie Regionen wie die
EU, Subsahara-Afrika, Nordafrika, den Mittleren Osten oder Schwellenländer
Asiens. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in
Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter
Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die
Schiffsbewegungen in reale, saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber dem
Vormonat.

Die Auswertung erfolgt zweimal im Monat. Um den 20. (mit Pressemeldung)
für den laufenden und den folgenden Monat und um den 3. (ohne
Pressemeldung) für den vergangenen und den laufenden Monat.

An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst.
Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die
effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen.
Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch
für Länder ohne eigenen Tiefseehafen.

Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen
Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich
umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang
einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen
statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt
mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich
die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöht.

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