China-Geschäft könnte für deutsche Unternehmen zum Problem werden


Die Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen fließen verstärkt nach
China. Dies gilt insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe wie etwa der
Automobilindustrie. US-Unternehmen halten sich dagegen überwiegend von dem
Land fern. „Deutsche Firmen befinden sich auf dem Weg zu einer
gefährlichen Abhängigkeit vom Wohlwollen der chinesischen Führung. Sie
dienen dem geopolitischen Machtanspruch Chinas, wenn sie ihr Know-how in
das Land transferieren, und können von heimischen Firmen verdrängt
werden“, sagte Rolf J. Langhammer, Handelsforscher am IfW Kiel anlässlich
einer aktuellen Analyse.
Seit den 1990er Jahren steigt die Zahl an Tochterunternehmen und
Produktionsstätten deutscher Firmen in China kontinuierlich an. Eine
Analyse von Rolf J. Langhammer, Handelsforscher am IfW Kiel, zeigt, dass
zuletzt rund 7 Prozent der gesamten Auslandsinvestitionen Deutschlands in
China getätigt wurden, dies entspricht etwa 89 Mrd. Euro (Datenbasis
2019). Im Jahr 2000 waren es noch nur rund 1 Prozent. (R. J. Langhammer:
Reluctant US vs Ambitious German Direct Investment in China – the Tale of
Two Strategies / https://www.ifw-kiel.de/index.
Im Verarbeitenden Gewerbe, also etwa in den Bereichen Chemie, Maschinenbau
oder Automobil, stiegen die Auslandsinvestitionen in China von gut 2
Prozent im Jahr 2000 auf zuletzt sogar 14 Prozent (61 Mrd. Euro). Alleine
die Autoindustrie investierte jüngst 24 Prozent aller ihrer ausländischen
Geldanlagen in China (26 Mrd. Euro).
Demgegenüber meiden die USA als weltgrößter Auslandsinvestor bislang diese
Wachstumsregion, sie setzen stattdessen auf Investitionen in Europa. 2020
flossen nur rund 2 Prozent aller Auslandsinvestitionen nach China (110
Mrd. Euro). Bei Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes waren es gut 6
Prozent (54 Mrd. Euro). Im Jahr 2000 lag der Anteil der US-
Auslandsinvestitionen in China gleichauf mit denen Deutschlands, also bei
insgesamt rund 1 Prozent bzw. 2 Prozent im Verarbeitenden Gewerbe.
„Die Zurückhaltung US-amerikanischer Firmen ist umso erstaunlicher, als
China seit vielen Jahren eine der am dynamischsten wachsenden Weltregionen
ist und Firmen einen äußerst lukrativen Absatzmarkt bietet. Außerdem
gewährt China ausländischen Firmen in den letzten Jahren auch allmählich
Zugang zum Dienstleistungssektor, in dem US-Firmen weltweit führend sind.
Ganz offenbar sind die Bedenken zu groß, von China für den Wissenstransfer
oder das Ausspähen sensibler und sicherheitsrelevanter Informationen
ausgenutzt zu werden”, so Langhammer.
Die USA führen Investitionskontrollen zum Schutz der nationalen Sicherheit
nicht nur gegenüber ausländischen Unternehmen durch, die sich in den USA
niederlassen wollen. Auch die Expansion von US-Unternehmen außerhalb der
USA wird reguliert, um sicherzugehen, dass dadurch nicht sensible
Informationen in ausländische Hände fallen können. Deutschland dagegen
reguliert über das Außenhandelsgesetz nur die Aktivitäten ausländischer
Firmen im Inland, nicht die Investitionen inländischer Firmen im Ausland
wie etwa in China. China drängt ausländische Unternehmen dazu, den eigenen
Markt weniger durch Handel, als über Tochterunternehmen vor Ort zu
beliefern.
„Chinas Ziel ist es, sich vom Ausland und speziell dem systemischen
Rivalen USA unabhängiger zu machen und Schlüsseltechnologien selbst
produzieren zu können. Dafür braucht das Land Know-how, das es bislang
noch nicht hat. Ausländische Investoren müssen sich vergegenwärtigen, dass
sie diesem Ziel dienen sollen und durch heimische Anbieter abgelöst
werden, sobald diese über die notwendigen Technologiekenntnisse verfügen“,
so Langhammer. „Deutsche Unternehmen vor allem aus der Automobilindustrie
haben in China lange Jahre Gewinne gemacht, nun kann die Abhängigkeit vom
chinesischen Markt zum Problem werden. Sie haben chinesischen Firmen das
nötige Know-how geliefert, um von diesen zukünftig ersetzt werden zu
können, und China damit zu einer mächtigeren Verhandlungsposition im
geopolitischen Wettstreit verholfen.“
Zum Kiel Policy Brief: R. J. Langhammer: Reluctant US vs Ambitious German
Direct Investment in China – the Tale of Two Strategies / https://www.ifw-
kiel.de/index.php?id=17025&L=1