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Digitale Frustration statt Fortschritt? - Forschungsprojekt „HowToDigital“ fordert Umdenken im Gesundheitswesen

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Komplexe Software, fehlende Ansprechpersonen, Frust im
Klinikalltag: Die digitale Transformation des Gesundheitswesens stockt,
nicht nur an der Technik, sondern an Kompetenzen, Kommunikation und
Prozessen. Das zeigt die Halbzeitbilanz des von der Universität Göttingen
geleiteten Forschungsprojekts „HowToDigital“, das digitale Kompetenzen und
Nutzerzentrierung im Gesundheitswesen untersucht.

Erste Erkenntnisse
verdeutlichen: Digitale Transformation gelingt nur, wenn Menschen aktiv
eingebunden und systematisch befähigt werden.

Ziel des Projekts ist es, die Digitalisierung im Gesundheitswesen nicht
nur technologisch, sondern vor allem menschen- und prozessorientiert zu
unterstützen. „Digitalkompetenz im Gesundheitswesen bedeutet nicht, jede
Software im Detail zu beherrschen“, erklärt Projektleiter Prof. Dr. Manuel
Trenz von der Wirtschaftswis-senschaftlichen Fakultät. „Wichtig ist die
Bereitschaft, Neues zu lernen, kritisch zu denken und zu wissen, an wen
man sich wenden kann. So entsteht echte digitale Handlungsfähigkeit im
Berufsalltag.“
Das Forschungsteam hat auf Basis von Workshops, Interviews und bestehenden
Qualifizierungsansätzen ein differenziertes Kompetenzmodell mit sechs
Dimensionen entwickelt – darunter digitale Problemlösekompe-tenz, Daten-
und Informationskompetenz, Technologiebewertung, digitale Kommunikation
sowie Daten-schutzwissen. Ein wesentliches Ergebnis der Analyse:
Digitalkompetenz muss sich auch auf die kritische Bewertung von
Technologien beziehen. „Wir dürfen Digitalisierung nicht mit Bedienung
verwechseln. Ent-scheidend ist, ob Fachkräfte in der Lage sind, Nutzen,
Risiken und Grenzen digitaler Systeme zu verstehen und diese reflektiert
in ihre Arbeit zu integrieren“, so Trenz.
Ein zentrales Ergebnis bisher: Digitale Frustration ist weit verbreitet
und bislang stark unterschätzt. Viele Teilnehmenden berichteten von
Software, die weder intuitiv bedienbar noch sinnvoll eingeführt wurde.
Hier rücken strukturelle Herausforderungen in den Fokus: fehlende
Schulungen, unklare Zuständigkeiten, fehlen-de Rückmeldekanäle und wenig
Zeit für Einarbeitung führen dazu, dass digitale Systeme als Belastung
emp-funden werden – und bei den Beschäftigten oft zu dem Gefühl, alleine
gelassen zu werden.
Die Universität Paderborn beleuchtet im Projekt die technische Seite der
Digitalisierung – speziell die Ent-wicklung digitaler
Gesundheitsanwendungen innerhalb der Telematikinfrastruktur (TI). „Unsere
Untersuchun-gen zeigen, dass Nutzerinnen und Nutzer zu spät oder zu wenig
einbezogen werden“, sagt Prof. Dr. Simon Trang, Wirtschaftsinformatiker an
der Universität Paderborn. „Außerdem sind bestimmte Stakeholder und
Nutzergruppen in der Involvierung unterrepräsentiert.“ Software-Hersteller
arbeiten oft entlang regulatorischer Vorgaben, ohne Rückbindung an den
Versorgungsalltag. Die Forschenden fordern daher einen Paradig-menwechsel:
weg von rein technischen Lösungen, hin zu einem Entwicklungsansatz, der
bei konkreten Be-darfen der Nutzerinnen und Nutzer im Gesundheitswesen
ansetzt. Dabei sollten nicht nur praxisrelevante Alltagsanwendungen
berücksichtigt werden, sondern auch übergeordnete Herausforderungen des
Gesund-heitssystems und der Bevölkerung wie beispielsweise die Versorgung
von Menschen mit Diabetes.
„Unsere Halbzeitbilanz zeigt deutlich: Wir müssen Digitalkompetenzen breit
denken – weg vom reinen Tech-nik-Know-how, hin zu Haltung,
Reflexionsfähigkeit und strukturierten Lernprozessen“, so Trenz. „Wer mehr
versteht, kann fundierter mitgestalten; wer ernsthaft eingebunden wird,
ist motivierter, sich neues Wissen anzueignen.“
In der zweiten Projektphase bis Ende 2026 werden Digitalkompetenzen
systematisch messbar gemacht, sodass sichtbar wird, welche Akteure welche
Kompetenzen besitzen und welche Auswirkungen diese auf die Nutzung
digitaler Gesundheitsanwendungen haben. Daran anknüpfend entstehen ein
praxisnahes Fortbil-dungskonzept und ein strukturiertes Beteiligungsmodell
für die Entwicklung digitaler Gesundheitsanwendun-gen. „HowToDigital“ wird
mit rund 800.000 Euro aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesaus-
schusses (G-BA) gefördert. Neben den Universitäten Göttingen, Paderborn
und der Universitätsklinik Köln sind die Deutsche Röntgengesellschaft
(DRG), die gematik, die AOK Sachsen-Anhalt, die Techniker Kran-kenkasse
sowie die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg am Projekt beteiligt.
Weitere Informationen sind unter https://howtodigital.uni-goettingen.de zu
finden.

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