Kunst, Kultur und Konflikte im Fokus
Gesellschaftliche Konflikte prägen derzeit Politik, Öffentlichkeit und das
alltägliche Miteinander. Kunst und Kultur gelten oft als Mittel, um
Brücken zu bauen und Spaltungen zu überwinden. Doch können sie Konflikte
tatsächlich lösen oder machen sie diese vielmehr sichtbar? Mit dieser
Leitfrage beschäftigen sich vom 30. September bis 2. Oktober rund 20
Forscher*innen aus Europa, Afrika und Südamerika im Rahmen des Workshops
„Cultural Ways of Dealing with Conflicts: Political, Aesthetic and
Pedagogical Perspectives“ am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF)
in Bielefeld.
Die Teilnehmenden vergleichen dazu internationale Perspektiven und
untersuchen unterschiedliche ästhetische und kulturelle Ausdrucksformen.
Sie fragen, wie Konflikte in Kunst und Kultur aufscheinen, wie sie
möglicherweise aktiv hergestellt werden und welche Rolle dabei
Bildungskontexte spielen. So wollen sie besser verstehen, welche Dynamiken
zwischen künstlerischen Praktiken und den Krisen moderner Demokratien
bestehen.
„Gerade der Kunst und der kulturellen Bildung wird immer wieder die
Möglichkeit zugesprochen, zur Überwindung gesellschaftlicher Konflikte
beizutragen“, erklärt Dr. Johannes Voit, Professor für Musikpädagogik und
Musikvermittlung an der Universität Bielefeld. „Doch in der Praxis können
künstlerische Projekte auch bestehende Spannungen verschärfen oder neue
Ausschlüsse schaffen. Uns interessiert, unter welchen Bedingungen Kunst
und Kultur tatsächlich ihr integratives Potenzial entfalten.“
Voit leitet den Workshop gemeinsam mit Dr. Joachim Michael, Professor für
InterAmerikanische Studien und Romanistik, der Kunstpädagogin Professorin
Dr. Katja Hoffmann und den Bielefelder Erziehungswissenschaftler*inne
Professorin Dr. Saskia Bender und Professor Dr. Paul Mecheril.
Konflikte in ästhetischen Ausdrucksformen
Die Wissenschaftler*innen nehmen eine große Bandbreite an kulturellen
Produkten in den Blick: von Kriminalromanen über Trommelrhythmen bis hin
zu KI-generierten Kriegsbildern und internationalen Festivals. „Wenn alle
gesellschaftlichen Ordnungen auf Macht basieren, dann müssen wir auch
untersuchen, wie künstlerische Praxen Ein- und Ausschlüsse hervorbringen“,
betont Bender. Mecheril ergänzt: „Entscheidend ist, wer welche Prozesse
als Konflikt versteht, welche Konflikte als relevant gelten und welche
kulturellen Reaktionen vorgesehen sind, bis hin zur Eskalation in Gewalt.“
Chancen und Ambivalenzen
„Gesellschaftliche Missstände lassen sich nicht einfach durch
kunstpädagogische Arbeit auflösen“, warnt Hoffmann. „Aber gerade in den
Spannungen und Uneindeutigkeiten, die künstlerische Praktiken sichtbar
machen, könnten auch neue Möglichkeiten für Schlichtung entstehen.“
Mit ihrem Workshop bringen die Veranstalter*innen Forschende aus Ungarn,
Italien, Ghana, Nigeria, Brasilien und Chile zusammen. Ziel ist es, die
Verflechtungen von Kunst, Kultur und Konflikt historisch und international
vergleichend zu beleuchten. „In diesem breiten Perspektivwechsel liegt die
Chance, die gesellschaftliche Bedeutung kultureller Ausdrucksformen im
Umgang mit Konflikten genauer zu verstehen“, erklärt Michael.
Die Arbeitssprache des Workshops ist Englisch. Journalist*innen sind
eingeladen, über die Veranstaltung zu berichten. Für Rückfragen stehen die
Organisator*innen gerne zur Verfügung.