Entwicklung nachhaltiger und energieautonomer Kühlcontainersysteme für afrikanische Krankenhäuser
EU-Förderung ermöglichte internationalem Forschungskonsortium unter
Federführung der Hochschule Karlsruhe Aufbau von Pilotanlagen in vier
Ländern
Am 17. September 2025 trafen sich an der Hochschule Karlsruhe (HKA)
Vertreter:innen der 13 Projektpartner zum offiziellen Abschluss des
internationalen Forschungsprojekts "SophiA".
Zu diesem Anlass wurden sie
von Dr. Frank Mentrup, Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe, und Prof.
Dr.-Ing. Franz Quint, Prorektor für Forschung, Kooperationen und Transfer
der HKA, begrüßt. Neben der federführenden HKA sind aus Deutschland das
Steinbeis-Europa-Zentrum, die Nichtregierungsorganisation „Operieren in
Afrika“ sowie die Unternehmen MARTIN Systems GmbH, Simply Solar GbR und
RAACH Solar beteiligt. Zudem nahmen das französische International
Institute of Refrigeration, die OST – Ostschweizer Fachhochschule, die
Makerere University in Uganda, das Institut International d'Ingénierie de
l'Eau et de l'Environnement in Burkina Faso, das Ministerium für
Öffentliche Gesundheit in Kamerun sowie die südafrikanischen Unternehmen
Everflo und Kovco teil.
Unterstützt wurde das Projekt zudem von weiteren nationalen Ministerien,
Gesundheitsbehörden und Krankenhäusern sowie von namhaften
Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen.
SophiA ist eines von vier Projekten, das unter 150 Einreichungen im Rahmen
der Ausschreibung »Accelerating the Green Transition and Energy Access
Partnership with Africa« (TOPIC ID: LC-GD-2-3-2020) ausgewählt wurde und
von der EU für vier Jahre mit 8 Mio. Euro gefördert wurde.
„SophiA steht für ‚Sustainable off-grid solutions for pharmacies and
hospitals in Africa‘, also nachhaltige netzunabhängige Lösungen für
Apotheken und Krankenhäuser in Afrika“, so Projektleiter Prof. Dr.-Ing.
habil. Michael Kauffeld, der an der HKA das Institut für Kälte-, Klima-
und Umwelttechnik leitete und an der Fakultät für Maschinenbau und
Mechatronik lehrt. „Ziel unseres Projekts war die Entwicklung nachhaltiger
und energieautonomer Kühl- und Wasseraufbereitungscontainersy
afrikanische Krankenhäuser, die diesen eine stabile Kühlung von Wasser,
Medikamenten, Blutplasma, Seren und Impfstoffen im Temperaturbereich von
+6 °C bis -70 °C erlauben und diese vor Ort in vier unterschiedlichen
afrikanischen Klimazonen im realen Einsatz zu testen.“
Die meisten Menschen leben in Afrika nach wie vor in ländlichen und
abgelegenen Gebieten, häufig mit schlechter Infrastruktur. Sie leiden
damit auch unter schlechtem Zugang zu Gesundheitsversorgung, Schulen und
sonstiger Versorgung, was auch zu Armut und Krankheiten führt. Schlechte
und unzuverlässige Stromversorgung sowie der fehlende Zugang zu sicherem
und sauberem Trinkwasser sind häufig anzutreffen und die Hälfte der
Menschen südlich der Sahara hat keinen Zugang zu Elektrizität.
In den afrikanischen Subsaharagebieten verfügen etwa ein Viertel aller
Gesundheitseinrichtungen über keinen Zugang zu Elektrizität und nur knapp
mehr über eine zuverlässige Stromversorgung. Außerdem haben in vielen
Regionen bis zur Hälfte dieser Einrichtungen keinen Zugang zu sicherem
Trinkwasser. Lokale medizinische Versorgungszentren müssen oft mit
verunreinigtem Wasser, ohne Kühlung (von Medikamenten), ohne Klimaanlage
und mit mangelhaften sanitären Einrichtungen zurechtkommen.
Die Kühlung ist dabei ein oft vernachlässigter und häufig unterschätzter
Bereich. Krankenhäuser benötigen typischerweise für Operationssaal und
Intensivstation z. B. gekühltes Wasser bei +6 °C, zur Kühlung von
Medikamenten bei +5 °C, von Blutplasma bei -30 °C und für manche
Impfstoffe bis zu -70 °C. Viele Medikamente, Salben sowie
Erythrozytenkonzentrate (aus roten Blutkörpern bestehende Konserve zur
Bluttransfusion) müssen auf +5 °C gekühlt werden und verderben sonst
schnell.
Neben der Bereitstellung von sicherem und sauberem Trinkwasser ist der
Zugang zu Energie eine entscheidende Voraussetzung für den Einsatz
zeitgemäßer medizinischer Technologien und damit auch ein zentraler Faktor
für grundlegende Gesundheitsdienste. Der afrikanische Kontinent verfügt
über ein enormes Potenzial an erneuerbaren Energien, aber beispielsweise
Photovoltaik (PV) wird bis heute nur in geringem Umfang genutzt. Darüber
hinaus können mit PV betriebene Systeme erheblich zur Verringerung der
CO2-Emissionen beitragen. Eigenständige dieselbetriebene Generatoren
erzeugen mehr als 1 kg CO2/kWh, während PV-Solarsysteme im Durchschnitt
weniger als 250 g CO2 freisetzen.
Über SophiA kann nun eine nachhaltige, netzunabhängige Versorgung für
ländliche und abgelegene Gesundheitseinrichtungen in Afrika entwickelt und
vor Ort bereitgestellt werden.
Dazu werden PV-Paneele, solarthermische Module, Ultrafiltration in
Kombination mit UV-Lampen und kapazitiver De-Ionisierung sowie natürliche
Kältemittel mit niedrigem Treibhauspotenzial (low GWP) in einem
dreistufigen Kaskadenkältesystem mit hocheffizienter thermischer
Energiespeicherung eingesetzt. Darüber hinaus konnten PV MedPorts eine
einfache und zu 100 % solarbetriebene Lösung entwickeln und in kleinen
abgelegenen Gesundheitsstationen in vier verschiedenen afrikanischen
Klimazonen in Burkina Faso, Kamerun, Uganda und Malawi aufbauen und
testen.
Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Feldtestinstallationen ist nun zum
Abschluss des Projekts eine modulare Containerversion verfügbar. Dazu
wurde ein Leitfaden erstellt, der es lokalen Unternehmen ermöglicht,
ähnliche Systeme vor Ort zu bauen. Zudem wurde vom SophiA-Team ein
Trainings-Programm entwickelt. Dessen Teilnehmer:innen werden vor Ort zu
Trainer:innen für SophiA-, Kälte- und Wassertechnologien und sorgen damit
für den weiteren Betrieb.
„Über SophiA konnten wir in vier Ländern Pilotanlagen aufbauen und
erfolgreich testen,“ so Prof. Dr. Michael Kauffeld beim heutigen
Projektabschluss. „Wir haben auch lokal Fachkräfte weitergebildet, sodass
die Anlagen weiterbetrieben werden und bei überschaubarem Kostenaufwand
nach diesem Muster auch weitere entstehen können. SophiA kann damit dazu
beitragen, dass insbesondere in ländlichen Regionen immer mehr Menschen
über solare Energie Zugang zu Strom, sauberem Trinkwasser und Kühlung von
Lebensmitteln und Medikamenten erhalten – eine unglaubliche Steigerung der
Lebensqualität! SophiA kann so in Afrika einen Beitrag zu nachhaltiger
Entwicklung und Wachstum leisten.“
„Der Aufbau entsprechender Kapazitäten ist ein zentraler Erfolgsfaktor für
die nachhaltige Umsetzung innovativer Technologien. Die Hochschule
Karlsruhe hat das SophiA-Projekt daher gerne unterstützt“, Prof. Dr.-Ing.
Franz Quint, Prorektor für Forschung, Kooperationen und Transfer der HKA,
„um Fachwissen zu verbreiten und praxisnahe Kompetenzen in internationalen
Partnerregionen aufzubauen.“
„SophiA zeigt beispielhaft, wie Innovation und internationale
Zusammenarbeit aus Karlsruhe nachhaltige, reale Verbesserungen für die
Gesundheitsversorgung schaffen“, so Dr. Frank Mentrup, Oberbürgermeister
der Stadt Karlsruhe. „Das Projekt ist ein Leuchtturm für Engagement und
globale Verantwortung.“
