Die Rückkehr des Krieges?
Feministische Perspektiven auf Krieg, Militarismus, Gewalt / Einladung zum
Eröffnungsvortrag der neuen Ringvorlesung am Zentrum für Interdisziplinäre
Frauen- und Geschlechterforschung am 19. 12. 2024
Mit der Erweiterung des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine am 22.
Februar 2022 kehrte der Krieg nach Europa zurück – so sahen es damals
viele. Doch ist der Krieg je weg gewesen? Oder konnte sich West-Europa nur
sehr lange der Illusion hingeben „Nie wieder Krieg!“ bedeute tatsächlich,
dass imperiale Gewalt, Krieg und Völkermord für immer der Geschichte
angehörten?
Aus feministischer Perspektive gab es nie eine Zeit ohne Krieg. Die
Zusammenhänge zwischen Krieg, Militarismus, patriarchaler Gewalt und
Geschlechterverhältnissen aufzudecken und zu problematisieren, gehört
daher zu den Kernanliegen feministischer Theorie und Praxis. Dass Krieg
auch im Innern von Gesellschaften Gewalt legitimiert, dass sexualisierte
Gewalt im Kriegsgeschehen als Waffe eingesetzt wird, Krieg und
Militarisierung zur Verfestigung einer heteronormativen
Geschlechterordnung beitragen und Krieg auch zur polizeilichen Aufrüstung
der inneren Sicherheit beiträgt, sind nur einige der Themen, die die
internationalen feministischen Diskurse prägen.
Doch die feministischen Antworten stehen auf dem Prüfstand. Es braucht
neue Antworten, wie Pazifismus, Anti-Gewaltpolitik und internationale
Konfliktlösungen in komplexen Konfliktkonstellationen feministisch gedacht
werden können. Wie sieht transnationale, feministische Solidarität in
Zeiten des Krieges aus und wie wird sie praktisch? Oder muss feministische
Solidarität jetzt auch militärisch und national ausgerichtet sein? Gälte
es nicht, angesichts der willkürlichen und zugleich systematischen
Zerstörung von Leben noch entschlossener nach gewaltlosen und
pazifistischen Lösungen zu suchen?
Diesen und weiteren Fragen wird in der Ringvorlesung „Die Rückkehr des
Krieges?“ nachgegangen.
Den Eröffnungsvortrag „Kriegsdenken und intellektuelle Desertion“ hält
Charlotte Wiedemann, zu dem Medienvertreter*innen und Interessierte
herzlich eingeladen sind.
Zeit: 19.12.2024, 18.15–19.45 Uhr
Ort: TU Berlin, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin, Hauptgebäude,
Raum H 0107
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Der Eintritt ist frei.
Ausgehend von ihrem jüngsten Buch „Den Schmerz der anderen begreifen“
untersucht Charlotte Wiedemann die Auswirkungen der anhaltenden Kriege in
der Ukraine und im Nahen Osten auf die Muster der politischen Rede und die
Psychologie des öffentlichen Diskurses. Teile der Medien sind von
moralischem Populismus erfasst, und in den sozialen Medien ist der Beifall
für Kriegsverbrechen ein häufiges Phänomen. Welche Auswirkungen hat dies
auf unseren emotionalen Haushalt und unsere Denkfähigkeit? Ist es möglich,
sich intellektuell vom Kriegsdenken abzuwenden, ohne in moralische
Gleichgültigkeit zu verfallen? Und warum hat die Bewegung für einen
Waffenstillstand in Gaza nie die Anerkennung einer Antikriegsbewegung
erhalten?
Charlotte Wiedemann ist Auslandsreporterin und Autorin von Büchern,
darunter „Über den Versuch, nicht weiß zu schreiben“, „Der lange Abschied
von der weißen Dominanz“ und „Den Schmerz der anderen verstehen. Holocaust
und Weltgedächtnis“. Sie ist Mitglied des Beirats des Leibniz-Zentrums
Modern Orient (Berlin) und Public Fellow des Leuphana Institute for
Advanced Studies (Leuphana Universität Lüneburg).
Weiterführende Informationen:
Die Themen und Termine der folgenden fünf Vorträge finden Sie unter
<https://www.tu.berlin/zifg/ve