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Dubai-Schokolade: Marketing-Traum aus 1001 Nacht

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Sie ist buchstäblich in aller Munde. Und wer noch nicht hatte, der will
noch. Was ist dran am Trend um die Schokolade, die normale Menschen
hunderte Euro ausgeben und sich stundenlang in langen Schlangen warten
lässt, nur um ein Stück der gehypten Süßigkeit probieren oder vielleicht
auch nur besitzen zu dürfen?

Diese Fragen klären wir hier aus
psychologischer, kommunikativer und lebensmitteltechnologischer Sicht.

Man kommt nicht vorbei an DEM Food-Trend in Social-Media. Feeds in
Instagram, TikTok und Co. sind vollgestopft mit Menschen, die Dubai-
Schokolade thematisieren. Sie zeigen, wie sie sie probieren, sie berichten
darüber, wie sie sie bekommen wollen oder wie sie sie nur knapp verpasst
haben. Sie teilen Rezepte um die Nascherei selbst herzustellen und
tauschen Tipps aus, wie man an das Original herankommen kann. Was steckt
denn überhaupt dahinter? Woraus genau besteht Dubai-Schokolade und kann
sie dem kulinarischen Erwartungsdruck überhaupt standhalten?



Pistazien, Vollmilchschokolade & geröstete Teigstückchen: Das steckt in
der Dubai-Schokolade

Dr. Bianca Müller ist Professorin für Ernährungswissenschaft und
Lebensmitteltechnologie an der SRH Fernhochschule. Sie erklärt, wie die
Schokolade zusammengesetzt ist: „Normale Vollmilch-Schokolade besteht im
Wesentlichen aus Zucker, Kakaobutter, Kakaomasse, Milchpulver und
Emulgator. Ggf. wird noch Vanillearoma zugesetzt. Bei Dubai-Schokolade
handelt es sich um eine gefüllte Vollmilch-Schokolade. Die Füllung besteht
aus einer Pistaziencreme, gerösteten Teigfäden (Kadayif) und einer
Sesampaste (Tahini). Gegebenenfalls werden zudem noch Farbstoffe
verwendet. Kadayif, auch Engelshaar genannt, besteht aus Weizenmehl und
Wasser. Es werden Teigfäden hergestellt, die kleingeschnitten und in
Pflanzenöl angeröstet werden. Dadurch werden sie knusprig und verleihen
der Füllung den typischen Crunch.“



„Richtig viel los im Mund“: Deshalb essen wir oft ein Stück zu viel
Schokolade

Dass es ausgerechnet eine Schokolade ist, die zu so einem Trend-Produkt
avanciert, kommt nicht von ungefähr. Es liegt quasi im menschlichen
Schaltplan. Müller erklärt hierzu: „Viele Menschen mögen gerne süße
Lebensmittel und Getränke. Unter den Süßwaren stellt Schokolade die größte
Produktgruppe dar. In Deutschland verzehrte im Jahr 2022 jede Person im
Durchschnitt 8,9 kg Schokolade bzw. Schokoladenprodukte. Die Gründe, warum
gerne Schokolade gegessen wird, sind vielfältig. Allein der Energiegehalt
hat bereits eine positive Wirkung auf unsere Stimmung, denn der Körper
verdaut und wir entspannen uns. Bei neuen Sorten wie der Dubai-Schokolade
kommt sicherlich auch eine Portion Neugierde als Kaufgrund mit dazu.
Pistazien kennen die meisten Verbraucher, z. B. vom leckeren Pistazieneis
im Sommer. Der Geschmack ist vertraut und die nussige Note harmoniert
wunderbar mit der Schokolade. Das kennen wir bereits von anderen beliebten
Schokoladensorten mit Nuss. Das Highlight der Dubai-Schokolade ist neben
dem leckeren Geschmack sicherlich die Konsistenz der Füllung. Zum einen
ist da die Cremigkeit der Pistazienkomponente und zum anderen der Crunch,
der durch das geröstete Engelshaar entsteht. Im Mund ist richtig viel los
– das Essen ist spannend und macht Spaß. Es werden verschiedene
sensorische Reize angesprochen, was dazu führt, dass das Sättigungsgefühl
etwas verzögert eintritt. Deshalb wird dann evtl. auch ein Stück
Schokolade mehr gegessen als geplant war.“



Cleveres Influencer-Marketing mit Luxus-Image

Doch allein die Lust auf ein Stück Schokolade kann kaum dafür sorgen, dass
Menschen millionenfach das Bedürfnis verspüren, jetzt sofort den
Süßwarenladen stürmen zu wollen. Dahinter steckt vor allem auch das Spiel
mit dem Erwecken von Bedürfnissen. Dr. Thomas Bippes ist Professor für
Medien, Kommunikation und Online Marketing an der SRH Fernhochschule. Er
beleuchtet den Marketing-Mechanismus hinter der Dubai-Schokolade: „Der
Hype um die Dubai-Schokolade lässt sich zunächst einmal durch eine clevere
Medienstrategie in Verbindung mit dem Mythos Dubais als Symbol für Luxus
erklären. Produkte aus Dubai profitieren vom Prestige der Stadt, das durch
gezieltes Storytelling, Social-Media-Kampagnen und Influencer-Marketing
verstärkt wird.“



Künstliche Verknappung und die Inszenierung eines Luxusgutes

Bippes weiter: „Die Schokolade wird oft mit exklusiven Zutaten und einer
luxuriösen Verpackung beworben, die sie als begehrenswert inszenieren.
Limited Editions und künstliche Verknappung steigern den Wunsch nach
Besitz. Social Media, besonders durch Influencer, macht die Schokolade zum
Lifestyle-Symbol, das weltweit als Souvenir oder Prestigeobjekt gehandelt
wird. Es wird also eine ganze Klaviatur an Content-Marketing-Instrumenten
geschickt bespielt. Zudem profitiert das Produkt von einer schon
bestehenden und sehr aktiven Dubai-Influencer-Infrastruktur. Das wirkte
auf das orchestrierte Produktmarketing wie ein Katalysator.“



Medienberichte für zusätzliche Reichweite

„Medienberichte über die „Schokolade aus Dubai“ oder ihr angeblicher
Status als Luxusgut verstärken den Hype. Sobald ein Produkt in den
Schlagzeilen ist, wächst das Interesse exponentiell – eine
selbsterfüllende Prophezeiung. Keine Frage - das Medienphänomen rund um
die Dubai Schokolade ist außergewöhnlich. Das Beispiel zeigt
eindrucksvoll, wie gezielte Kommunikationsstrategien ein Produkt in den
globalen Fokus rücken können. Ein klassisches Zusammenspiel von Luxus-
Branding, viralen Trends und emotionalem Storytelling“, schließt Bippes
seine Einschätzung.



Der psychologische Faktor: Woher kommt das „Haben-Wollen?“

Doch all das lässt manch einen immer noch nicht nachvollziehen, was
Menschen dazu bewegt, zum Teil ihre Ratio auszuschalten. So gab der
Schokoladenhersteller Lindt beispielsweise 100 Tafeln selbst hergestellter
Dubai-Schokolade heraus. Vor dem Shop reihte sich eine lange Schlange
Wartender. Weit mehr als hundert Personen, so dass spätestens den Menschen
auf den letzten Plätzen dämmern musste, dass sie hier ihre Zeit
verschwenden. Dennoch brachen die wenigsten ihr Vorhaben ab. Warum handeln
Menschen so? Das weiß Benjamin Jovan Panic, Fachdozent für Psychologie an
der SRH Fernhochschule:



Verknappung, Wahrnehmung, Überschätzung

„Das Verhalten, sich viele Stunden für eine Tafel Schokolade anzustellen,
kann durch verschiedene psychologische Konzepte erklärt werden. Ein
zentraler Aspekt ist das Prinzip der Verknappung, das besagt, dass
Menschen Dinge, die als selten oder schwer zu bekommen gelten, als
wertvoller empfinden (Cialdini, 2009). Diese Wahrnehmung von Knappheit
kann den Wunsch verstärken, das Objekt zu besitzen, selbst wenn die
Wahrscheinlichkeit, es zu bekommen, gering ist.

Das "Unbedingt-Haben-Wollen" kann auch durch den psychologischen
Mechanismus der kognitiven Dissonanz erklärt werden. Wenn jemand viel Zeit
und Mühe investiert hat, um etwas zu bekommen, wird er dazu neigen, den
Wert dieses Objekts zu überschätzen, um die Dissonanz zwischen Aufwand und
möglichem Misserfolg zu verringern (Festinger, 1957). Das kann dazu
führen, dass Menschen irrational handeln und sich stärker anstrengen, um
das gewünschte Objekt zu erhalten.“



Fazit: Dass die Dubai-Schokolade so trendet, ist definitiv kein Zufall.
Die Erfinderin, die die Dubai-Schokolade aus Schwangerschaftsgelüsten
heraus kreiert hat, hat Dank geschmacklicher Vorlieben, einer sehr
schlauen Marketingstrategie und letztlich auch evolutionär bedingter
psychologischer Mechanismen des Menschen, anschaulich demonstriert, wie
ein Produkt funktionieren kann.

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