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Nobelpreis für die Wegbereiter der KI: Was bedeutet das für Wissenschaft und Gesellschaft

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Am 10. Dezember, dem Todestag des schwedischen Erfinders und Industriellen
Alfred Nobel, findet die Verleihung der Nobelpreise 2024 statt. Als
höchste Auszeichnung für herausragende wissenschaftliche Errungenschaften,
heben sie die enge Verbindung zwischen Wissenschaft und gesellschaftlichem
Fortschritt hervor.

 Diese zeigt sich diesmal vor allem auf den Gebieten
der Physik und Chemie. Mit den Nobelpreisen in diesen Disziplinen werden
in diesem Jahr die Wegbereiter der Künstlichen Intelligenz (KI)
ausgezeichnet. Mitglieder der Plattform Lernende Systeme kommentieren die
Bedeutung der Auszeichnungen im Bereich KI für Wissenschaft und
Gesellschaft.

München, 05. Dezember 2024 - Der Nobelpreis für Physik 2024 wird an die
beiden Forscher Professor John Hopfield von der Princeton University und
Professor Geoffrey Hinton von der Toronto University verliehen. Ihre
Arbeiten im Bereich der künstlichen neuronalen Netze haben die Grundlagen
für das maschinelle Lernen gelegt, das seit einigen Jahren als Treiber der
KI-Entwicklung gilt. Die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften
betonte, dass die Entdeckungen von Hopfield und Hinton nicht nur die
Entwicklung moderner KI-Technologien wie ChatGPT beeinflusst haben,
sondern auch in verschiedenen Bereichen der Physik, etwa in der
Partikelphysik und den Materialwissenschaften, Anwendung finden. Hopfields
Erfindung des nach ihm benannten Netzwerks ermöglicht das Speichern und
Wiederherstellen von Mustern, mittels Hintons Boltzmann-Maschine lassen
sich charakteristische Elemente in Daten erkennen. In seiner Stellungnahme
anlässlich der Preisvergabe wies Hinton auch auf die potenziellen Risiken
der Künstlichen Intelligenz hin und betonte die Notwendigkeit, die
Gefahren zu erkennen, die mit Technologien verbunden sind, die
möglicherweise intelligenter werden als Menschen.

Mit der Verleihung des Nobelpreises für Chemie 2024 an David Baker, Demis
Hassabis und John Jumper wird die bedeutende Rolle der Künstlichen
Intelligenz in der modernen Wissenschaft gewürdigt. Die Preisträger haben
innovative Methoden zur Vorhersage und Gestaltung von Proteinen
entwickelt, die vielfältige Anwendungen in der Medizin und Umwelttechnik
ermöglichen. Die Arbeiten von Baker, Hassabis und Jumper revolutionieren
das Verständnis von Proteinstrukturen, was entscheidend für die
Entwicklung neuer Medikamente, Impfstoffe sowie umweltfreundlicher
Materialien ist. Die Kombination aus Vorhersage und Design von Proteinen
eröffnet vielfältige neue Möglichkeiten, etwa die Entwicklung
maßgeschneiderter Designer-Proteine, die als Impfstoffe fungieren oder
chemische Reaktionen beschleunigen können.

KI beschleunigt Forschung in vielen Disziplinen – auch in Deutschland

Diese Auszeichnungen unterstreichen einerseits die Wichtigkeit von KI-
Grundlagenforschung und andererseits den unmittelbaren Nutzen von KI-
unterstützter Forschung für die Gesellschaft. Von Fortschritten in der KI-
Grundlagenforschung profitieren viele wissenschaftliche Disziplinen;
insbesondere in naturwissenschaftlichen Fächern sind Methoden der KI in
der modernen Forschung zu einem wichtigen Werkzeug geworden. Beispiel
Arzneimittelforschung: Mithilfe von KI lassen sich die Prozesse von der
ersten Idee bis zur Zulassung eines Medikaments deutlich effizienter
gestalten. Wie genau KI im Forschungsprozess dazu beitragen kann, Zeit und
Geld zu sparen und medizinisch bessere und individuellere Medikamente zu
entwickeln, skizziert das Whitepaper „Arzneimittel mit KI entwickeln“ der
Plattform Lernende Systeme. Aber auch in vielen anderen Disziplinen
unterstützt KI Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Arbeit,
wie eine Portraitreihe der Plattform Lernende Systeme zeigt. Die KI-
Grundlagenforschung in Deutschland wird unter anderem durch die vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten sechs KI-
Kompetenzzentren gestärkt. Gemeinsam bilden sie ein Netzwerk zum Austausch
von Kompetenzen und Forschungsergebnissen und vereinen mehr als 2.000
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Entscheidend für den
anwendungsbezogenen Einsatz von KI ist der erfolgreiche Transfer von der
Forschung in die Praxis, wie er in über 120 von Bund und Ländern
geförderten Transferzentren in Deutschland erfolgt. Einen Überblick über
diese KI-Transfereinrichtungen bietet die KI-Landkarte der Plattform
Lernende Systeme (Link).

Stimmen zu den Nobelpreisen im Bereich KI

Die Bedeutung und das Potenzial der Nobelpreise im Bereich KI für
Wissenschaft und Gesellschaft kommentieren Mitglieder der Plattform
Lernende Systeme wie folgt:

"Seitdem ich im Jahr 2003 in die Königlich Schwedische Akademie der
Wissenschaften aufgenommen wurde, nehme ich jedes Jahr am
Vorschlagverfahren für die Nobelpreise in Chemie und Physik teil. Weil man
sich dabei strikt an das Testament von Alfred Nobel hält, gibt es für
Mathematik und Informatik bekanntlich keinen Nobelpreis. Für alle
Forschenden in der KI ist es eine großartige Aufwertung ihres Gebietes,
dass 2024 erstmals und gleich mit vier Nobelpreisträgern in diesem bereits
1956 gegründeten Teilgebiet der Informatik ein "Ritterschlag" erfolgte.
Freuen würde sich auch der Stifter Nobel, der jüngere Preisträger und
„Leistungen zum Wohl der Menschheit“ favorisierte. Dies ist mit dem KI-
System AlphaFold von Google DeepMind zweifellos gelungen, weil es
Biochemiker bei der Vorhersage von Proteinfaltungen unterstützt."
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Wahlster, Deutsches Forschungszentrum
für Künstliche Intelligenz GmbH / Lenkungskreis Plattform Lernende Systeme

"Wir stehen derzeit am Beginn der vierten industriellen Revolution durch
Künstliche Intelligenz, die innerhalb der kommenden fünf bis zehn Jahre
unsere Gesellschaft in ihrer gesamten Breite radikal verändern wird. Die
diesjährigen Nobelpreise in Physik und Chemie ehren bahnbrechende
wissenschaftliche Errungenschaften, die die Entwicklung und Anwendung
künstlicher neuronaler Netze als „Arbeitstier“ der KI entscheidend
vorangebracht haben. Sie markieren ein klares Signal für den bereits
vollzogenen Paradigmenwechsel, den KI in den Wissenschaften eingeleitet
hat, und unterstreichen die transformative Bedeutung dieser Technologie.
Ich erwarte, dass sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren noch
weiter intensivieren und KI menschliche Intelligenz optimal augmentieren
wird."
Prof. Dr. Gitta Kutyniok, Ludwig-Maximilians-Universität München /
Plattform Lernende Systeme

Die mutige Entscheidung für die "KI-Nobelpreise" zeigt, dass Künstliche
Intelligenz die Art und Weise verändert hat, wie in den Wissenschaften
gearbeitet wird. Sie deutet auch, speziell im Falle des Nobelpreises für
Chemie, darauf hin, wie wichtig die Arbeit im Team in der heutigen
Wissenschaft ist. Man sieht, dass das Vollenden eher als der Anfang
belohnt wird: Die Entdeckung, dass maschinelles Lernen zusammen mit
evolutionärer Information für die Vorhersage der Proteinstruktur
essenziell ist, wurde beispielsweise in Deutschland in den 1990ern von
Burkhard Rost und Chris Sander gemacht. Es bleibt zu sehen, ob, wie und
wann die nächsten großen Schritte gemacht werden. Die Nobel-Turing-
Challenge zielt darauf ab, dass bis 2050 intelligente Maschinen autonom
Wissenschaft betreiben, die einen Nobelpreis wert wären oder sind.
Prof. Dr. Stefan Kramer, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz / Plattform
Lernende Systeme

Über die Plattform Lernende Systeme

Die Plattform Lernende Systeme ist ein Netzwerk von Expertinnen und
Experten zum Thema Künstliche Intelligenz (KI). Sie bündelt vorhandenes
Fachwissen und fördert als unabhängiger Makler den interdisziplinären
Austausch und gesellschaftlichen Dialog. Die knapp 200 Mitglieder aus
Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft entwickeln in Ar-beitsgruppen
Positionen zu Chancen und Herausforderungen von KI und benennen
Handlungsoptionen für ihre ver-antwortliche Gestaltung. Damit unterstützen
sie den Weg Deutschlands zu einem führenden Anbieter von vertrauens-
würdiger KI sowie den Einsatz der Schlüsseltechnologie in Wirtschaft und
Gesellschaft. Die Plattform Lernende Sys-teme wurde 2017 vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auf Anregung von
acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften gegründet. Sie wird
von hochrangigen VertreterInnen der beiden Institutionen geleitet und von
einem Lenkungskreis gesteuert.

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