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Diabetes erhöht das Risiko für Tumorkachexie und geringe Lebenserwartung

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80 Prozent der Krebspatientinnen und -patienten magern durch
Tumorkachexie, eine Stoffwechselstörung, lebensbedrohlich ab. Dies
schwächt den Körper, macht Therapien weniger effektiv und verschärft den
Krankheitsverlauf.

Laut einer aktuellen Studie in Nature Metabolism bleibt
diese häufige Begleiterscheinung oft unbeachtet und endet bei einem
Drittel der Betroffenen tödlich. Menschen mit Diabetes haben zudem ein
erhöhtes Risiko. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) fordert daher,
diabetologische Expertise in die Krebsbehandlung einzubinden.

Tumorkachexie führt zu einem massiven Verlust von Muskel- und Fettgewebe.
Das hat wiederum allgemeine Schwäche, reduzierte Lebensqualität und
schlechtere Wirksamkeit von Krebstherapien zur Folge. „Die
Stoffwechselstörungen, die durch den Tumor ausgelöst und durch
Entzündungen im Körper verstärkt werden, machen eine einfache
Gewichtszunahme durch Ernährung nahezu unmöglich“, erklärt Professor Dr.
med. Stephan Herzig, 2. Vorsitzender der AG „Diabetes und Krebs“ der DDG
sowie Direktor des Instituts für Diabetes und Krebs am Helmholtz-Zentrum
München. „Die Kachexie ist daher nicht nur ein Symptom, sondern eine
eigenständige Erkrankung, die das Überleben von Krebspatientinnen und
-patienten erheblich beeinflusst.“

Diabetes als Katalysator für Tumorkachexie: Höhere Krankheitslast und
Sterblichkeit
Eine neue Übersichtsarbeit in Nature Metabolism, an der Herzig mitgewirkt
hat, zeigt auch auf, wie Diabetes die Tumorkachexie verschärft.1 So tritt
bei Krebspatientinnen und -patienten mit Diabetes Kachexie häufiger auf
als bei Betroffenen ohne Diabetes – bei Darm- und Pankreaskrebs sind es
beispielsweise 80 Prozent versus 61 Prozent. Auch der Krankheitsverlauf
ist schwerwiegender: Diabetische Patienten verlieren im Durchschnitt mehr
Gewicht, haben höhere Entzündungswerte und ein signifikant kürzeres
Überleben. Das liegt vor allem daran, dass bei Diabetes bereits ein
gestörter Energiestoffwechsel vorliegt, der die Tumorkachexie verstärkt.
Die vorliegende Insulinresistenz und entzündungsfördernde Prozesse
verschärfen den katabolen Zustand. Gleichzeitig schränkt die erhöhte
Belastung des Stoffwechsels die Fähigkeit des Körpers ein, Energieverluste
auszugleichen. Dadurch ist das Risiko für schwere Verläufe und schlechtere
Überlebenschancen bei Krebspatienten mit Diabetes besonders hoch. „Das
Review zeigt deutlich, dass Diabetes nicht nur das Risiko für Krebs-
bedingte Kachexie erhöht, sondern auch die Lebensqualität und das
Überleben von Krebspatientinnen und -patienten deutlich verschlechtert“,
so Herzig.

Neue Ansätze: Interdisziplinäre Betreuung und künftige
Therapiemöglichkeiten
Die Versorgung von Menschen mit Tumorkachexie erfordert einen multimodalen
Ansatz. Neben einer individuell angepassten Ernährungstherapie spielen
entzündungshemmende Medikamente und appetitanregende Substanzen wie
Ghrelin-Agonisten eine wichtige Rolle. Moderate körperliche Aktivität kann
den Muskelabbau verlangsamen. „Kachexie darf nicht als unvermeidbare
Begleiterscheinung von Krebs abgetan werden“, mahnt Herzig. „Die komplexen
Wechselwirkungen zwischen Stoffwechsel, Entzündung, Tumorwachstum sowie
dem erhöhten Bedarf an ernährungsmedizinischer Versorgung machen eine
interdisziplinäre Betreuung aus der Onkologie, Ernährungsberatung und
Diabetologie unverzichtbar.“

Die neue Übersichtsarbeit zeigt auch erste vielversprechende
molekularbiologische Ansätze auf. So könnte die gezielte Modulation des
Energiestoffwechsels, beispielsweise durch Aktivierung des AMPK-
Signalwegs, helfen, den Abbau von Fett- und Muskelmasse zu verlangsamen.
Bei Tiermodellen konnte dies bereits die Überlebenszeit verbessern und die
Kachexie-Symptome mindern.

Überlebensrate verbessern: Frühzeitige Diagnostik und Therapie notwendig
Die DDG fordert, die Kachexie bei Menschen mit Krebs und Diabetes
systematisch zu erkennen und zu überwachen. Regelmäßige Messungen des
Gewichtsverlusts, der Körperzusammensetzung und der Entzündungswerte
sollten zum Standard in der Krebsbehandlung gehören. „Nur durch
frühzeitige Intervention mit Hilfe von Diabetes- und Ernährungsteams, die
an jedem größeren Klinikum zum Standard gehören sollten (2), können wir
verhindern, dass Menschen mit Krebs- und Diabeteserkrankung unbemerkt in
einen Teufelskreis aus Entzündung, Gewichtsverlust und vermindertem
Ansprechen der Therapie geraten“, resümiert DDG Präsident Professor Dr.
med. Andreas Fritsche aus Tübingen.

Originalpublikation:
(1) Mauricio Berriel Diaz et al., Cancer cachexia: multilevel metabolic
dysfunction, https://doi.org/10.1038/s42255-024-01167-9
(2) Adolph M et al., Comprehensive nutrition therapy in hospitals -
Wishful thinking or reality? https://doi.org/10.1016/j.zefq.2024.01.004

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