Umweltfolgen der Digitalisierung künftig stärker berücksichtigen“ Erwartung von 87 Prozent der Deutschen – forsa-Umfrage
Nahezu alle Lebensbereiche sind von intensiver Digitalisierung
betroffen. Zugleich prägt Nachhaltigkeit die Debatte über den Erhalt eines
lebenswerten Planeten.
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat die
beiden Treiber der Transformation genauer unter die Lupe genommen und das
forsa-Meinungsforschungsinstit
diesen zwei Schlüsselfaktoren beim Wandel von Wirtschaft, Wissenschaft,
Gesellschaft und Politik beauftragt. Eine Erkenntnis: Die große Mehrheit
der Deutschen – insgesamt 87 Prozent – hält es für „wichtig“ oder „sehr
wichtig“, dass Politik, Unternehmen und Gesellschaft künftig stärker
mögliche Umweltfolgen der Digitalisierung berücksichtigen.
Fast alle Befragten verbinden mit Digitalisierung eine Veränderung der
Arbeitswelt
„Ein Großteil der Bevölkerung hat ein Gespür dafür, worauf es ankommt,
wenn wir diese doppelte Transformation aus digitalen Technologien sowie
Klima- und Umweltschutz so bewältigen wollen, dass die Erde nicht vor die
Hunde geht“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. „Die
Digitalisierung entfaltet eine mächtige Wirkkraft und hat riesiges
Potenzial für den Schutz von Luft, Boden und Wasser“, so Bonde. In jedem
Fall verändere sie „fundamental, wie wir wohnen, arbeiten, produzieren,
kommunizieren und konsumieren“. Das werde in Betrieben ebenso wie im Leben
von Bürgerinnen und Bürgern zum grundlegenden Wandel von
Produktionsprozessen, Konsumgewohnheiten und Infrastrukturen führen. Die
aktuelle forsa-Umfrage stützt diese Einschätzung: Demnach verbinden fast
alle Befragten – 97 Prozent – mit Digitalisierung eine Veränderung der
Arbeitswelt. Und: Auch Kategorien wie Beschleunigung (87 Prozent),
Globalisierung (86 Prozent) und Vereinfachung (80 Prozent) sind oder
werden laut großer Mehrheit der Deutschen Folgen der Digitalisierung.
Bonde: „Wir dürfen nicht den Fehler machen, künstliche Intelligenz,
Virtual Reality, Big Data und all die anderen digitalen Technologien rein
aus technischer oder wirtschaftlicher Sicht zu betrachten – ohne die
Nachhaltigkeit zu beachten.“ Sonst bestehe die Gefahr, „dass die durch
Digitalisierung generierten Umwelt-Vorteile wie Energieeinsparung,
Effizienzsteigerungen und Ressourcenschonungen durch gravierende Rebound-
Effekte letztlich in einer negativen Umweltbilanz enden und zunichte
gemacht werden“.
DBU-Generalsekretär Bonde: Digitalisierung wird nur gemeinsam mit
Nachhaltigkeit zum Wettbewerbsfaktor
Bonde nennt in diesem Zusammenhang etwa das Risiko zunehmenden
Elektroschrotts wegen rasant steigender Zahl und häufigen Wechsels
technischer Geräte. Auch durch Digitalisierung ausgelöste erheblich
steigende Rechnerkapazitäten mit wiederum imposant wachsendem
Energieverbrauch könnten eine Herausforderung bedeuten. Und ein erhöhter
Treibhausgasausstoß drohe zum Beispiel dadurch, dass Online-Shopping zu
vermehrten Waren-Rücksendungen und Transporten führe – oft mit der Folge,
Retouren einfach zu vernichten und Ressourcen zu verschwenden. Der DBU-
Generalsekretär: „Bei der Digitalisierung muss deshalb unbedingt
Nachhaltigkeit mitgedacht werden. Nur gemeinsam wird beides zum
Wettbewerbsfaktor und Geschäftsmodell – nicht nur für die Wirtschaft,
sondern für eine Gesellschaft insgesamt.“
Rund zwei Drittel der Bevölkerung „stark“ oder „sehr stark“ an technischen
Neuerungen interessiert
Die bundesweite Erhebung der „forsa Gesellschaft für Sozialforschung und
statistische Analysen“ für den DBU-Umweltmonitor „Digitalisierung und
Nachhaltigkeit“ wandte sich an mehr als 1000 Befragte ab 18 Jahren. Die
ermittelten Ergebnisse können auf die Gesamtheit der erwachsenen
Bevölkerung in Deutschland übertragen werden. Demnach sind aktuell rund
zwei Drittel der Bevölkerung (64 Prozent) „stark“ oder „sehr stark“ an
technischen Entwicklungen und Neuerungen interessiert. Bei der Frage nach
der Erwartung an eine künftige Berücksichtigung möglicher Umweltfolgen der
Digitalisierung differenziert forsa nicht nur zwischen Männern und Frauen
– beide Geschlechter liegen in den Kategorien „wichtig“ und „sehr wichtig“
mit 85 Prozent (Männer) und 89 Prozent fast gleichauf –, sondern auch
zwischen Parteien. Ergebnis: In den Kategorien „wichtig“ und „sehr
wichtig“ liegen Anhänger von SPD (96 Prozent), Grünen (95 Prozent) und BSW
(93 Prozent) weit vorn; es folgen die Anhänger von CDU (87 Prozent), FDP
(78 Prozent) sowie AfD (63 Prozent).
Mögliche positive und negative Umweltfolgen der Digitalisierung
Mehr als zwei Drittel der Befragten (77 Prozent) sehen Hersteller und
Anbieter in der Verantwortung, bei neuen Produkten und Entwicklungen
Umweltfolgen genügend in die Planungen mit einzubeziehen. Lediglich 18
Prozent verorten diese Pflicht bei Verbraucherinnen und Verbrauchern.
Gefragt nach Einschätzungen zu positiven Umweltfolgen durch
Digitalisierung ergibt sich folgendes Bild: Große bis sehr große
Auswirkungen für die Umwelt erwarten 74 Prozent der Befragten durch
umweltfreundliche Technologien, die Energie einsparen. Immerhin noch 70
Prozent der Bevölkerung sehen in der Digitalisierung die Chance, zunehmend
auf bestimmte Materialien wie Papier zu verzichten. Auch Mobilität spielt
eine Rolle: 57 Prozent unter den Befragten gehen davon aus, dass
Digitalisierung das Verkehrsaufkommen minimiert – etwa durch Carsharing
und weniger Geschäftsreisen wegen Videokonferenzen oder Heimarbeit. Aber
auch mögliche negative Umweltfolgen als Folge der Digitalisierung werden
genannt. Ganz vorne: 80 Prozent der Befragten befürchten eine Zunahme von
Elektromüll durch mehr elektronische Geräte wie Tablets und Smartphones.
72 Prozent betrachten den höheren Materialverbrauch für die Herstellung
elektronischer Geräte als „große“ bis „sehr große“ Auswirkung. Fast zwei
Drittel (60 Prozent) weisen auf den drohenden höheren Energieverbrauch
sowie (59 Prozent) auf die mögliche höhere Luftverschmutzung durch mehr
Lieferverkehr etwa infolge des Online-Shoppings hin.
Bemerkenswerte Erkenntnisse der forsa-Erhebung zu Digitalisierung und
Nachhaltigkeit
Bemerkenswert sind gleichwohl folgende forsa-Erkenntnisse: lediglich 38
Prozent der Befragten assoziieren Digitalisierung mit Umweltschutz, 53
Prozent nicht. Und: Nur eine Minderheit der Befragten (36 Prozent)
befürchtet sehr große Auswirkungen der Digitalisierung auf die Umwelt.
Fast zwei Drittel (63 Prozent) entscheiden beim Kauf von Hardware allein
nach dem Preis-Nutzen-Verhältnis – und lediglich 34 Prozent aufgrund von
Nachhaltigkeitskriterien.