Wenn Gleitsichtbrille und Computer Vision Syndrom Kopfschmerz auslösen
Kopfschmerzen können auch von den Augen ausgehen. „Vor dem Hintergrund der
allgemein zunehmenden Bildschirmnutzung ist das mittlerweile sogar häufig
der Fall“, sagt Professor Dr. med. Wolf Lagrèze von der Deutschen
Ophthalmologischen Gesellschaft e.V. (DOG).
Der DOG-Experte erläutert, was
gegen das sogenannte Computer Vision Syndrom hilft, warum die
Gleitsichtbrille am Rechner nicht immer eine gute Idee ist und welche
weiteren Augenprobleme Kopfschmerzen triggern.
Der intensive Gebrauch digitaler Bildschirmgeräte stellt unsere Augen vor
neue Herausforderungen – längere Computernutzung kann beispielsweise das
Computer Vision Syndrom (CVS) auslösen. „Studien weisen darauf hin, dass
jeder Zweite, der Computer und Smartphones intensiv nutzt, unter CVS
leidet“, sagt Lagrèze, der als Leiter der Sektion Neuroophthalmologie,
Kinderophthalmologie und Schielbehandlung an der Universitätsaugenklinik
Freiburg tätig ist. Zu den Leitsymptomen des CVS zählen auch Kopfschmerzen
und Augenbrennen, die von chronischer Fehlhaltung und gereizten Augen
herrühren.
Bewusste Lidschläge und regelmäßiges Lüften
„Wir steuern am Computer mit der Maus den Cursor“, erläutert der
Freiburger Augenarzt. „Damit wir die Bewegungen gut koordinieren können,
sinkt unbewusst die Blinzelfrequenz.“ Das Resultat: Die Augen werden nicht
mehr gut mit Tränenflüssigkeit befeuchtet, der Tränenfilm wird instabil
und die Augen beginnen zu brennen. „Mit der Zeit wird es manchmal ein
Schmerz in Richtung Kopf“, sagt Lagrèze. Er empfiehlt, am Rechner öfter
Pausen einzulegen, alle paar Minuten in die Ferne zu schauen und bewusst
zu blinzeln oder gar die Augen für ein paar Sekunden zu schließen.
„Wohltuend für die Augen ist es auch, weniger zu heizen und regelmäßig zu
lüften, um die Luft feuchter zu halten“, rät der DOG-Experte.
Gleitsichtbrille fördert Fehlhaltungen
Wer sich dem 50. Lebensjahr nähert und registriert, dass sich
Kopfschmerzen vor dem Computer einstellen, sollte zuerst an eine
Alterssichtigkeit denken, die das Sehen im Nahbereich erschwert und
dadurch zu Ermüdung und Druckgefühl im Kopf führt. „Eine Nahbrille schafft
Abhilfe, aber dieser Schritt wird oft hinausgezögert“, weiß Lagrèze. Eine
Gleitsichtbrille mit Nahteil hilft ebenfalls gegen Alterssichtigkeit, kann
zugleich aber auch wieder Kopfweh triggern. „Denn wir sitzen wie
eingefroren und bewegen den Kopf und die Wirbelsäule nicht mehr, um mit
der Gleitsichtbrille die beste Schärfe auf dem Bildschirm festzuhalten“,
erläutert Lagrèze. Das führt zu Fehlhaltungen, die Kopfschmerzen
begünstigen. „Die Lösung ist, sich eine extra Computerbrille anfertigen zu
lassen, etwa als monofokale Brille für ungefähr 80 Zentimeter
Sehentfernung“, sagt der DOG-Experte.
Falsche Sehhilfen triggern Kopfweh
Überhaupt stellen Fehlsichtigkeiten einen häufigen Grund für augenbedingte
Kopfschmerzen dar. „Sind Kurz- oder Weitsichtigkeit nicht erkannt oder
korrigiert, überanstrengen wir unsere Augen“, erläutert Lagrèze. „Als
Reaktion setzen abends Kopfschmerzen ein.“ Das gilt auch für den Fall,
dass Brille oder Kontaktlinsen nicht die richtige Stärke besitzen oder ein
„verstecktes“ Schielen vorliegt, das durch verstärkte Augenmuskelarbeit
kompensiert wird. „Mit Sehtests und Augenuntersuchungen finden wir die
Ursache und passen die Sehhilfen korrekt an“, so Lagrèze. Die
Kopfschmerzen verschwinden dann meist.
Augenleiden als Auslöser
Darüber hinaus können hinter Kopfschmerzen auch Augenerkrankungen stecken,
die etwa von der Hornhaut, der Bindehaut, der Augenhöhle oder Leder- und
Regenbogenhaut herrühren – im Extremfall sind starke Kopfschmerzen die
Folge eines akuten Glaukom-Anfalls, eines augenärztlichen Notfalls, oder
einer Riesenzellarteriitis. „Solche Augenleiden sind jedoch insgesamt eher
selten der Auslöser für Kopfweh“, beruhigt Lagrèze. Viel häufiger handle
es sich mit über 90 Prozent aller Fälle um Spannungskopfschmerz oder
Migräne. „Es ist aber in jedem Fall ratsam, bei chronischen Kopfschmerzen
einmal auch die Augenärztin oder den Augenarzt aufzusuchen“, rät der DOG-
Experte.