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Größte und älteste Saatgutbank für Wildpflanzen in Deutschland feiert 30-jähriges Bestehen

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Im Herbst 1994 startete die Arbeit der Dahlemer Saatgutbank des
Botanischen Gartens mit der Einlagerung von 7.260 Samenkörnern des
Balearen-Kohls (Brassica balearica). Inzwischen lagern hier Millionen
Samen von gut 3.500 Arten aus 82 Ländern.

In einer begehbaren
Gefrierkammer bleiben die getrockneten Samen bei  -24°C jahrzehntelang am
Leben. Zu den Hauptaufgaben der Saatgutbank gehören – damals wie heute –
der Aufbau, die Erhaltung und die Dokumentation der Sammlung sowie die
Abgabe von Wildpflanzen-Samen für den Botanischen Artenschutz und für
Forschung und Lehre.

Prof. Dr. Thomas Borsch, Direktor des Botanischen Gartens Berlin: „Unsere
Saatgutbank ist heute wichtiger denn je. Nur wenige Saatgutbanken weltweit
konzentrieren sich auf die Lagerung von Wildpflanzensaatgut. Täglich
sterben auf der Welt 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Alleine in Berlin
sind über 700 Wildpflanzenarten akut bedroht. Für den Schutz der
biologischen – insbesondere der genetischen – Vielfalt leisten unserer
Wissenschaftler*innen daher einen unverzichtbaren Beitrag.“

Dr. Elke Zippel, Leiterin der Dahlemer Saatgutbank im Botanischen Garten
Berlin: „Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt natürlich bei den seltenen
und hochgradig gefährdeten Arten. Aber wir sammeln auch Samen von
Pflanzen, die bislang noch häufig vorkommen. Die Veränderungen in der
Landschaft sind derart massiv, dass heute noch weit verbreitete und
häufige Arten in wenigen Jahren schon selten sein können. Deshalb ist es
eines unserer Ziele, von der nordost- und mitteldeutschen Flora eine
geographisch und damit auch genetisch repräsentative Samen-Sammlung
aufzubauen. Daneben werden in der Dahlemer Saatgutbank auch Samen aus dem
Pflanzenbestand des Botanischen Gartens gelagert, um unsere wertvolle
Lebendsammlung langfristig zu sichern.“

Von gestern bis heute

Begonnen hatte alles 1994 mit drei Mitarbeitenden und einer Tiefkühltruhe.
Die damalige „Samenstube“ des Botanischen Gartens Berlin befand sich in
einem kleinen, historischen Gebäude. Dort wurden seit jeher Samen
gereinigt, aufbewahrt und im sogenannten "Index Seminum", einem
Saatgutkatalog, anderen Botanischen Gärten im In- und Ausland zum Tausch
angeboten. Die Erstellung des „Index Seminum“ gehört bis heute zu den
wichtigen Aufgaben der Dahlemer Saatgutbank. Die Tiefkühltruhe ergänzte
damals diese Arbeiten und ermöglichte erstmals die längerfristige Lagerung
der Samen. Mit dem Umzug 2015 in neue, moderne Räumlichkeiten wurde aus
der „Samenstube“ die „Dahlemer Saatgutbank“. Aber nicht nur der Name
änderte sich. Ein Trockenraum, Labore für Keimungstests und eine große
Gefrierkammer eröffneten ganz neue Möglichkeiten. Inzwischen verfügt die
Dahlemer Saatgutbank über technische Anlagen zur Saatguttrocknung und
-lagerung. Hierzu zählen zwei Trockenkammern mit 15 Prozent relativer
Luftfeuchte bei 15 °C Raumtemperatur, Kühlschränke sowie eine begehbare
Gefrierkammer zur dauerhaften Lagerung der Samen bei -24 °C. Für die
Keimungsversuche ist ein voll ausgestattetes Saatgutlabor vorhanden, wo
alle erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden können.

Heute finden sich in der Dahlemer Saatgutbank Samen aus vielen Ländern der
Erde. Insgesamt sechs Mitarbeiter*innen, teils aus befristeten
Drittmitteln finanziert, kümmern sich um die Pflege und den weiteren
Aufbau der Saatgut-Sammlung. Die wichtigsten Partner sind
Naturschutzbehörden und Kolleg*innen anderer Botanischer Gärten. Mit ihnen
werden Sammlungsstrategien gemeinsam abgestimmt und durchgeführt. Auch auf
internationaler Ebene gibt es eine Zusammenarbeit mit Saatgutbanken für
Wildpflanzen. Darüber hinaus ist die Dahlemer Saatgutbank Mitglied im
European Native Seed Conservation Network (ENSCONET), einem Konsortium von
28 europäischen Wildpflanzen-Saatgutbanken, und arbeitet nach dessen
internationalen Standards.

Anlässlich des Jubiläums der Dahlemer Saatgutbank unterzeichnen der
Botanische Garten Berlin und die Stiftung Naturschutz Berlin am 08.11.2024
eine Kooperationsvereinbarung zur Erhaltung und Förderung der Biologischen
Vielfalt in Berlin. Damit bekennen sie sich ausdrücklich zu den, in der
„Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt“ dargelegten strategischen
Zielen und werden diese zukünftig mit geeigneten gemeinsamen Maßnahmen
unterstützen. So soll beispielsweise die Sammlung von Samen seltener
Berliner Wildpflanzen verstärkt und diese Samen für gemeinsame
Ansiedlungen im Stadtgebiet genutzt werden. Gleichzeitig werden
Empfehlungen für die Verwendung von heimischem Saat-/Pflanzgut in Berlin
erarbeitet und in einer Broschüre veröffentlicht.

30 Jahre Dahlemer Saatgutbank - Zahlen, Daten, Fakten

Kleinster Same
Zu den kleinsten Samen der Dahlemer Saatgutbank zählen die Orchideensamen,
wie beispielsweise die des Breitblättrigen Knabenkrauts. Früher war es in
ganz Deutschland weit verbreitet und sehr häufig. Die Art ist auf nicht
gedüngte, feuchte Wiesen angewiesen, wie sie in unserer Landschaft überall
anzutreffen waren. Die Entwässerung der Landschaft und die Vergüllung der
Wiesen sind dafür verantwortlich, dass das Breitblättrige Knabenkaut
inzwischen immer schneller verschwindet. Die letzten verbliebenen
Vorkommen werden am Botanischen Garten im Rahmen einer Doktorarbeit
genetisch untersucht.

Sehr seltene Samen
In der Dahlemer Saatgutbank lagern neben anderen Schätzen Samen zweier
weltweit sehr, sehr seltenen Pflanzen, die in Nordostdeutschland ihren
Verbreitungsschwerpunkt haben: Es sind Samen von Ruthes Knabenkraut, das
nur in Peenemünde und nur ausgesprochen selten weiter östlich in Polen und
im Baltikum vorkommt. Zum anderen sind es Samen vom Sumpf-Kranzenzian, der
zu einer der seltensten Arten Mitteleuropas zählt und mit nur einem halben
Dutzend Vorkommen in Deutschland heimisch ist.

Reinigung der Samen
Die Reinigung der Samen erfolgt per Hand. Dazu werden die Samen aus den
Früchten gelöst und gereinigt in eine Tüte gefüllt. Wildpflanzensamen sind
sehr heterogen und sind häufig nur in sehr kleine Mengen vorhanden.
Dennoch ist die Arbeit aufwändig. Daher ist geplant, für größere
Samenmengen eine kleine Reinigungsmaschine anzuschaffen.

Größtes Projekt
Das bisher größte Projekt der Dahlemer Saatgutbank ist ein Verbundprojekt
mit den Botanischen Gärten Mainz, Osnabrück, Potsdam und Regensburg. Es
trägt den Titel „WIPs-De (Wildpflanzen-Schutz Deutschland) – Aufbau eines
nationalen Verbundes zum Schutz gefährdeter Wildpflanzenarten in
besonderer Verantwortung Deutschlands“. Hierbei werden nicht nur Samen
gefährdeter Wildpflanzen gesammelt, sondern die Botanischen Gärten pflegen
auch Erhaltungs- und Vermehrungskulturen und siedeln in enger
Zusammenarbeit mit Behörden und Ehrenamtlichen gefährdete Arten auf
geeigneten Flächen wieder an. So konnten durch die Arbeiten der Dahlemer
Saatgutbank unter anderem bereits Arnika, Pfingstnelke und Duftskabiose an
verschiedenen Orten wieder erfolgreich angesiedelt bzw. winzige
Restpopulationen gestützt werden. Im Mittelpunkt des Projektes stehen
Arten, die in Mitteleuropa ihren Verbreitungsschwerpunkt haben und für
deren Erhaltung Deutschland eine besonders hohe Verantwortung hat. Das
Gesamtvolumen dieses Projektes, das seit Mitte 2013 bis Ende 2025 vom
Bundesamt für Naturschutz gefördert wird, beträgt für die Dahlemer
Saatgutbank rund 2,3 Millionen Euro.

Weitere Infos: https://www.bo.berlin/de/wissenschaft24-saatgutbank#Sichern



Mit nahezu 20.000 Pflanzenarten ist der Botanische Garten Berlin der
größte in Deutschland und zählt zu den bedeutendsten weltweit. Auf 43
Hektar Freigelände und in fünfzehn Gewächshäusern erhalten Besucherinnen
und Besucher faszinierende Einblicke in die Welt der Botanik. Als
Knotenpunkt der internationalen Biodiversitätsforschung sowie als Ort der
Wissensgenerierung und -vermittlung beschäftigt der Botanische Garten mehr
als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit dem Botanischen Museum
verfügt er über Deutschlands einzigartige museale Einrichtung, die sich
der Vielfalt der Pflanzenwelt, ihrer Bedeutung und der Darstellung ihrer
Kultur- und Naturgeschichte widmet. Seit 1995 gehört die Einrichtung zur
Freien Universität Berlin.

Der Botanische Garten Berlin ist BO Berlin – Internationales
Wissenszentrum der Botanik. Ein einzigartiger Ort, der Botanik in allen
Facetten erlebbar macht.

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