Datensammler am Meeresgrund: Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute ausgebracht
In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der
Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen
weltweit: Boknis Eck.
Seit 1957 werden hier vom Schiff aus regelmäßig
Daten zum Zustand der Ostsee gesammelt, seit 2016 zusätzlich auch mit
einem Unterwasser-Observatorium am Meeresgrund. Nachdem dieses 2019
verschwunden war, hat das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
heute mit dem Forschungsschiff ALKOR einen neuen, modernisierten
Messknoten ausgebracht. Schon in Kürze wird die Unterwasserstation nun
wieder kontinuierlich Daten zu wichtigen Umweltparametern wie Temperatur,
Salzgehalt und Strömungsverhältnissen liefern.
Seit 1957 werden bei Boknis Eck monatlich Daten zum Zustand der Ostsee
gesammelt. Damit ist die Messstation am Ausgang der Eckernförder Bucht
eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit und ein wichtiger
Bestandteil der internationalen Meeresforschung.
Sechzig Jahre lang erfolgten die Messungen von Forschungsschiffen aus, und
auch heute macht sich noch jeden Monat eine kleine Crew von
Wissenschaftler:innen mit der FK LITTORINA von Kiel aus auf den Weg nach
Boknis Eck, um mit dem Kranzwasserschöpfer Wasserproben aus verschiedenen
Wassertiefen zu nehmen und diese anschließend im Labor zu analysieren.
Gemessen werden zum Beispiel Temperatur und Salzgehalt, Sauerstoff- und
Kohlendioxidkonzentration. Die Datenreihen sind von unschätzbarem Wert für
die Forschung und helfen dabei, langfristige Umweltveränderungen im Ozean
zu erkennen.
Diskrete und kontinuierliche Datensammlung
„Diese Methode nennt man diskrete Datensammlung“, erklärt Dr. Helmke
Hepach, Umweltwissenschaftlerin am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für
Ozeanforschung Kiel und seit Dezember 2021 zuständig für die Messstation
Boknis Eck. „Die Daten sind eine Grundlage für die Untersuchung der
komplexen ökologischen Zusammenhänge.“ Im Jahr 2016 wurde die
Datensammlung auf ein neues Level gehoben: Mit einem fest auf dem
Meeresboden installierten Unterwasser-Observatorium in etwa 15 Metern
Tiefe. Dieses bestand zunächst aus zwei tischgroßen Gestellen, die im
Januar 2019 durch einen acht Meter hohen Turm ergänzt wurde. Dieser so
genannte Messknoten enthielt Sensoren, die neben den anderen Parametern
auch Strömungsgeschwindigkeit und -richtung aufzeichneten. Helmke Hepach:
„Durch das Observatorium hatten wir erstmals die Möglichkeit, kurzfristige
Veränderungen oder dynamische Prozesse wie die Auswirkungen von Stürmen
oder die Entstehung von Sauerstoffminimum-Ereignissen hochaufgelöst zu
dokumentieren.“
Observatorium verschwindet 2019
Doch am 21. August 2019 hörte das Unterwasserobservatorium plötzlich auf,
Daten zu senden. Professor Dr. Hermann Bange, als Leiter der Arbeitsgruppe
Biogeochemie der Spurengase am GEOMAR Koordinator von Boknis Eck,
vermutete zunächst einen technischen Defekt. Was dann aber die
eingesetzten Taucher vorfanden, stellte sich als weit dramatischer heraus:
Das Stromkabel war abgerissen, und zwei der drei Gestelle spurlos
verschwunden. Nur der acht Meter hohe Turm war noch an seinem Platz.
„Wir standen vor einem Rätsel“, erinnert sich Bange. Trotz intensiver
Suche, auch mit Hilfe der Polizei und weiterer Forschungsschiffe, konnte
nur eines der beiden verschwundenen Gestelle im Februar 2020 geborgen
werden. Es lag stark beschädigt etwa 200 Meter nordnordöstlich seiner
ursprünglichen Position. Der Verbleib des zweiten Gestells ist bis heute
ungeklärt. „Das war ein herber Verlust“, sagt Bange, „nicht nur die
Geräte, sondern auch wertvolle Daten für die Zeitreihenforschung sind
verloren gegangen.“
2024: Ein neuer Messknoten für Boknis Eck
Nach dem Verlust des Observatoriums wurde ein Ersatzsystem entwickelt: Ein
gebrauchtes Unterwasserobservatorium von Helgoland wurde für die
speziellen Anforderungen von Boknis Eck umgebaut, mit modernsten Sensoren
ausgestattet und umfassend getestet. Auch ein neues Unterwasserkabel wurde
verlegt. Heute wurde der neue Messknoten von der FS ALKOR aus an seine
Position gebracht und mit Hilfe von Forschungstaucher:innen der Christian-
Albrechts-Universität zu Kiel auf dem Meeresgrund verankert.
„Sobald die Datenübertragung steht, können wir endlich wieder Datensätze
aus der kontinuierlichen Messung gewinnen“, sagt Helmke Hepach. „Um ein
vollständigeres Bild von den dynamischen Prozessen in der Ostsee zu
erhalten, sind diese unverzichtbar.“ Die erhobenen Daten fließen nicht nur
in die eigene Forschung ein, sondern auch in internationale Netzwerke wie
das Coastal Observing System for Northern and Arctic Seas (COSYNA) oder
das Projekt CREATE, in dem die Sensordaten auf ihre Eignung für
administrative Umweltzustandsbewertungen getestet werden. Die Daten
dokumentieren Umweltveränderungen in der Ostsee und leisten einen
wichtigen Beitrag zur internationalen Meeres- und Klimaforschung.
„Wir hoffen, dass die Geräte diesmal über viele Jahre hinweg ungestört
arbeiten können“, sagt Professor Bange.