360° Integrationsmotor Gastwelt
Fraunhofer IAO präsentiert in aktueller Studie wie der
Dienstleistungssektor Gastwelt die Integration in Deutschland gezielt
fördern kann
Wie kann die deutsche Gastwelt als Schlüssel zur Integration von
Migrantinnen und Migranten und geringqualifizierten Jugendlichen
fungieren? Eine neue Studie des Fraunhofer IAO im Auftrag der Denkfabrik
Zukunft der Gastwelt (DZG) zeigt die Chancen, Herausforderungen und
bewährten Praktiken auf, die Unternehmen und Politik dabei unterstützen
können, eine nachhaltige Integration zu erreichen. Hierbei wird die Rolle
des Dienstleistungssektors Gastwelt als zentraler Integrationsmotor in
Deutschland beleuchtet.
Ohne Zuwanderung könnte der deutsche Arbeitsmarkt bis 2035 über sieben
Millionen Arbeitskräfte altersbedingt verlieren. Die Integration von
Migrantinnen und Migranten sowie geringqualifizierten Jugendlichen in den
deutschen Arbeitsmarkt ist daher entscheidend für die wirtschaftliche
Stabilität und den sozialen Zusammenhalt.
Die Studie »INTEGRATIONSMOTOR 360° Gastwelt« des Fraunhofer-Instituts für
Arbeitswirtschaft und Organisation IAO untersucht im Auftrag der
Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG) die Rolle der Gastwelt als
Schlüsselakteur bei der Integration in den deutschen Arbeitsmarkt.
Gastwelt bietet immense Potenziale für Integration
In den vergangenen zehn Jahren hat die sogenannte 360° Gastwelt
(Tourismus, Hospitality, Foodservice und Freizeitwirtschaft) in
Deutschland jährlich durchschnittlich etwa 1,3 bis 1,5 Millionen Menschen
in den Arbeitsmarkt integriert. Rund 40 Prozent der Beschäftigten in der
Gastwelt haben einen Migrationshintergrund, was den Dienstleistungssektor
zu einem zentralen Akteur bei der Integrationsproblematik macht. Die
betriebliche Integration dieser Personen in die Gastwelt bietet immense
Potenziale, stellt Unternehmen jedoch gleichzeitig vor spezifische
Herausforderungen. Die Anerkennung ausländischer Qualifikationen,
Wohnungsmangel und Sprachbarrieren stellen zentrale Hindernisse dar. Um
diese zu überwinden, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und
politischen Entscheidungsträgern notwendig.
Prof. Dr. Vanessa Borkmann, Leiterin des Forschungsbereichs »Stadtsystem-
Gestaltung« am Fraunhofer IAO und Autorin der Studie, umreißt den akuten
Handlungsbedarf: »Mit Jedem, den wir in eine Beschäftigung bringen,
entlasten wir die Sozialsysteme und stärken unsere Volkswirtschaft. Ihr
besonderes Augenmerk sollte die Politik daher auf die spezifischen
Bedürfnisse der Gastwelt richten, die in Sachen Integration besonders
effektiv unterwegs ist.« Dr. Marcel Klinge, Vorstandschef der Denkfabrik
Zukunft der Gastwelt, bringt das aktuelle Problem auf den Punkt: »Wir
brauchen mehr qualifizierte Zuwanderung, um den Wohlstand in unserer immer
älter werdenden Gesellschaft dauerhaft zu sichern. Aber wir wissen diesen
Hebel aktuell noch nicht richtig zu nutzen. Wenn wir Menschen aus dem
Ausland schneller und besser integrieren, kosten uns Migranten keine zig
Milliarden, wie in der öffentlichen Debatte oftmals pauschal unterstellt,
sondern bringen unserer Volkswirtschaft zusätzliches Wachstum.«
Schnell, digital und flexibel – Innovative Ansätze und konkrete
Handlungsempfehlungen
Die Studie bietet auf Basis der Analyseergebnisse praxisorientierte
Handlungsempfehlungen für Unternehmen, politische Entscheidungsträger und
die Gesellschaft. Die Entwicklung digitaler Plattformen zur
Mitarbeitendenbindung, die speziell auf die Bedürfnisse der Gastwelt
zugeschnitten sind, könnten die Verknüpfung von Weiterbildungsangeboten
und individuellen Karrieremöglichkeiten fördern und Mitarbeitenden eine
klare Aufstiegsperspektive bieten und somit der in der Branche üblichen
starken Fluktuation aufgrund von niedrigen Löhnen und unattraktiven
Arbeitsbedingungen entgegengenwirken. Die Einführung eines zentralisierten
digitalen Anerkennungsportals würde die Möglichkeit bieten, ausländische
Qualifikationen schneller und transparent anzuerkennen.
Im Fokus der Studie steht eine menschenzentrierte, lebensphasenbasierte
Integrationsstrategie. Von hoher Bedeutung ist demnach das Ergebnis, dass
die Willkommenskultur stärker ausgestaltet und gefördert wird. Auch
Teilzeit- und Schichtmodelle, insbesondere für Mütter mit
Migrationshintergrund, könnten zusätzliche Arbeitskräfte mobilisieren,
denn flexible Arbeitszeiten helfen dabei, Familie und Beruf besser zu
vereinen und die Beschäftigungsquote zu steigern. Durch die Umsetzung
dieser Maßnahmen können sowohl die wirtschaftlichen als auch die sozialen
Potentiale der 360° Gastwelt voll ausgeschöpft werden, was zu einer
stabilen und vielfältigen Gesellschaft beiträgt.
Die Studie wurde im Auftrag der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG)
durchgeführt und gehört zu einer Forschungsreihe, in der unterschiedliche
Aspekte der 360° Gastwelt, ihre Potenziale und Herausforderungen
untersucht werden, um neue Ansätze für die Praxis zu schaffen.