Ein Skript für den Wald der Zukunft

FH Südwestfalen leitet Verbundvorhaben ReForm-regioWald – Vernetzung und
regional angepasste Ideen für die Wiederaufforstung im Fokus
Soest. Klimawandel, Borkenkäfer und weitere Faktoren haben große Schäden
in den Waldbeständen in ganz Deutschland verursacht. Als waldreiche Region
ist Südwestfalen besonders stark betroffen. Im Projekt ReForm-regioWald
arbeiten Expert*innen und Waldnutzer*innen interdisziplinär und
transdisziplinär zusammen, um die Herausforderungen für den Wald anzugehen
und Strategien für eine ökologisch und ökonomisch nachhaltige Aufforstung
von Kalamitätsflächen zu diskutieren.
Wie geht man mit Herausforderungen um, die nicht vorhersehbar sind? Dazu
zählen Extremwetterereignisse wie große Niederschlagsmengen in kurzer
Zeit, Stürme oder anhaltende Trockenperioden. Zusätzlich finden Schädlinge
wie der Borkenkäfer in den von Dürre geschwächten Bäumen ideale
Lebensbedingungen vor. Selbst gesunde Bäume halten den multiplen
Stressfaktoren irgendwann nicht mehr stand. Unter der Leitung von Prof.
Dr. Harald Laser vom Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule
Südwestfalen betrachtet eine interdisziplinäre Projektgruppe ganzheitlich
Themenkomplexe wie Biodiversität, Klimaschutz, Bodenschutz und weitere
ökologische, ökonomische und soziale Aspekte.
Die Analyse der stark geschädigten Flächen hat eine ganze Reihe von
Schadfaktoren identifiziert. So weisen Bodenproben im Raum Südwestfalen
teilweise einen pH-Wert von unter 3 auf, was schon dem Wert von
Zitronensäure nahekommt. Ein saurer Boden kann weniger Nährstoffe binden,
für das Pflanzenwachstum wichtige Mineralien werden vom Regen
ausgewaschen. Schwermetalle lösen sich und wirken toxisch auf Pflanzen,
das Ökosystem Waldboden und das Grundwasser. Fichten-Monokulturen prägen
seit dem 19. Jahrhundert das Bild in der Region und haben den Wald
anfällig für Stürme und Schädlinge werden lassen. Zu große Wildbestände
verursachen gravierende Schäden und stören vor allem junge Bäume in ihrem
Wachstum. Nicht nur Klimawandel, Wetterereignisse und Schädlinge zeichnen
verantwortlich für den Waldzustand, auch der Mensch greift in das
empfindliche System ein, als Verbraucher*in nachwachsender Rohstoffe,
Waldbesitzer*in, forstliche Berater*in, Wissenschaftler*in, als
Mitarbeitende im holzverarbeitenden Gewerbe, Naturschützer*in oder als
Erholungssuchende. Monokausale Schuldzuweisungen bleiben angesichts der
multiplen Ursachenstruktur unterkomplex. Daher können auch Lösungsansätze
nicht greifen, die nur aus einer Perspektive formuliert worden sind.
Zum Auftakt des Projekts trafen sich deshalb Ende Oktober an der
Fachhochschule Südwestfalen in Soest 86 Vertreter*innen aus
Forstwirtschaft, Naturschutz, Naherholung und Tourismus, Holzwirtschaft,
Jagd, Verwaltung und Politik sowie Bürgerinnen und Bürger an der
Fachhochschule Südwestfalen zum Austausch mit den Wissenschaftler*innen.
In gemischten Kleingruppen wurden unterschiedliche Perspektiven auf
Waldnutzung und Wiederbewaldung, Nutzungskonflikte und mögliche
Kompromisse diskutiert. Prof. Dr. Harald Laser bewertet das Experiment als
geglückt: „In der Diskussion wurde deutlich, dass sich Ansprüche wie
beispielsweise aus den Perspektiven Naturschutz und Wirtschaft nicht
ausschließen müssen. Es geht jetzt darum, Synergieeffekte auszuloten, das
Wissen der jeweiligen anderen Interessengruppen zusammenzubringen und die
Erkenntnisse und geplanten Maßnahmen transparent in den Aufbau einer
gemeinsamen Informations- und Forschungsinfrastruktur vor Ort einfließen
zu lassen.“
Oberstes Ziel des Verbundprojektes ist die Vernetzung, die auch im Rahmen
von neu geschaffenen Wald-Freiluft-Laboren für experimentelles Arbeiten
und als Raum für Diskussion mit der Bevölkerung gefördert werden soll.
„Wir wollen regional angepasste Ideen und Maßnahmen für die
Wiederaufforstung für einen widerstandsfähigen und multifunktionalen
Zukunftswald mit Modellcharakter aufzeigen, der ökologische Vielfalt und
wirtschaftliche Tragfähigkeit vereint. Dazu zählt auch, neue
Einkommensmöglichkeiten und Geschäftsmodelle für Waldbesitzer*innen zu
erschließen,“ so Prof. Laser.
Förderung und Projektpartner
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert im Rahmen der
REGULUS-Maßnahme regionale, interdisziplinäre Innovationsgruppen für eine
klimaschützende Wald- und Forstwirtschaft. Dazu zählt das Verbundprojekt
ReForm-regioWald, resiliente Forst-/Offenland-Systeme für eine
multifunktionale regional angepasste Wald-Bioökonomie.
Das Förderprojekt läuft über fünf Jahre. Projektpartner sind der
Landesbetrieb Wald und Holz NRW, Arbeitsgemeinschaft Biologischer
Umweltschutz Kreis Soest und Biologische Station Hochsauerlandkreis. Vom
Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Südwestfalen arbeiten Prof.
Dr. Harald Laser, Prof. Dr. Marcus Mergenthaler, Prof. Dr. Wolf Lorleberg
sowie Prof. Dr. Thomas Weyer mit ihren Teams gemeinsam an der Beantwortung
der Forschungsfragen. Die Projektkoordination hat Dr. Bernd Pölling inne.