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Lücken in der Ozeanbeobachtung schließen: Dringende Empfehlungen der europäischen Meeresforschungsgemeinschaft

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Die europäischen Meeresforscher:innen plädieren
dringend für eine Verbesserung der Ozeanüberwachung. Ein Appell, der sich
auch an die internationale Gemeinschaft richtet, die sich von heute an in
Baku zur Weltklimakonferenz COP29 trifft. Um den Ozean als wichtigen
Partner im Kampf gegen den Klimawandel zu erhalten, sei es notwendig,
seinen Zustand umfassend zu überwachen. Darauf weisen die Forschenden in
zwei Berichten hin, die die Lücken und Herausforderungen beschreiben, aber
auch Lösungen aufzeigen, wie Überwachung und Schutz europäischer Meere
verbessert werden können. Die Veröffentlichungen gingen aus dem EU-Projekt
EuroSea hervor, das am GEOMAR koordiniert wurde.

Ein gesunder Ozean bildet die Grundlage für vieles, was unser Leben prägt.
Er versorgt uns mit Sauerstoff und Nahrung und bietet Lebensraum für
unzählige Arten – vor allem aber wirkt er wie ein Puffer gegen den
Klimawandel, indem er große Mengen CO2 und überschüssige Wärme absorbiert.
Doch dem Ozean geht es schlecht. Verschmutzung, Versauerung, Überfischung
und die zunehmende Erwärmung setzen ihm zu und beeinträchtigen seine
Fähigkeit, das Klima zu stabilisieren. Um den Ozean als Klimapartner zu
erhalten, ist es daher wichtig, seinen Zustand möglichst umfassend und gut
koordiniert zu überwachen.

Lücken in der Ozeanbeobachtung: Technologische und finanzielle Defizite

Die Mitglieder des EU-Projekts EuroSea haben die Ozeanbeobachtung in
Europa unter die Lupe genommen. In ihren beiden kürzlich erschienenen
Berichten „Urgent gaps and recommendations to implement during the UN
Ocean Decade“ und „Towards a sustained and fit-for-purpose European ocean
observing and forecasting system“ werden die gravierendsten Lücken in der
Überwachung von mariner Biodiversität, invasiven Arten und Ozeanphänomenen
wie der Erwärmung und dem Anstieg des Meeresspiegels identifiziert. Viele
dieser Lücken entstehen demnach durch technologische Defizite oder durch
unzureichende Finanzierung.

„Wir brauchen dringend eine nachhaltigere und effektivere
Ozeanbeobachtung, um Veränderungen im Zustand der Ozeane zu verfolgen und
die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern“, sagt Dr. Toste Tanhua,
Chemischer Ozeanograph am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
und Leiter des nun abgeschlossenen Projekts EuroSea, aus dem die beiden
Berichte hervorgegangen sind. Er nimmt selbst an der heute beginnenden UN-
Weltklimakonferenz COP29 in Baku teil und wird dort dem Thema
Ozeanbeobachtung auf internationaler Ebene seine Stimme leihen. Im Ocean
Pavilion, an dem sich das GEOMAR in diesem Jahr als Partner beteiligt,
diskutiert er auf einem Panel über die Beteiligung von nicht-
wissenschaftlichen Akteur:innen, wie etwa Segler:innen, an der
Ozeanbeobachtung.

In ihren Positionspapieren unterstreichen die Wissenschaftler:innen die
Notwendigkeit, die Datensammlung zu verbessern, innovative Technologien
wie Umwelt-DNA und mehr autonome Geräte einzusetzen sowie die
internationale Zusammenarbeit zu stärken. Besonders hervorgehoben wird die
Förderung der langfristigen Finanzierung und die Schaffung zentraler
Koordinationsstellen, um die Effektivität der Meeresbeobachtung
langfristig zu sichern.

„Die Empfehlungen, die wir gemeinsam erarbeitet haben, richten sich sowohl
an die wissenschaftliche Gemeinschaft als auch an politische
Entscheidungsträger und die Industrie“, sagt Dr. Tanhua. „Die
Herausforderungen sind groß, aber die Lösungen, die wir vorschlagen,
bieten klare Handlungsansätze. Wir müssen möglichst umfassende
Informationen generieren, um marine Ökosysteme besser zu verstehen und
besser schützen zu können. Das ist ein ganz wichtiger Baustein in den
Bemühungen, die Klimakrise abzumildern. Zwar reduziert die Beobachtung
allein nicht die Auswirkungen des Klimawandels, doch sie ermöglicht uns,
zu verstehen und geeignete Maßnahmen vorzuschlagen. Denn: Man kann nur
managen, was man auch messen kann.“

Empfohlene Maßnahmen zur Verbesserung der Ozeanbeobachtung

Beispielswiese wird empfohlen, umfassende Programme zur Überwachung der
marinen Biodiversität zu entwickeln. Insbesondere der Einsatz innovativer
Technologien wie Umwelt-DNA (eDNA) könnte dazu beitragen, invasive Arten
frühzeitig zu identifizieren und die Datensammlung zu verbessern.

Der Einsatz autonomer Geräte (z.B. Argo-Floats und Sensoren) sollte erhöht
werden, um die Daten von Satelliten zu validieren und die Beobachtung des
tiefen Ozeans zu verbessern. Dies ist besonders wichtig für schwer
zugängliche extrem kalte Regionen.

Weiterhin sollten einheitliche Verfahren zur Überwachung von
Eutrophierungsindikatoren wie Nährstoffkonzentrationen und
Sauerstoffgehalt entwickelt werden, um die negativen Auswirkungen
menschlicher Aktivitäten auf die Meeresumwelt besser zu überwachen und zu
reduzieren.

Gerade in Gebieten mit hohem Nährstoffeintrag sollte der Einsatz von
autonomen Sensoren gefördert werden. Diese Systeme ermöglichen eine
kontinuierliche Überwachung von Algenblüten und der Versauerung der
Ozeane.

Empfehlungen für die Koordination und das Management der Ozeanbeobachtung

Eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ländern und Akteuren
wird empfohlen, um die Überwachungsstrategien zu harmonisieren und den
Austausch von Daten zu erleichtern. Für die Koordination braucht es eine
verantwortliche Stelle, die für das Management und die strategische
Planung der Ozeanbeobachtungsaktivitäten verantwortlich ist. Diese
Struktur würde die Effizienz fördern und länder- und
disziplinenübergreifende Kooperationen erleichtern.

Um sicherzustellen, dass die Ozeanbeobachtungssysteme nachhaltig arbeiten
und kontinuierlich aktualisiert werden können, sollte vor allem eine
Finanzierungsstrategie für langfristige Beobachtungsprogramme entwickelt
werden. „Unsere Forschungsförderungsstrukturen unterstützen – völlig zu
Recht – die Generierung von Wissen, nicht aber das Monitoring“, erklärt
Dr. Abed El Rahman Hassoun, Erstautor des ersten Positionspapiers. „Um
diese Lücke zu schließen, bräuchte es eine bereichsübergreifende
Zusammenarbeit und Kofinanzierung zwischen verschiedenen Ministerien. Dies
ist ein Problem, das wir nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen
Ländern der EU sehen.“

Hintergrund: EuroSea-Projekt
Das EU-Projekt EuroSea brachte von 2019 bis 2023 unter der Leitung von Dr.
Toste Tanhua vom GEOMAR mehr als 150 Expert:innen von 53
Partnerinstitutionen aus 16 Ländern zusammen, um die bestehenden Systeme
der Ozeanbeobachtung besser zu integrieren und die Bereitstellung von
Ozeaninformationen zu verbessern. Der Fokus lag auf der gesamten
Wertschöpfungskette der Ozeanbeobachtung, von den Messungen bis zu den
Nutzern der Daten. Die Europäische Union förderte das Projekt mit 12,6
Millionen Euro.

Originalpublikation:
Hassoun A.E.R., Tanhua T., Lips I., Heslop E., Petihakis G. and Karstensen
J. (2024) The European Ocean Observing Community: urgent gaps and
recommendations to implement during the UN Ocean Decade. Frontiers in
Marine Sciences. 11:1394984.
https://doi.org/10.3389/fmars.2024.1394984

Tanhua T , Le Traon P-Y , Köstner N et al. (2024) Towards a sustained and
fit-for-purpose European ocean observing and forecasting system Frontiers
in Marine Science. 11:1394549.
https://doi.org/10.3389/fmars.2024.1394549

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