Irische Gastprofessur an der Fachrichtung Anglistik und Amerikanistik

Éamonn Ó Ciardha, irischer Historiker und Literaturwissenschaftler von der
Ulster University in Nordirland, lehrt im Wintersemester als Gastprofessor
an der Universität des Saarlandes. Seine Saarbrücker Lehrveranstaltungen
behandeln die irische Literatur von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart
und stellen die Bezüge zu den politischen und gesellschaftlichen
Entwicklungen in Irland und deren Auswirkungen auf die westliche Welt her.
„Das Studium der irischen Geschichte und Literatur ist ein Mikrokosmos für
das Studium der Menschheit“, ist Éamonn Ó Ciardha überzeugt. Die Iren
haben im Laufe ihrer Geschichte viel durchgemacht: Besatzungen,
Hungersnöte und Emigration, Unterdrückung und Vertreibung, aber auch die
Kolonialisierung anderer Völker in Afrika und Indien. „Dieses wechselvolle
Schicksal Irlands spiegelt sich in seiner Literatur wider“, sagt Ó
Ciardha, der aktuell auf dem Coleraine Campus der Ulster University lehrt.
Als irischer Gastprofessor an der Fachrichtung Anglistik und Amerikanistik
in Saarbrücken bietet der Historiker und Literaturwissenschaftler in
diesem Wintersemester eine Reihe von Lehrveranstaltungen an und wirkt bei
Symposien und Fachtagungen mit. Gastgebender Professor ist Joachim Frenk,
Professor für Britische Literatur- und Kulturwissenschaft an der
Universität des Saarlandes. Das Saarland und die Universität hat der Gast
aus Irland bereits bei einem früheren Aufenthalt kennengelernt: Ab Oktober
2010 hatte er ein Jahr lang die Gastprofessur im Rahmen des Europa-
Schwerpunktes inne.
Éamonn Ó Ciardhas Vorlesung „Irish Literature in English“ bietet eine
Einführung in die bedeutendsten Werke der irischen Literatur (deren
zentrale Werke manchmal unreflektiert zur englischen Literatur gezählt
werden) in den Kontexten der jeweiligen politischen, sozial-ökonomischen
und kulturellen Verhältnisse. Dr. Ò Ciardha diskutiert Werke von der
frühen Neuzeit bis zur Moderne.
In die jüngste Geschichte führt sein Seminar „The Northern Ireland
‚Troubles' in Literature and Film: from Partition to Brexit“. Es behandelt
Darstellungen des Nordirlandkonflikts, auch bekannt als „the Troubles”
(von 1968 bis zum Karfreitagsabkommen 1998), bis hin zum Brexit im Jahr
2016.
Die Figur des Geächteten, Vogelfreien, Banditen, Gesetzlosen thematisiert
das Seminar „The British and Irish Outlaw: From Robin Hood to Rob Roy and
Redmond O’Hanlon”. Outlaws – Männer und Frauen – haben die Geschichte, die
Kultur und die Literatur Irlands und Großbritanniens nachhaltig geprägt.
Im Seminar geht es um das Weiterleben und oft auch das erneute Aufleben
von Outlaws in der Populärkultur.
Zum Abschluss und Höhepunkt der irischen Gastprofessur findet vom 26. bis
28. Februar 2025 ein Symposium mit dem Titel „Irish Studies in a Changing
Europe“ statt. Es wird von Prof. Ó Ciardha gemeinsam mit Prof. Joachim
Frenk und der Mitarbeiterin Nadja Freier organisiert. Im Rahmen der Tagung
werden Akademikerinnen und Akademiker von irischen, deutschen und
niederländischen Universitäten Vorträge zu verschiedenen Teildisziplinen
der Irlandstudien halten. „Die Forscherinnen und Forscher werden die
Reichweite und die Bedeutung der Irlandstudien von der Mediävistik bis zu
den Digital Humanities erörtern“, erklärt Joachim Frenk, und Nadja Freier
ergänzt: „Das Symposium soll auch den vorhandenen Austausch zwischen der
irischen und der kontinentaleuropäischen Forschung intensivieren.“
Die irische Gastprofessur wird vom irischen Außenministerium über die
Irische Botschaft in Berlin finanziert, mit einer kleinen Beteiligung der
Universität des Saarlandes für die Unterbringung des Gastprofessors. Die
Gastprofessur wurde in enger Abstimmung mit der Botschaft und dem irischen
Konsulat in Frankfurt aufgelegt. Sie wurde bislang nur an vier deutsche
Universitäten vergeben (Wuppertal, Tübingen, Würzburg und die Universität
des Saarlandes). Diese gehören unter dem Dach von EFACIS (European
Federation of Associations and Centres of Irish Studies) zu den
ausgewiesenen „Centres of Irish Studies“ in Deutschland.
Dr. Éamonn Ó Ciardha wurde 1968 in Monaghan/Irland geboren. Er studierte
Geschichte und irische Sprache am University College in Dublin und
promovierte an der Universität Cambridge. Nach Lehrtätigkeiten in Kanada
und den Vereinigten Staaten lehrt er seit 2005 an der Ulster University
irische Geschichte sowie Sprache und Literatur. Seine
Hauptforschungsinteressen sind die europäische Geschichte von der
Reformation bis zur Französischen Revolution, die moderne Geschichte,
Politik, Kultur und Sprache Irlands sowie die irische Literatur.