Neues industrielles Verbundprojekt für mehr Rezyklate in technisch anspruchsvollen Anwendungen


Die Kunststoffindustrie soll praktikable Lösungen zu entwickeln, um den
Anteil von Rezyklaten in anspruchsvollen technischen Anwendungen zu
erhöhen. Auch gesetzliche Vorgaben treiben diese Entwicklung voran.
Dennoch sind potenzielle Anwender oft skeptisch, selbst wenn Rezyklate nur
teilweise eingesetzt werden. Um diese Bedenken zu adressieren, startet das
Fraunhofer LBF gemeinsam mit Partnern ein neues industrielles
Verbundprojekt. Ziel ist es, gezielte Analysen für ausgewählte, verfügbare
Stoffströme durchzuführen, damit Anwender die Additivierung und das
Compounding maßgeschneidert vornehmen können. Ein kostenfreier Online-
Vortrag am 21. November 2024 informiert über das Projekt.
Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) und der Circular Economy Action Plan
der EU sowie zukünftige gesetzliche Initiativen, wie die Single Use
Plastics (SUP) Directive und die End-of-Life Vehicles (ELVs) Regulation,
verlangen den verpflichtenden Einsatz von post-consumer Rezyklaten (PCR)
in hohen Mengen. Doch warum ist es für Recycler und Anwender immer noch so
schwierig, dies umzusetzen?
Unzureichendes Vertrauen in Kunststoffrezyklate als wesentliches Hemmnis?
Anders als bei post-industrial Rezyklaten (PIR) ist bei den PCR die
Vielfalt möglicher Zusammensetzungen durch Fremdpolymere, Nicht-
Kunststoffanteile, Additive, Klebstoffe sowie unterschiedliche
Alterungszustände sehr hoch und nicht zuletzt regional und saisonal
unterschiedlich. Derartige Schwankungen in den Eingangsqualitäten haben
jedoch zwangsweise Auswirkungen auf die Produkteigenschaften, sofern die
PCR als Sekundärrohstoffe eingesetzt werden.
Die Herausforderung beginnt früh in der Prozesskette: Bereits die
Identifikation und Bewertung geeigneter extrudierfähiger
Sekundärmaterialien wie auch die nachgelagerten Prozessschritte sind mit
hohem Aufwand verbunden. Ob im Ergebnis die Zieleigenschaften beim
Rezyklatkunststoff erreicht und gehalten werden können
(Chargenvariabilität) zeigt sich oft erst sehr spät. Potenzielle Anwender
haben daher häufig Vorbehalte bezüglich der Langzeiteigenschaften und des
Alterungsverhalten, sobald Rezyklate auch nur anteilig eingesetzt werden.
Vom geeigneten Stoffstrom über anforderungsspezifische Analytik zu
gezielten Compoundierungs- und Additivierungsstrategien für Engineering
Plastics
Aufgrund der hohen Anforderungen und der Verfügbarkeit spezialisierter
Stoffströme von PCR aus Engineering Plastics wie Polyamiden (PA),
Polyethylenterephthalat (PET), Polybutylenterephthalat (PBT) und
Polycarbonat (PC) steht diese Materie im Mittelpunkt eines neuen Projektes
am Fraunhofer LBF. Eine umfassende Stoffstromrecherche wird jene
Stoffströme beleuchten, die ungenutztes Potenzial als
Sekundärrohstoffquelle bieten. Für ausgewählte Stoffströme wird Material
charakterisiert, wobei Abhängigkeiten zwischen Konfektionierungsform (z.
B. Flakes, Mahlgut, Granulat) und chemischer Zusammensetzung
berücksichtigt werden. Die Charakterisierung erfolgt hinsichtlich
relevanter molekularer Parameter mit physikalischen, rheologischen,
mechanischen und chemischen Methoden, wobei der Fokus auf chemischer
Zusammensetzung, Additiven und Molekulargewichtsverteilung liegt.
Unter Berücksichtigung individueller Anforderungsprofile, die von den
Projektpartnern vorgegeben werden können, werden dann am Fraunhofer LBF
beispielhafte Formulierungen mit ausgewählten Rezyklaten und definierten
Additiven entwickelt. Hierbei kommen maßgeschneiderte Additivpakete zum
Einsatz. Am Beispiel der thermischen Alterung (Ofenalterung) werden von
diesen Compounds auch Langzeiteigenschaften bestimmt. Der Fokus liegt hier
auf den rheologischen Eigenschaften und dem mechanischen Verhalten, die
sich infolge der Alterung ergeben. Am Ende des Projektes wird nicht nur
ein besseres Verständnis für das Zusammenspiel von Zusammensetzung und
Qualität der Eingangsstoffströme erreicht. Die Teilnehmer sollen zudem
umfassendere Kenntnisse im Umgang mit ihren eigenen Rohstoffen und
Anwendungen erwerben.
Gemeinsam mit Partnern die Lücke zwischen Grundlagenforschung und
industrieller Entwicklung schließen
In einem industriellen Verbundprojekt arbeiten mehrere Partner zusammen,
um wissenschaftliche Erkenntnisse bedarfsorientiert umzusetzen und die
Lücke zwischen Grundlagenforschung und industrieller Entwicklung zu
schließen. Die Partner können das Projekt nach ihren Bedürfnissen
gestalten und ihre Forschung gezielt optimieren.
Kostenfreier Online-Vortrag am 21. November 2024, 9.00 Uhr bis 11:00 Uhr
Zur Einführung in die Thematik bietet das Fraunhofer LBF für Interessierte
einen kostenfreien Workshop an. Die Themen Recycling (Übersicht),
Rezyklat-Analytik, Testung und Bewitterung werden dabei angesprochen. Ein
externer Referent berichtet aus der industriellen Anwendung.