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Internationale Forschende fordern: Beim Ozeanschutz auf Menschen in den Tropen hören

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Fischer gehen ihrer Arbeit mit traditionelle Fischereipraktiken an der Pazifikküste Panamas nach  Steven Paton  STRI
Fischer gehen ihrer Arbeit mit traditionelle Fischereipraktiken an der Pazifikküste Panamas nach Steven Paton STRI

Um greifbare Lösungen für den Schutz der Ozeane zu finden, sollten wir den
Menschen zuhören, die am meisten von den aktuellen Problemen der Ozeane
betroffen sind: den Menschen in den Tropen. Das sagen 25 Autor:innen eines
Kommentars, der in der Fachzeitschrift Ocean Sustainability veröffentlicht
und vom Smithsonian Tropical Research Institute (STRI) in Panama initiiert
wurde. An der Publikation beteiligt war auch Estradivari, eine
indonesische Meereswissenschaftlerin am Leibniz-Zentrum für Marine
Tropenforschung (ZMT) in Bremen.

Die Autor:innen kommen aus allen Regionen der Tropen und vertreten
verschiedenste Fachdisziplinen. In der Publikation erörtern sie, wie die
dringendsten Probleme der Ozeane, insbesondere in den globalen Tropen,
angegangen werden können. Der Fokus auf die Tropen ergab sich aus der Our
Ocean Conference, die im März 2023 in Panama stattfand. Statt sich jedoch
ausschließlich auf praktische Aspekte des Meeresschutzes zu konzentrieren,
thematisiert der Artikel grundlegendere Probleme wie eine gerechtere und
effektivere Gestaltung von Meerespolitik und -wissenschaft.

Um Lösungen für die Probleme der Ozeane zu schaffen, argumentieren die
Autor:innen, dass zunächst vier wichtige Maßnahmen ergriffen werden
müssten, die auf Perspektiven, Erfahrungen und Wissen aus den Tropen
beruhen. Dazu zählen Gleichberechtigung in der Ozeanforschung und
-verwaltung, die Menschen und den Ozean wieder miteinander verbinden,
Neudefinition der Meereskompetenz und Entkolonialisierung der
Meeresforschung. Diese Maßnahmen seien von entscheidender Bedeutung, um
der tropischen Bevölkerung eine führende Rolle beim Erhalt prosperierender
Küstengemeinschaften und gesunder Meeresökosysteme zu sichern.

„Der Grundtenor ist, dass systemische Veränderungen in Bezug auf
Ungerechtigkeit und Zugang wichtig sind“, sagt die Erstautorin Ana
Spalding vom STRI. "Wir haben auch die eher technisch-wissenschaftliche
Seite der Dinge einbezogen, aber darüber wurde schon viel geschrieben und
gesprochen.“

Die Publikation mache deutlich, so Ana Spalding weiter, dass das Problem
nicht nur in den Veränderungen der natürlichen Ökosysteme, der Fische und
Mangroven liege, sondern auch in den unverhältnismäßigen Auswirkungen, die
diese Veränderungen auf bestimmte Bevölkerungsgruppen haben, insbesondere
in den Tropen. „Wir werden keine Veränderungen in der Natur sehen, solange
wir keinen Wandel in der Art und Weise sehen, wie die Menschen in diesen
Regionen teilnehmen, sich engagieren, sich mit den Problemen verbunden und
für diese Veränderungen verantwortlich fühlen.“

Wie die Autor:innen hervorheben, beherbergen die Tropen den größten Teil
der weltweiten Meeresbiodiversität. Die meisten Menschen, die direkt vom
Meer abhängig sind, leben in tropischen Regionen. Dennoch werde die Agenda
für ein Management der Ozeane weitgehend auf der Grundlage von
wissenschaftlichen Erkenntnissen, Finanzmitteln und Institutionen aus
Ländern mit hohem Einkommen in den gemäßigten Zonen festgelegt. Politische
Entscheidungen würden unverhältnismäßig häufig von Entscheidungsträgern
außerhalb der tropischen Regionen getroffen, deren Interessen würden
bewusst oder unbewusst die Gespräche bestimmen.

„Diese von außen gesteuerten Ansätze untergraben die Gerechtigkeit und
Wirksamkeit der derzeitigen Lösungen und behindern die Selbstverantwortung
und mögliche künftige Führungsrolle der Tropen, die gut positioniert sind,
um evidenzbasierte Lösungen für den Schutz und die nachhaltige Nutzung der
Ozeane zu entwickeln“, so Co-Autorin Estradivari vom ZMT.

„Die Stimme der tropischen Mehrheit in der Ozeanforschung und -verwaltung
zu stärken, ist der Schlüssel, um sicherzustellen, dass bei
Entscheidungen, die die Tropen betreffen, die Perspektiven der wichtigsten
Akteure aus den Tropen berücksichtigt werden", erklärt Mitautorin Josheena
Naggea vom Center for Ocean Solutions der Stanford University in den USA.

„Die derzeitigen für wissenschaftliche Führung Verantwortlichen müssen
erkennen, dass die Forschenden in den Tropen lange Zeit ignoriert oder an
den Rand gedrängt wurden und dass wir dennoch wichtiges Wissen
produzieren, und zwar oft auf viel gerechtere Weise“, ergänzt der Co-Autor
Andrés Cisneros-Montemayor von der Simon Fraser University in Kanada.

Das ZMT unterstreicht die Bedeutung derartiger Denkanstöße. Das Institut
verfolgt seit seiner Gründung 1991 den Ansatz von Partnerschaften „auf
Augenhöhe“ in den Tropen, die in den „Bremer Kriterien“ verankert sind.
„Sowohl der neue Vertrag zum internationalen Meeresnaturschutz als auch
die Perspektive einer „Blue Economy“ erfordern Forschungsarbeiten zu
indigenem und lokalem Wissen, zu Solidarität und Fairness. Das ist kein
schmückendes Beiwerk, sondern integraler Bestandteil der Arbeiten am ZMT“,
so der wissenschaftliche Direktor des ZMT, Prof. Dr. Raimund Bleischwitz.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Estradivari
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Originalpublikation:
Spalding, A. K., Grorud-Colvert, K., Allison, E., Amon, D. J., Collin, R.,
de Vos, A., Friedlander, A. M., Johnson, S. M., Mayorga, J., Paris, C. B.,
Scott, C., Suman, D. O., Cisneros-Montemayor, A. M., Estradivari, Giron-
Nava, A., Gurney, G. G., Harris, J. M., Hicks, C., Mangubhai, S., Micheli,
F., Naggea, J., Obura, D., Palacios-Abrantes, J., Pouponneau, A., Vega
Thurber, R. (2023). Engaging the Tropical Majority to Make Ocean
Governance and Science more Equitable and Effective. Ocean Sustainability.
https://www.nature.com/articles/s44183-023-00015-9