Demokratie in Gefahr: Armut und Demokratieverdrossenheit verfestigen sich
Vor der Bundestagswahl tingelte der eine oder andere Intellektuelle durch die Talkshow-Landschaft und kokettierte damit, aus Protest gegen den politischen Betrieb nicht wählen zu wollen. Das war zur Schau getragene Politikverachtung, die einfach nur dämlich war. Schlimmer als dieser Snobismus sind die Erkenntnisse der Bertelsmann-Stiftung. Immer mehr arme Menschen klinken sich aus dem demokratischen Willensbildungsprozess aus. Wir bewegen uns langsam auf eine Art Eliten-Demokratie zu. Der Graben wird tiefer zwischen jenen, die den Urnengang als Möglichkeit eigener Gestaltungskraft und Einflussnahme sehen und denen, die das Vertrauen in den politischen Betrieb völlig verloren haben; die offenbar davon überzeugt sind, dass "die da oben" sowieso nichts mehr für sie tun können und wollen.
Demokratieverdrossenheit scheint sich wie Armut zu verfestigen. Das ist brandgefährlich. Politiker verstehen Wahlergebnisse als Bestätigung oder Ablehnung ihrer Arbeit. Wähler sind Lobbyisten in eigener Sache. Wenn die gut Situierten überproportional häufig wählen gehen und die finanziell Schwachen und Arbeitslosen vergleichsweise selten, dann verschiebt sich der Fokus politischer Arbeit - für die Abgehängten wird noch weniger getan, weil sie ihre Stimme ja sowieso nicht erheben oder abgeben. Das zementiert die Überzeugung, dass der politische Betrieb nur für die besser Gestellten Profit bringt. Ein Teufelskreis, der durchbrochen werden muss, wenn die Demokratie nicht ihre Überzeugungskraft verlieren soll.
Quellen: ots / NRZ / Jan Jessen / Bild: Lars Kulesch / pixelio.de