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Vollständig gebleichtes Riff vor Isla Iguana in Panama  Juan Maté
Vollständig gebleichtes Riff vor Isla Iguana in Panama Juan Maté

Laut Forschenden der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric
Administration (NOAA) und der International Coral Reef Initiative (ICRI)
erleben die Riffe weltweit derzeit eine weitere globale Korallenbleiche.
Während solche Ereignisse früher eher selten waren, ist dies nun das
zweite Ereignis dieser Größenordnung in den vergangenen zehn Jahren und
das vierte seit 1982. Dr. Sonia Bejarano vom Leibniz-Zentrum für Marine
Tropenforschung (ZMT) ist Teil des Global Coral Reef Monitoring Netzwerks,
das über die Entwicklung dieser globalen ökologischen Krise berichtet.

Korallen sind Meerestiere, die Kolonien bilden und am Meeresboden leben.
Sie bestehen aus kleinen Polypen und Mineralskeletten, die sie selbst aus
Kalziumkarbonat produzieren. Ihre bunten Farben und einen Großteil der
Energie, die sie zum Leben brauchen, verdanken Korallen Tausenden von
mikroskopisch kleinen Algen, die im Inneren ihrer Polypen leben. Ist das
Meerwasser für längere Zeit wärmer als normalerweise, versuchen die
Korallen den Hitzestress zu überleben, indem sie ihre Algen abstoßen. Auch
wenn die Korallen diesen Verlust eine Zeit lang überleben können, sind sie
dadurch doch anfälliger für den Hungertod. Wenn Korallen ihre Algen
abstoßen, verlieren sie auch ihre Farbe, und ihre weißen Korallenskelette
schimmern durch die Polypen hindurch. Gebleichte Riffe sind in großer
Gefahr abzusterben und schließlich zu erodieren.

Die derzeit zu beobachtende Bleiche ist eine Folge der anhaltenden,
ungewöhnlich hohen Meerestemperaturen, die durch das Wetterphänomen „El-
Niño“ noch verstärkt werden. Wie von der NOAA Coral Reef Watch (NOAA CRW)
festgestellt, ist die Bleiche im Atlantik, Pazifik und Indischen Ozean
weit verbreitet. „Von Februar 2023 bis April 2024 wurde sowohl in der
nördlichen als auch in der südlichen Hemisphäre der großen Ozeanbecken
eine signifikante Korallenbleiche dokumentiert“, sagt Dr. Derek Manzello,
Koordinator des NOAA CRW.

Die Bleiche begann Anfang 2023 in allen Riffen weltweit und wurde seitdem
in mindestens 53 Ländern und Gebieten bestätigt, darunter in den USA
(Florida), in der Karibik, im östlichen tropischen Pazifik (Mexiko, El
Salvador, Costa Rica, Panama und Kolumbien) und dem australischen Great
Barrier Reef. Des weiteren betroffen sind große Teile des Südpazifiks
(inkl. der Inselstaaten Fidschi, Vanuatu, Tuvalu, Kiribati und Samoa), das
Rote Meer, der Persische Golf und der Golf von Aden. Die jüngsten
Meldungen bestätigen auch eine weit verbreitete Korallenbleiche in Teilen
des Indischen Ozeans (Tansania, Mauritius, die Seychellen, Tromelin,
Mayotte) und vor der Westküste Indonesiens.

„Die Riffe im östlichen tropischen Pazifik sind von diesem Hitzestress
nicht verschont geblieben“, berichtet Sonia Bejarano, Korallenriffökologin
am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen. „Seit April 2023
haben wir eine lokale Bleiche in den mittelamerikanischen Riffen
festgestellt. Vom Norden Mexikos bis zu den Chilenischen Inseln haben wir
die Riffe genau beobachtet. Es war ein intensives Jahr, in dem wir das
Ausbleichen ganzer Riffgebiete feststellen mussten. Aber es gab auch
einige Hoffnungsschimmer, da wir sehen konnten, dass andere Riffe nicht so
stark betroffen sind oder sich auf dem Weg der Besserung befinden“, fügt
die Forscherin hinzu.

Der östliche tropische Pazifik erstreckt sich vom Golf von Kalifornien im
Norden bis nach Ecuador, den Galapagos-Inseln und den chilenischen Inseln
Pascua und Sala y Gomez im Süden und grenzt an die Westküste von Süd- und
Mittelamerika. Nach dem Indopazifik und der Karibik ist dieses die
drittgrößte Region mit Korallenriffen. Als Teil des Global Coral Reef
Monitoring Network der International Coral Reef Initiative (ICRI)
beobachtet hier ein Netzwerk von 32 lateinamerikanischen Forschenden das
Fortschreiten der Korallenbleiche in der gesamten Region.

Seit Mitte 2023 haben die Wissenschaftler:innen insgesamt 72 Standorte im
östlichen tropischen Pazifik untersucht. 38 dieser Standorte weisen
Anzeichen einer schweren Bleiche auf, während in 20 von ihnen einige
Korallengebiete abgestorben sind. „Es ist noch ungewiss, wie sich die
Riffe bis 2024 entwickeln werden. Unser Team wird die Riffe weiterhin
genau untersuchen, um zu verstehen, wo unsere Hotspots der Anfälligkeit
für Bleiche und der Widerstandsfähigkeit liegen, und um diese
Informationen zu nutzen, um die bestmöglichen Strategien für den Schutz
und die Wiederherstellung der Riffe zu entwickeln“, so Bejarano.

Besonders wenn sie weltweit auftritt, hat die Korallenbleiche starke
Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Lebensgrundlage der Menschen und die
Ernährungssicherheit der Länder. Ein ausgebleichtes Riff ist aber kein
totes Riff, sondern ein Riff, das ums Überleben kämpft. Wenn sich die
Meerestemperaturen wieder normalisieren, können sich die Korallen erholen,
und die Riffe weiterhin wertvolle Nahrungs- und Einkommensquellen für die
Menschen vor Ort sein, die von ihnen abhängig sind. Diese globale Bleiche
erfordert globales Handeln. Die International Coral Reef Initiative
(ICRI), ein Zusammenschluss von 101 Mitgliedern, setzt sich unermüdlich
für die Umsetzung von Managementplänen für Riffe ein, um deren
Widerstandsfähigkeit zu stärken.

Im östlichen tropischen Pazifik beherbergen die Riffe einen großen Teil
der biologischen Vielfalt unserer Meere. Viele Menschen sind für ihre
Ernährung oder ihren Lebensunterhalt durch Fischfang oder Tourismus auf
die Riffe angewiesen. Obwohl viele der Riffe in Meeresschutzgebieten wie
Nationalparks, Reservaten oder Naturschutzgebieten liegen, sind in vielen
dieser Schutzzonen weiterhin Fischfang und andere menschliche Aktivitäten
erlaubt, was zu zusätzlichem Stress für die Riffe führt. Aus diesem Grund
wurden bereits verschiedene Maßnahmen zur Wiederherstellung von
Korallenriffen ergriffen. „Es muss weiterhin in die Grundlagenforschung
investiert werden, um all diese Bemühungen so zu steuern, dass sie
strategisch und koordiniert erfolgen, so kosteneffizient wie möglich sind
und nicht zu ökologischen Katastrophen führen“, sagt Riffökologin
Bejarano.

Globale Bleichereignisse treten in allen tropischen Meeren der Welt auf,
schädigen jedoch nicht alle Riffe gleichermaßen. Deshalb ist es wichtig,
die Schutzbemühungen auf lokaler, nationaler und regionaler Ebene zu
intensivieren und die Korallenriffe ständig und nicht nur während der
Bleiche zu überwachen. „Monitoring- Systeme für Korallenriffe, wie sie von
verschiedenen Universitäten, Regierungsbehörden und
Nichtregierungsorganisationen unterhalten werden, sind dabei essentiell“,
erklärt Sonia Bejarano.

Weitere Informationen

Am Dienstag, 14. Mai veranstaltet die International Coral Reef Initiative
(ICRI) ein Webinar (auf Englisch) zur 4. globalen Korallenbleiche und
informiert über die Ursachen und Folgen und welche Lösungen in unserer
Reichweite liegen.

Anmeldung unter: https://icriforum.org/events/fourth-global-bleaching-
event/


Pressemitteilung NOAA und ICRI: https://icriforum.org/4gbe/

Online-Platform Coral Bleaching Hub: https://icriforum.org/bleaching-hub/